Besonderheiten in den Lehrlingsbüchern der Schleswiger
Weber, Glaser, Bäcker, Weißbäcker, Maurer und Schuster
von Falk Ritter, Schleswig am 13.11.2007

Der Verfasser schrieb bereits eine Veröffentlichung über die Besonderheiten in den Lehrlingsbüchern der Schleswiger Barbiere.

Die Quintessenz dieser Untersuchung besagt, dass sich die Arbeitszeiten der Barbiere wegen der Bartlosigkeit der Männer seit 1690 veränderte.
Seitdem haben die Friseure am Montag frei.

Die Weber:
Das Ein- und Ausschreibebuch der Schleswiger Weber datiert von 1656 bis 1868.
Die folgende Grafik zeigt die Ein- und Auschreibungen pro Jahrzehnt.
Es gibt einen Anstieg bis zum Jahre 1799.
Von 1805 bis 1816 wurden, bedingt durch die napoleonischen Umtriebe, überhaupt keine Lehrlinge eingeschrieben.
Es folgte ein Anstieg bis in die 1830er Jahre.
Nach den 1860er Jahren ist wegen der Industrialisierung Schluß mit der handwerklichen Weberei.

In der folgenden Grafik sieht man, dass die Weber überwiegend im Februar ihre Lehrlinge ein- und ausschrieben.

Betrachtet man die Wochentage, so wurde im 17. Jahrhundert der Dienstag bevorzugt.
Um welchen Tag es sich dabei handelte, war eindeutig: es war die Fastnacht - der Dienstag vor Aschermittwoch.
Im 18. Jahrhundert wurden die Sonntage und Montage im Februar bevorzugt. (ohne Abbildung)

Über die Aktivitäten der Weber bei der Nürnberger Fastnacht ist zu lesen:

"Das Nichtalltägliche bildete der Reif- und Kühetanz der Tuchmacher.
Die Tänze fanden an Fastnacht statt.
Die Tuchmacher verwendeten dabei zwei Tücher mit zweierlei Farben, gelb und rot.
Die geschminkten Kämmer hatten ihre Arbeitsgegenstände, Haselruten, die sie mit gold und grün gefärbten Wollen umwickelten.
Sie tanzten mit diesen Ruten, daher der Name Reif, wobei Lieder gesungen wurden.
Am Anfang wie am Ende des Zuges ging ein Narr mit einem Schwert bzw. mit einer Keule.
Der erste Tänzer trug ein Zepter.
Beim Kühetanz stand einer auf den Schultern anderer, die Handwerker insgesamt nebeneinander. 67)
Nach dem Tanz wurde auch ein Fastnachtspiel aufgeführt, wobei der "Strohmann", wohl ein mit Stroh umwickelter junger Mann, die Hauptrolle spielte.
Dabei ging es darum, daß der Strohmann vor seiner angetrauten Frau flieht.
Vier Frauen fangen ihn jedoch ein, stecken ihn in ein großes viereckiges Tuch und werfen ihn in die Höhe, bis er herausfällt.
Eine fünfte Frau, die ganz in schwarz gekleidet geht, fängt ihn jedoch bei jedem Fluchtversuch wieder ein und wirft ihn zurück in das Tuch.
Horst Grabbe deutet an, "Die schwarze Frau hat unverkennbar Ähnlichkeit mit der alten Jungfer, der man im Brauchtum häufig begegnet.
Zugleich erinnert die brauchmäßige Verbindung von Jungfrau und Strohmann an die vielerorts bekannte Sitte, einem Mädchen einen Strohmann an die Tür zu nageln oder ans Fenster zu hängen." 68)
Nach diesem Tanz und Fastnachtspiel ging man zum Essen und Zechen in die Trinkstube. 69)"
Quelle: Hironobu Sakuma: Die Nürnberger Tuchmacher, Weber, Färber und Bereiter vom 14. bis 17. Jahrhundert. Band 51 der Schriftenreihe des Stadtarchivs Nürnberg, 1993 Phil Diss Uni Bayreuth 1991

Warum die Weber diese besondere Beziehung zur Fastnacht hatten, konnte noch nicht geklärt werden.
Tatsache aber ist, dass sie bei fast allen Fastnachtsveranstaltungen eine herausragende Rolle spielen


Die Glaser
Das Ein- und Ausschreibbuch der Schleswiger Glaser datiert von 1615 bis 1937
Die Flensburger Handwerkskammer trug für ihren Bereich Zahlen für die Zeit von 1949 bis 2005 bei,
die natürlich auch Lehrlinge außerhalb von Schleswig enthalten.

