Dr.Fritz Michel 1895-1978
Hauptschriftleiter der "Schleswiger Nachrichten" 1923-1937, 1949-1965
Bücherverbrennungen
siehe Kapitel 16
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Veröffentlicht:
Ritter, F.: Dr.Fritz Michel 1895-1978, Hauptschriftleiter der "Schleswiger
Nachrichten" 1923-1937, 1949-1965. Beiträge der Gesellschaft
für Schleswiger Stadtgeschichte 46, 2001, S. 121-155.
1 Einleitung
Dr.Michels Wirken erfuhr in den bisherigen stadtgeschichtlichen Veröffentlichungen
nur punktuelle Aufmerksamkeit.
Im Gedächtnis mancher Schleswiger haften vor allem seine Teilnahme
an der Bücherverbrennung auf dem Stadtfeld 1) und das Adolf Hitler
gewidmete Gedicht.
2) Die Nationalsozialisten verdankten ihm viel, wie der ehemalige NSDAP-Bürgermeister
Dr.Herting 1937 ausführte:
"Eine große Hilfe wurde uns 1931, als die "Schleswiger
Nachrichten" begannen sich für die Bewegung aktiv einzusetzen.
Seitdem konnte ich mich nach Herzenslust im Sprechsaal 3) und in Eingesandtes
austoben und Pg. 4) Michel hat mich nach Kräften unterstützt."
5)
Insbesondere interessiert, warum Dr.Michel die NSDAP bereits 1931 unterstützte,
obwohl er ihr erst 1933 beitrat.
Die vorliegende Biographie versucht, das ganze Leben von Dr.Michel zu beschreiben,
also auch sein Wirken außerhalb von Schleswig.
Ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis von Dr.Michels Denken
sind seine Gedichte.
Letztendlich soll diese Arbeit auch einen Beitrag zur Schleswiger Zeitungsgeschichte
leisten.
PRIVATES UND DIE "VOR-SCHLESWIG-ZEIT"
2 Elternhaus, Erster Weltkrieg
Fritz Michel erblickte am 17. Dezember 1895 in Dortmund-Aplerbek als
Sohn des Lehrers Friedrich Michel und seiner Frau Bertha, geb. Sievert
das Licht der Welt.
1911 bekam er noch eine Schwester.
Michel besuchte das Real-Gymnasium in Dortmund-Hörde und legte dort
im August 1914 das Abitur ab.
Im Ersten Weltkrieg kämpfte er im Infanterie Regiment 144, das ihn
am 1. Januar 1916 wegen eines Schultersteckschusses aus dem Heeresdienst
entließ.
Fritz Michel maß schlanke 1,80 Meter. E)
Später litt er an Nierenerkrankungen und weilte zu Kuraufenthalten
in Bad Wildungen 6) und Bad Salzuflen. 7)
3 Studium, Promotion und "Staatsexamen" 1916-1920
In Dr.Michels eigenen Lebensläufen tauchen erhebliche Unstimmigkeiten
auf.
Im Klappentext seines 1960 erschienenen Gedichtbandes "Stunden der
Besinnung" schrieb er beispielsweise über seinen Bildungsweg:
"Infolge schwerer Verwundung nicht, wie er es sich wünschte,
stud. med., sondern stud. phil. an den Universitäten Göttingen
und Marburg (Französisch, Englisch, Italienisch, Spanisch und Religion).
Dr.phil., Staatsexamen u.a. bei Ernst Robert Curtius."
Der Verfasser prüfte dies nach und ist zu anderen Ergebnissen gekommen:
Fritz Michel immatrikulierte sich zuerst in Göttingen 8) und dann
in Marburg. 9)
Er belegte Französisch, Englisch und Kirchengeschichte; Spanisch oder
Italienisch gehörten nicht zu seinen Fächern.
Als Mitglied der schlagenden Burschenschaft Arminia in Marburg zog er sich
auffällige Mensurnarben zu. 10)
Am 22. Dezember 1919 wurde er in Marburg mit der Note "sehr gut"
zum Dr.phil promoviert.
