Die alte Garde von Erfde

Mitglieder unter 100 000

Veröffentlicht: Schleswiger Nachrichten vom 20. Februar 1934

Die hiesige Ortsgruppe wurde 1928 ins Leben gerufen. Als einmal das Ziel von ein paar beherzten Männern erkannt war, ging es mit Feuereifer an die Arbeit. Wenn man auch mancherorts die kalte Schulter zu spüren bekam, so oftmals auch tätlichen Widerstand brechen mußte, so verlor man nie das Ziel aus dem Auge und erst recht nicht den Mut.

In Rendsburg wurden fünf SA=Männer von hier einmal von einer großen Uebermacht der SPD. und KPD. hart bedrängt, daß sie stark verwundet heimkehren mußten. Bezeichnungen, wie das sind Oesterreicher, oder die sind bei Hagenbeck ausgebrochen, waren nicht geeignet, einen alten Kämpfer aus der Ruhe zu bringen.

In wie mancher Nacht mußte man nach Rendsburg, um dort den Saalschutz zu stellen, oftmals die Erfder SA. ganz allein, manchmal mit Breiholzern und Hademarschern zusammen. Es erscheint heute noch als ein Wunder, daß alles gut gegangen ist. Durch Büdelsdorf und Fockbeck zurück in oftmals stockfinsterer Nacht, war bestimmt keine Kleinigkeit.

Wer entsinnt sich nicht des einen Abends, als Johann Blankemeyer zu reden erschienen war und die KPD.=Leute zu dreiviertel den Saal besetzt hatten, sich jeder einen halben Liter geben ließen, und nun auf den richtigen Moment warteten, mit den Gläsern die Bühne zu bombardieren. Siegen konnte allerdings nur die Ruhe, deswegen ließ man die Männer das Bier erst austrinken und die Gläser an die Tonbank bringen, dann wurden vor dem Bierausschank einige handfeste Kerle aufgestellt, die nicht nur von dem Vergißmeinnicht redeten, die man evtl. um das Auge pflastern könnte, sondern auch jederzeit bereit waren, das in die Tat umzusetzen und zwar so, daß Klagen über schlechte Arbeit bestimmt nicht gekommen wären.

Wes Herz lachte nicht, wenn er daran denkt, wie auf einer Versammlung in Rendsburg die Kommunisten wiederum den ganzen Saal besetzt hielten und nur die Erfder SA. den Saalschutz übernommen hatte. Als dann die Hademarscher SS. zu Hilfe kam und nur der Führer derselben, 1,85 Meter groß, breitschultrig und kräftig, und mit einem wüsten Gejohle von Rotfront empfangen wurde und darauf gelassen erwiderte, längst erledigt. Da wurde doch der wildeste Kommunist für einen Augenblick still und als man merkte, daß draußen auch noch Leute waren, die jederzeit bereit waren, für die Idee ihres Führers Adolf Hitler in den Tod zu gehen, konnte die Versammlung, von einigen unfreiwilligen Pausen, in denen der Lärm zu groß wurde, abgesehen, zu Ende geführt werden.

Als einmal in Meggerdorf auf einer Versammlung ein SPD.-Mann sich erkühnte, zu behaupten, Hitler hätte sein E.K.1.Klasse als Stiefelputzer erworben, da war es doch um die Ruhe unseres Kassierers geschehen. Wenn nicht der Redner, wieder der bereits benannte Blankemeyer, die Verachtung als die beste Gegenwehr bezeichnet hätte, so hätte es bestimmt blutige Nasen gegeben.

Ja, wessen Herz wird nicht warm, wenn er daran denkt, wie eines guten Morgens um 6 Uhr plötzlich das Überfallkommando schwer bewaffnet in unserm Ort erschien und nun vier SA=Männer von hier mit sich führte. Wie haben wir gebangt um das Schicksal dieser Kameraden. Als dann das Flensburger Sondergericht jenes heute noch kaum faßbare Urteil fällte, 18 Monate, 15 Monate, 14 Monate, 11 Monate usw., zusammen neun Jahre Zuchthaus für vier Kameraden, da blutete uns das Herz mit den hart geprüften Eltern. Und als wir dann auf dem Rendsburger Bahnhof standen und unsere Kameraden mit schweren eisernen Ketten zusammengebunden als Schwerverbrecher an uns vorbeigeführt wurden, ach wie gerne hätten wir sie befreit, wenn nicht jeder Versuch aussichtslos gewesen wäre.