Der Monatsschwerpunkt der Ein- und Ausschreibungen lag im April (Ostern).
Für die 1940er Jahre gibt es keine Zahlen.
Interessant sind die 1870er Jahre, wo es lediglich eine einzige Einschreibung gab.
Die Erklärung findet sich in Folgendem:

"In den sogenannten Gründerjahren nach 1871 vermehrten und vergrößerten sich die Schaufenster in den deutschen Städte zusehends.
Eine lebhafte Reklame der Glasversicherungen umwarb die neuen Kunden.
1874 begann zudem eine neue Bewegung zur Gründung weiterer Spezial-Unternehmen.
Auch der Glasermeister spielte in dieser Entwicklung eine gewisse, wenn auch meist nicht sehr glückliche Rolle.
Als Vermittler neuer Kunden war er den Versicherungsagenten sehr willkommen.
Man versprach ihm dafür den Reparaturauftrag im Schadensfalle.
Doch er bekam meist weder eine Provision noch mehr als eine Vertröstung auf die Kulanz der Gesellschaften, eine Zusicherung seines Reparaturanspruches wurde ihm fast nie gegeben.
Zudem trat das Bestreben der Glasversicherer immer deutlicher hervor, im Schadensfalle ihre Aufwendungen niedrig zu halten und nach Möglichkeit den Glaser auszuschalten.
Die Spiegelglasfabriken gewährten damals einen nach der abgenommenen Menge gestaffelten Rabatt.
Die wenigen Glasermeister nun, die Abmachungen mit Versicherungsunternehmen hatten, und dadurch deren Aufträge erhielten, drängten die anderen an die Wand. Das Reparatur- und Neubaugeschäft in Spiegelscheiben drohte ganz in die Hände dieser kleinen Gruppe zu geraten.
Im Hamburger Club "Diamant", einer sehr rührigen Glasergesellschaft, sprach man wiederholt über diese Vorgänge und blieb nicht bei Worten.
Am 30. März 1875 wurde unter Führung des Glasermeisters Kuball die "Hammonia" Spiegelglas-Versicherungsgesellschaft der vereinigten Glaser Hamburg-Altonas gegründet.
Ihr Ziel war es, dem Glasermeister für seine Vermittlung einer Versicherung die Provisionen aus dem Abschluß und dem Prämien-Eingang bis zum Ablauf des Vertrages, den Reparaturauftrag im Schadensfalle und einen angemessenen Preis dafür zu sichern. ...
Dank dieser Zusammenarbeit konnte sie sich bis zum Beginne des 1. Weltkrieges zum führenden Unternehmen der Branche entwickeln."
Aus: Franz Lerner, Geschichte des Deutschen Glaserhandwerks, S.208-209 Hofmann Verlag, Schorndorf 1981, 2.Auflage

Bäcker und Weißbäcker
- Das Lehrlingsbuch der Bäcker reicht von 1693 bis 1825.
Ein- und Ausschreibungen fanden zu Ostern und an Michaeli (29. September) statt.
- Das Lehrlingsbuch der Weißbäcker reicht von 1676 bis 1826.
Ein- und Ausschreibungen fanden zu Ostern statt.
Zwischen 1794 und 1809 gab es keine Lehrlings-Eintragungen.

Maurer
Das Lehrlingsbuch der Maurer reicht von 1673 bis 1795.
Die Lehrlinge wurden an Johanni (24. Juni) ein- und ausgeschrieben.
Von 1714-1721 gab es keine Eintragungen.
Ursache war, dass Schleswig nach dem Nordischen Krieg nicht mehr Residenzstadt war.
Somit fielen lukrative Bauaufträge weg.

Schuster
Das Lehrlingsbuch der Schuster datiert von 1658 bis 1833.
Von 1791-1809 gab es keine Eintragungen, wofür es noch keine Erklärung gibt.

Die Lehrlingsbücher der Schleswiger Weber, Glaser, Bäcker, Weißbäcker, Maurer und Schuster sind im Gemeinschaftsarchiv der Stadt und des Kreises Schleswig einsehbar.

Schneider
Das Eckernförder Lehrlingsbuch der Schneider reicht von 1722 bis 1848.
Besonderheiten konnten hier nicht verzeichnet werden.
Quelle: Stadtarchiv Eckernförde


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