Das Thema seiner Arbeit lautet: "Der Gebrauch des Indicativus praesentis
im Französischen, sprachpsychologisch erläutert." 11)
Als zeittypisches Thema offenbart es im Untertitel "sprachpsychologisch
erläutert" eine durch Sigmund Freud beeinflußte Modeerscheinung.
12)
Fritz Michel dankte Prof.Dr.Eduard Weiberle als seinem Doktorvater 13)
und nicht Prof.Dr.Ernst Robert Curtius, wie 1978 in einem Nachruf stand.
14)
Die letzte Spur des handschriftlichen Manuskriptes seiner Dissertation
stammte von einer Dortmunder Druckerei, die der Universität Marburg
am 17. Dezember 1919 bestätigte, dieses zwecks Drucklegung erhalten
zu haben.
Den letzten Termin für die Abgabe der gedruckten Fassung am 11. November
1920 ließ er ungenutzt verstreichen.
Seine Dissertation fand keinen Eingang in den Katalog der Universität
Marburg.
In Deutschland führt keine Universitätsbibliothek seine Dissertation,
auch nicht das Marburger Staatsarchiv. 15)
Am 4. Februar 1920 meldete er sich zum Staatsexamen.
Als schriftliche Arbeit lieferte er eine französische Übersetzung
seiner deutschsprachigen Dissertation ab, wofür er die Note "gut"
erhielt, was ihm die Klausur ersparte.
Es folgten drei mündliche Prüfungen am 12.3., 16.7. und 23.7.1920.
Diese Prüfungen und auch eine nachträglich angesetzte vierte
Prüfung am 30. Juli 1920 fanden zwar statt, aber im Prüfungsbogen
fehlen die Eintragungen über Themen, Prüfer und Benotungen.
Am 10. Dezember 1920 trat Dr.Michel vom Staatsexamen zurück. 16)
Im Jahre 1959 erbat Dr.Michel vom Staatsarchiv Marburg eine Bestätigung
seines Staatsexamens, weil seine Urkunde verschollen sei und er sie für
seinen Ruhegeldantrag brauche.
1961 erhielt er nach nochmaliger Anfrage den abschlägigen Bescheid,
"daß Sie Ihre Prüfung nicht abgeschlossen haben."
17)
Das Staatsexamen war viel wichtiger als der Doktorgrad, denn ohne Examen
blieben Dr.Michel alle Türen für eine berufliche Karriere im
Staatsdienst verschlossen.
Der fehlende Eintrag seiner Dissertation im Katalog der Universität
Marburg verhinderte darüberhinaus auch eine Hochschulanstellung.
Er mußte sich eine Stelle auf dem freien Markt suchen und kam so
zum Journalismus.
4 Journalist in Marburg, Kassel und Bielefeld 1921-1923
Für Dr.Michels "erste praktisch-journalistischen Gehversuche"
1919 an der "Oberhessischen Zeitung" in Marburg BP) gibt es keine
Bestätigung, weil er weder im Impressum noch sonst namentlich erwähnt
wird.
Vom 2.1.1921 bis 29.6.1922 arbeitete Dr.Michel als Redakteur bei der "Kasseler
Allgemeinen Zeitung, Hessische Bürgerzeitung für deutsche Art
und Arbeit in Stadt und Land".
Seine Bereiche wechselten: innere und äußere Politik, Feuilleton
und Sport.
Nur in Kassel berichtete Dr.Michel über Sport.
Hier lieferte er auch seine besten journalistischen Beiträge: Gute,
ausgewogene Leitkolumnen und Theaterkritiken.
Vom 1.7.1922 bis 15.2.1923 schrieb er als verantwortlicher Politik-Redakteur
bei der "Westfälischen Zeitung" in Bielefeld.
Die politischen Artikel trugen keine namentliche Zeichnung, dafür
aber Dr.Michels Beiträge im Feuilleton.
Über seinen beruflichen Werdegang gab Dr.Michel öffentlich nur
eine kurze, aber falsche Schilderung:
1928 publizierte er in den SN seinen Briefwechsel mit dem Dichter Friedrich-Carl
Kobbe. 18)
In seinem Brief schrieb Dr.Michel: "In den zwanzig Jahren, seit ich
der Presse diene, habe ich manchen Mitarbeiter kommen und gehen sehen."