Der Schreiber dieser Zeilen entsinnt sich noch ganz genau als er im Rendsburger Zuchthaus die Männer zum ersten Male aufsuchte und wie ihm von kompetenter Stelle erklärt wurde, das habe man gleich erkannt, daß diese Leute bestimmt nicht ins Zuchthaus gehörten, dazu habe man sich in den 30 Jahren als Beamter an leitender Stelle einen zu guten Blick für Menschen, insbesondere für Verbrecher, angeeignet. Die Aussprache mit den Zuchthäuslern, so wurden unsere Kameraden damals allen Ernstes genannt, gehört zu dem tiefsten, was ich trotz Krieg erlebt habe.

Ja, wie haben dann unsere Herzen mitgejauchzt, als wir am Tage vor Weihnachtsabend unter dem brennenden Tannenbaum die Kameraden den Eltern zurückgeben konnten. Die größte Freude für uns war es aber, daß alle von dem Ausschuß der Menschheit unbeeinflußt aus dem Zuchthaus heraus kamen. War doch dies immer unsere größte Sorge gewesen, daß sie schlechter aus der Strafanstalt heraus kämen, als sie hinein gekommen waren. Nun fragst du mich mit gutem Recht, lieber Leser, was hatten diese Leute denn getan. Ich muß dir eigentlich die Antwort darauf schuldig bleiben,. Es wäre nur zu berichten, daß jene vier Genannten einen Streit mit fremden SPD.-Männern bekamen und im Verlauf von diesem Streit, zu dem sie auch gereizt worden waren, eine Prügelei entstand, bei der allerdings keiner ernstlich verwundet wurde, die aber einen Tag nach dem Gesetz über Bekämpfung des politischen Terrors begangen und deshalb so hart geahndet wurde. Zu bemerken ist noch, daß die jungen Leute weder vorher noch nachher mit der Polizei in Berührung kamen.

Das seien nur einige Erlebnisse. Doch nun einige Namen braver Kämpfer mit der Mitgliedsnummer unter 100 000, die am nächsten Sonntag das Ehrenzeichen dafür aus den Händen des Gauleiters Oberpräsident Hinrich Lohse in Empfang nehmen können:

Hans Buhmann (76124),

Henning Clausen, Gemeindevorsteher, Bargen (96132),

Hinrich Diercks=Bargen , Zellenwart der Partei (96136),

Johann Eggers=Tielen (96134),

Hinrich Gosch=Scheppern (96138),

Theodor Wilmsen, lange unser Sturmführer und jetzt Sturmbannführer der gesamten SA. in Stapelholm, ein unerschrockener treuer Kämpfer, stets bereit zu jedem Opfer,

Hinrich Hinrichs=Bargen (96137),

Jürgen Jöns (96135), seit 1928 unser Ortsgruppenleiter, der die Ortsgruppe aus jeder Situation rettete und den das Vertrauen seiner Pg. an die Spitze berief, der [1929] in den Kreistag kam und Kreisausschußmitglied wurde, ferner als Redner der Partei oft angefordert wurde, Jöns bekleidet ferner beim Amtsgericht in Friedrichstadt das Amt eines Anerbenrichters,

Bernhard Klein (98753), ein ruhiger Kämpfer,

Hinrich Kreutzfeld (98753), Führer der SA. und lieber Kamerad,

Heinrich Rahn (98407), unser Vereinswirt, der immer, auch in schweren Zeiten, auch wenn sein Geschäft darunter litt, in seltener Treue zu uns hielt, und zuletzt allerdings nie der letzte, wenn es los ging.

Peter Schrum (98408), sechs Jahre lang unser Kassierer, der immer seine Kasse mustergültig in Ordnung hatte, der allerdings oft gezwungen war, aus eigener Tasche vorübergehend vorzuschießen, wenn dieser oder jener Kamerad nicht gleich bezahlen konnte.

Anmerkung: Vergleiche dazu die Dorfchronik: "Bargen/Erfde, Einblicke in das Leben zweier Stapelholmer Dörfer, von Gunter Sürig in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Dorfchronik Erfde und dem Kulturausschuß der Gemeinde Erfde XXX Herausgeber Gemeinde Erfde KreisSchleswig-Flensburg, gedruckt 1999 in Husum. Auf Seite 167 kann man dort über die Erfder NSDAP im Jahre 1930 lesen: "Die NSDAP warb Wähler mit Filmen, Volkskonzerten und Tanzabenden und mit Sportveranstaltungen."

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