19)
Die Zahl "zwanzig" war ausgeschrieben und nicht als Zahl abgedruckt;
somit konnte kein Druckfehler vorliegen.
Dr.Michel arbeitete aber erst seit knapp 8 Jahren als Journalist.
5 Dr.Michels Einstand bei den SN 1923
Seinen Einstand bei den SN beschrieb Dr.Michel 1967 so:
"Tante Minchen - Kleine Züge aus dem Lebensbild einer großen
Frau -
An einem kalten Märztag 1923 empfing mich die drastische, massive
Geschäftsstellenleiterin der Schleswiger Nachrichten, Henny Klinger,
ängstlich und fast mitleidig:
Mannomann! Tante Minchen ist sehr böse, daß Sie nicht längst
gekommen sind. Schon drei Tage sind Sie überfällig. Gehn Sie
sofort zu ihr nach oben!
Ich ging ... ein rassiger Bully schnuppert an mir.
,Gutes Zeichen, daß mein Hund Sie nicht ablehnt!´ heiserte
Fräulein Wilhelmine Johannsen von ihrem eichenen Verlegerschreibtisch
aus.
Sie schien mittelgroß, eher klein von Statur, mit - damals ungewöhnlich
- kurzgeschnittenem graumeliertem Haar und blauem Rollkragen-Pulli.
Die Inhaberin der ,Schleswiger Nachrichten´ musterte mich kritisch.
Ihr Blick entspannte sich, als ich berichtete, daß ich nach der Besetzung
des Ruhrgebiets mit knapper Not der Verhaftung durch die Franzosen entgangen
sei.
Die Fahrt in ungeheizten, fensterscheibenlosen Zügen von Westfalen
bis Schleswig habe drei Tage gedauert.
Fräulein Johannsen war über die politischen Zusammenhänge
genau im Bilde.
Sie richtete noch ein paar interessierte Fragen an mich und lächelte
abschließend:
,So ungefähr habe ich Sie mir vorgestellt nach den Empfehlungen Gustav
Stresemanns [DVP] 20), der mir auf dem Weg über den alten Schleswiger
Husaren, Oberstleutnant von Czernitzki, riet, Ihnen die Nachfolge von Jacob
Bödewadts 21) als Hauptschriftleiter der Schleswiger Nachrichten anzutragen.
Sehen Sie sich unseren Betrieb an! Ich muß leider zu einer Sitzung
nach Kiel. Alle offenen Fragen besprechen wir heute abend. Kurz vor Mitternacht
bin ich wieder hier, auf Gutes miteinander!´" 22)
Helgo Klatt veröffentlichte diese "Empfehlungen" in Heft
12 der Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte. E
inen Husaren namens "von Czernitzki" gab es aber nie in Schleswig.
23)
Darüberhinaus ist eine adelige Familie "von Czernitzki"
in Deutschland unbekannt. 24)
Anläßlich des Todes von Dr.Stresemann im Jahre 1929 waren viele
Nachrufe in den SN abgedruckt.
Wenn die SN Kontakte mit Dr.Stresemann gepflegt hätten, so hätte
man eigentlich schon 1929 etwas darüber lesen müssen. 25)
6 Familie
Am 2. Januar 1924 zeigten "N.P.Schmidt und Frau" aus Süderbrarup
"die Verlobung ihrer Tochter Berta mit dem Hauptschriftleiter Herrn
Dr.phil.Fritz Michel" an.
Am 12. August 1924 machte das Paar seine Vermählung bekannt.
Die Geburt ihrer Tochter 1928 und die ihres Sohnes 1933 verkündeten
sie "In dankbarer Freude".
Dr.Michels Vater starb 1942, seine Mutter 1953 in Dortmund; seine Schwester
lebte im Jahre 2000 noch. 26)
7 Freimaurerloge 1923-1932
Der ehemalige kommissarische Kreisleiter der NSDAP Ernst Kolbe in Schleswig
schrieb am 17. September 1934 an das oberste Parteigericht in München:
"Als [Dr.Michel] im September 1924 von der Hochzeitsreise zurückkehrte,
überraschte ihn sein Schwiegervater ... mit dem ,Hochzeitsgeschenk´,
er habe ihn für die Aufnahme in der Loge vorgeschlagen.
Michel hat um des ehelichen Friedens willen die höchst unwillkommene
Mitteilung hingenommen und ist dann schließlich auch beigetreten,
um das geheimnisvolle Drum und Dran mit eigenen Augen kennen zu lernen."
BO)
Dr.Michel trat in die Johannisloge "Carl zur Treue" in Schleswig
(Grosse Landes Loge der Freimaurer von Deutschland) ein, erlangte den I.
Grad am 1.9.1924, den II. Grad am 29.6.1925 und den III. Grad am 7.6.1926.
Diese Mitgliedschaft brachte ihn später in Schwierigkeiten.
Denn nach seinem Beitritt zur NSDAP am 1. Mai 1933 leitete das Parteigericht
in München ein Ermittlungsverfahren gegen ihn ein wegen seiner ehemaligen
Logenzugehörigkeit, das erst am 6. Juni 1935 durch eine Fürsprache
des ehemaligen Schleswiger NSDAP-Kreisleiters Jochen Meyer-Quade eingestellt
wurde. E)
DIE "SCHLESWIGER NACHRICHTEN"
8.1 "Freie" Presse und Nachrichtenagenturen
Bei der Betrachtung der jungen Weimarer Demokratie wird häufig von
der Existenz einer freien Presse ausgegangen, wie wir sie heute kennen.
Doch sah die Wirklichkeit anders aus.
Gerade kleinere Zeitungen wie die SN leisteten sich keine Auslandskorrespondenten
und mußten auf Nachrichtenagenturen zurückgreifen, von denen
es heute eine Fülle gibt.
Die Weimarer Republik kannte aber im Wesentlichen nur zwei inländische
Agenturen.
"Wolffs Telegraphisches Bureau" (WTB seit 1849) stand unter starkem
Einfluß der Reichsregierung, Alfred Hugenbergs "Telegraphenunion"
(TU seit 1913) agierte weit im rechten Parteienspektrum.
Die ausländischen Agenturen wie "Associated Press" (USA),
HAVAS (Frankreich), Reuter (England) und TASS (Sowjetunion) konnten hier
kaum Fuß fassen.
Der Grund lag darin, daß nur eine begrenzte Zahl von Telegraphenleitungen
zur Verfügung stand, die überdies unter der Kontrolle der Reichsregierung
standen.
Nachrichten der Regierung hatten immer Vorrang.
Praktisch wirkte sich das so aus, daß häufig endlos lange Redetexte
von deutschen Politikern die Leitungen blockierten. 27)
Besonders bei der Berichterstattung über den Versailler Vertrag vermißt
der Verfasser ausländische Agenturen.
In den drei führenden Zeitungen im Kreis Schleswig SN, "Schleibote"
(Kappeln) und "Friedrichstädter Zeitung" 28) vernahm er
keine ausländische Stimme, die die Leiden der französischen und
belgischen Bevölkerung während und nach dem Ersten Weltkrieg
schilderte.
Durch den Krieg waren große Teile ihrer Länder zerstört,
während der westliche Teil des Deutschen Reiches vom Kriege verschont
blieb.
Die Titelseiten der SN trugen selten Kürzel von Nachrichtenagenturen.
Seinem politischen Stil nach zu urteilen, arbeitete Dr.Michel gerne mit
der Telegraphenunion zusammen.
8.2 Hauptschriftleiter der SN 1923-1965 1923-1937
1923-1937 Dr.Michel, 6.3.1923 - 2.1.1937
1937-1945 Wolfgang Thomas, Otto Pautz, Willi Gleichfeld, Carl Walter Hagemann,
Fritz Jensen, Hans Schade
1945-1949 SN verboten
12.5.1945 - 30.11.1949 Anzeigen Aushang
29.6.1945 - 30.7.1948 Schleswiger Anzeigen
31.7.1948 - 30.11.1949 1949-1965 Überregionaler Teil: Flensburger
Zeitungsverlag
Regionaler Teil: Dr.Michel, 1.12.1949 - 31.3.1965
8.3 Auflagen, Verbreitung und Preis der SN
1935 hatten die SN eine Auflage von 6389 Stück. 29)
Ihre heutige Auflage liegt bei 15.900. 30)
Das Verbreitungsgebiet der SN deckte sich 1924 nicht ganz mit dem Kreis
Schleswig, wie eine Liste von Zweig-Geschäftsstellen verriet: Schleswig-Friedrichsberg,
Süderstapel, Drage-Seeth, Fahrdorf, Wohlde, Bergenhusen, Hollingstedt,
Dörpstedt, Groß-Rheide, Kropp, Owschlag, Götheby-Fleckeby,
Treia, Jübek, Tarp, Eggebek, Kappeln, Scheggerott, Süderbrarup,
Satrup, Sörup, Tolk, Böklund, Hollmühle, Havetoftloit, Havetoft-Hostrup
und Böel. 31)
Die SN kosteten vom 17. November 1923 bis 11. Mai 1945 immer 10 Pfennige.
8.4 Dr.Michels Mitarbeiter
Die Liste der redaktionellen Mitarbeiter von Dr.Michel in den Jahren
1923 bis 1936 sieht laut Impressum so aus:
1923 - 1945 Fritz Jensen Nachrichten Stadt und Land, Sport, Vertreter des
Hauptschriftleiters
1924 Berliner Vertretung Berlin W 9,
Linkstr. 25, Fuggerhaus, "(Eig. Drahtb.)"
1924 - 1925 Bruno Pichert Kommunalpolitik, Wirtschaft und Handel
1925 - 1929 Dr.Hinrichsen 32) Wirtschaft
1926 - 1931 Heinrich Hamann politischer Nachrichtendienst, Kommunalpolitik,
Wirtschaft
1930 - 1936 Franz Götke politischer Nachrichtendienst, Feuilleton,
Theater, Vertreter des Hauptschriftleiters 33)
1931 - 1932 Dr.Jens Samsöe Wirtschaft
Wer für die SN im Jahre 1924 in der "Berliner Vertretung"
arbeitete, konnte nicht ermittelt werden.
Es muß sich wohl um einen freien Journalisten gehandelt haben, der
bei mehreren Zeitungen gleichzeitig unter Vertrag stand.
1935 stellten die SN "ihren Kriegsberichterstatter" Kurt Teege
in Addis Abeba mit einem Photo vor. 34)
Ab 1949 tauchte Dr.Michel im überregionalen Impressum auf, während
der Schleswiger Regionalteil der Jahre 1949-1965 keine weiteren Redakteure
aufführte.
Frau Henriette Klinger leitete die Anzeigenabteilung, bis Hans Jespersen
sie am 1. Oktober 1951 ablöste.
Am 10. April 1931 ehrte Dr.Michel den Schriftsetzer Karl Suhr anläßlich
seines 46-jährigen Betriebsjubiläums mit dem Gedicht "Die
Welt ist Dir ein Berg ...". 35)
Das erste Photo wurde in den SN am 7. Juni 1924 abgedruckt.
Die häufigsten Photographen im Regionalteil der SN waren:
1929 - 1936 Kruse, freischaffend
1930 - 1944 Fr. Jensen, hauptamtlich für die SN
1950 - 1959 Adolf Dohse, freischaffend 1950 - 1952 Kurt Dahn, freischaffend
in Süderbrarup
1955 - 1990 Eva Nagel, freischaffend
8.5 Sonstige Zeitungen in Schleswig 1871-1944
Die SN dominieren bis heute die lokale Presselandschaft, obwohl es
immer wieder Versuche gab, andere Zeitungen zu plazieren:
Der ehemalige Hauptschriftleiter der SN Julius Füllgraff gründete
1871 den "Schleswiger Anzeiger" mit einer Auflage von
700 Stück im Jahre 1890.
Der Schleswiger Landrat stufte die politische Richtung dieser Zeitung als
"deutsch freisinnig" ein, während er die SN als "freiconservativ"
einschätzte. 36)
1876 folgte das "Schleswiger Tageblatt" 1876 von Dr.Julius
Pollacsek und 1912 die "Schleswiger Zeitung" von E.Kasch.
37)
Die linksliberale DDP (Deutsche Demokratische Partei) brachte Anfang der
20er Jahre das zweite "Schleswiger Tageblatt" heraus,
doch hatte auch dieses mangels Leser einen Fehlstart. 38)
Die SPD-eigene "Volkszeitung" präsentierte sich in
Schleswig von 1922 bis 1933 und fand täglich 800-900 Käufer.
39)
Als Kopfblatt (s.Erkl.) der dänischgesinnten "Neuen Flensburger
Zeitung" kam 1922 in Schleswig die "Neue Schleswiger Zeitung"
heraus.
Ihr folgte 1925 als Kopfblatt von "Flensborg Avis" "Der
Schleswiger".
In den 20er Jahren wurden davon in Schleswig zwischen 200 und 400 Exemplaren
meist umsonst verteilt. 40)
1933 schrieb der dänische "zweite Lehrer" Arne Pedersen
41) als Lokalredakteur für den "Schleswiger".
Am 6. Oktober 1933 SN verwies ihn der NSDAP-Stadtrat Dr.Adolph Herting
der städtischen Kollegiensitzung, weil er sich nicht zu Ehren des
ermordeten SA-Mannes Hans Bernsau erhoben hatte.
Pedersen begründete sein Verhalten damit, daß er sich als Berichterstatter
in der Rolle eines "Nichtteilnehmers" sähe und damit im
Einklang mit seinen Berufskollegen im dänischen Reichstag stünde.
42)
Die Ironie dieser Veranstaltung war, daß Dr.Herting eben diesen Bernsau
zweieinhalb Jahre vorher wegen parteischädigenden Verhaltens aus der
NSDAP geworfen hatte. 43)
Obwohl am 19. August 1937 verboten, durfte "Der Schleswiger"
noch bis zum 1. Oktober 1944 als Monatsschrift mit überwiegend kulturellen
Themen weiter existieren. 44)
Seit Anfang 1929 verbreitete die NSDAP ihr Gaublatt "Schleswig-Holsteinische
Tageszeitung"; in Schleswig lag sie nur in einigen Lokalen aus; im
Landkreis stärker verbreitet, fand sie beispielsweise im August 1930
434 Käufer. 45)
Um die Jahreswende 1932/33 versuchten die "Flensburger Nachrichten"
in Schleswig Fuß zu fassen. 46)
Als Ersatz für die 1933 verbotene "Volkszeitung" bot man
in Schleswig den "Dortmunder Generalanzeiger" bis zu seinem eigenen
Verbot am 11. April 1933 an. 47)
Neben den Tageszeitungen etablierten sich auch andere Zeitungen.
Das amtliche "Kreisblatt" erschien zuerst am 14. Oktober
1869 mit einer Auflage von 330 Stück im Jahre 1871. Siehe hierzu das
Kapitel 11.2 "Otto Braun erneut auf dem Kriegspfad 1927". 48)
Der "Wegweiser für Taubstumme" wurde 1900 in Halle
gegründet.
Von Juli 1920 bis zu seinem Tode im Februar 1933 verlegte der Schleswiger
Taubstummenoberlehrer Johannes Gaiser jun. diese Zeitung vierzehntägig.
Er verfertigte auch Kopfblätter (s. Erkl.) für Hannover, Mecklenburg,
Pommern, Rheinland und Westfalen. Die letzte Ausgabe fand sich unterm 15.
Mai 1941. 49)
8.6 Beilagen in den SN
Das "Illustrierte Sonntagsblatt" kam aus Berlin und zeigte
sich schon 1909 mit Photographien, mußte eine kriegsbedingte Pause
einlegen, war aber 1919 wieder präsent.
Die "Nordmark, Heimatblätter für das Herzogtum Schleswig,
Unterhaltungsbeilagen zu den Schleswiger Nachrichten" war seit
dem 2. August 1919 als Sonderseite innerhalb der SN abgedruckt.
Aus diesem Grunde führten die SN vom 27. Dezember 1919 auch den Untertitel:
"Landesblatt für die deutsche Nordmark".
Dr.Michel zeichnete mit dem 30. Juni 1923 dafür verantwortlich.
1922 folgte "Unsere Heimat" und 1923 "Schleswig-Holsteinische
Jugend". 50)
Seit dem 16. Februar 1925 wiesen die SN im Kopfteil immer auf "Ständige
Beilagen" mit Aufzählung derselben hin.
"Das Leben im Bild" lag von Februar 1925 bis November
1931 samstags bei.
Von August 1928 bis November 1931 wechselte es sich wöchentlich mit
"Landwirtschaft und Gartenbau" ab.
Alle anderen "Beilagen" wie zum Beispiel "Das Reich der
Frau" oder "Turnen, Spiel und Sport" waren innerhalb
der Zeitung abgedruckt und eigentlich nur Sonderseiten, wie sie nach Dr.Michels
Weggang auch korrekterweise hießen. 51)
Werbebeilagen stecken in den archivierten SN von 1926 bis kurz vor Kriegsbeginn.
8.7 "Nicht vordatierte" Zeitung contra Rundfunk 1927-1938
Vor dem 1. Juli 1920 erschienen die SN abends, danach "werktäglich
nachmittags ... Annahmeschluß für die Tagesnummer [war] 8 1/2
Uhr vormittags".
Heute sind die SN eine Morgenzeitung. Vom 30.7.1927 bis 8.1.1938 fand sich
über dem Zeitungsdatum immer der Vermerk "nicht vordatiert!".
Dies bedeutet beispielsweise: Die Zeitung wurde am Donnerstag geschrieben,
gesetzt, gedruckt und ausgeliefert.
Vor und nach diesem Zeitraum wurde sie am Donnerstag geschrieben und gesetzt,
in der Nacht gedruckt und Freitag ausgeliefert.
So etwas nennt man "vordatiert"; unsere heutigen SN sind immer
"vordatiert". 52)
In den SN fand sich keine Begründung für diesen Vorgang.
Vermutlich versuchte man mit den "nicht vordatierten" Zeitungsausgaben
gegenüber dem aufkommenden Rundfunk an Aktualität zu gewinnen.
53)
Am 31. Dezember 1928 zählte das Postamt Schleswig in seinem Geschäftsbereich
1000 Rundfunkteilnehmer. 54) neue
Erkenntnisse dazu, hier klicken
8.8 Namentliche Unterzeichnung von Beiträgen
Dr.Michel zeichnete seine Leitartikel in den SN und in Bielefeld nie namentlich,
trotzdem war er für sie verantwortlich.
Bei der "Kasseler Allgemeinen Zeitung" (1921-1922), "Nordischen
Rundschau" in Kiel (1937-1941) und der "Deutschen Zeitung
im Ostland" in Riga (1941-1944) unterschrieb er seine Artikel
immer.
Auch bei seinen Reisebeschreibungen, 264 Gedichten, Aufsätzen, Rezensionen
und Theaterkritiken ist seine Urheberschaft fast immer zweifelsfrei zu
erkennen. E
r schrieb meist positiv über Theateraufführungen und Schriftsteller.
Letztere stellte er dadurch vor, daß er ihnen ein Gedicht widmete.
55)
Am 21. März 1929 hielt er selbst eine Dichterstunde in der Schleswiger
Lornsenschule ab. 56)
An Reisebeschreibungen fanden sich folgende Ziele:
England 1930 57), Tschechoslowakei, Österreich, Ungarn 1931, Norwegen
1932, Sardinien 1937, Polen 1940, Frankreich 1940, Ungarn 1943, Kanada
1955, Südtirol 1961, Lombardei 1962, Andalusien, Marokko, Tanger 1963,
USA 1964. 58)
Dr.Michels Arbeit bei den SN wird am besten durch Beschreibung der Konflikte
charakterisiert, in die er verwickelt war.
BERUFLICHES ENGAGEMENT IN SCHLESWIG
9 "Eiderdänen", "Speckdänen" und "Schmeißfliegen"
1923
Nach der Abstimmung um die deutsch-dänische Grenze
im Jahre 1920 war das Verhältnis zu den dänischorientierten Mitbürgern
noch viele Jahre sehr angespannt.
Dr.Michel gehörte nicht zu den Redakteuren, die zur Deeskalation beitrugen,
schrieb er doch zwei Tage nach seinem Antritt in Schleswig über die
"Speckdänen", drei Monate später von "hirnlosen
Ergüssen der 5 Oere Schreiber" (Neue Schleswiger Zeitung) und
Ende des Jahres 1923 sogar von den "Schmeißfliegen". 59)
Seine Abneigung gegen die "Eiderdänen" teilte er mit der
Mehrheit der Schleswiger, inklusive der SPD. 60)
Ein Teil der SPD schwenkte aber nach dem Kriege auf die dänische Linie.
61)
1955 führte Dr.Michel ein Scharmützel gegen den SSW. 62)
10.1 Die "Volkszeitung" in Schleswig 1922-1933
Von 1911 bis 1919 gab die "Schleswig-Holsteinische Volkszeitung"
in Kiel (seit 1892) die "Flensburger Volkszeitung" als "Kopfblatt"
(s. Erkl.) heraus.
Von 1919 bis 1925 agierte sie als eigenständige Zeitung. 63)
Am 1. Dezember 1922 erschien die "Schleswiger Volkszeitung, Organ
für die werktätige Bevölkerung der Stadt und des Kreises
Schleswig" als "Kopfblatt" der "Flensburger Volkszeitung".
64)
Alle Exemplare der "Schleswiger Volkszeitung" der Jahre 1922
bis 1924 sind verschollen.
Hans Flatterich schrieb als ihr lokaler Redakteur bis 20. April 1931.
Ihm folgte Andreas Paysen, der aber nicht im Impressum zu finden war.
Vom 16. Oktober 1928 an hieß sie "Volks=Zeitung, Sozialdemokratisches
Organ für die Kreise Flensburg-Stadt und Land, Schleswig, Husum, Eiderstedt
und Südtondern".
Seit dem 1. August 1931 war sie Kopfblatt der "Kieler Volkszeitung"
und nannte sich jetzt "Volks-Zeitung, Organ für das arbeitende
Volk der Kreise Flensburg-Stadt und Land, Schleswig, Husum, Eiderstedt
und Südtondern."
Genauso wie die SN fand auch die "Volkszeitung" ihre ersten Leser
am Nachmittag.
Ihr Druck erfolgte bis 1931 in Flensburg, danach in Kiel. Die letzte Ausgabe
datierte vom 27. Februar 1933.
10.2 "Der rote Lollfuß-Redakteur"
Dr.Michels Verhältnis zur SPD war anfangs sehr entspannt,
stellte er doch seinen SPD-Kollegen Hans Flatterich von der "Schleswiger
Volkszeitung" anläßlich der Erhebungsfeier 1848 in Schleswig
am 26. März 1923 sehr positiv dar.
Im März 1924 äußerte er sich noch neutral über ihn.
Doch vor der Reichstagswahl vom 4. Mai 1924 präsentierte Dr.Michel
in den SN Hans Flatterich eine eindeutige Kampfansage in Form eines Gedichtes:
"Der rote Lollfuß-Redakteur
Er flattert hin, er flattert her,
der rote Lollfuß-Redakteur
Und seufzt und ächzt:
,Herjemineh, dreimalverfluchte S.P.D.!
Du raubst mir Ruh und raubst mir Rast,
Bekleckerst mich mit Qualen,
Hervorgerufen durch die Hast der nahen Reichstagswahlen.
Und dazu kommt (Karl Marx, spring ein!!) -
Ein Pech kommt selten nur allein -
die Burschoa-verrannte 65)
Schleswiger Stadtweg-Tante. (s. Erkl.)
Sie widerlegt mit bittrem Spott,
Was mühsam wir erfunden
Und schlägt dem roten Bonzengott
Viel schwarz-weiß-rote Wunden!´
Er flattert hin, er flattert her,
der rote Lollfuß-Redakteur
Und überlegt: ,(Herjemineh, dreimalverfluchte SPD!)
Mit Anstand und mit Wahrheitsmut kann ich das Kind nicht schaukeln.
Drum feste druff mit Haß und Wut, das ,Volk´ gilt´s zu
begaukeln.
Wenn sachlich ich nicht weiter kann,
dann fange ich persönlich an.
Ran´ an die scharfe Kante der unbequemen Tante!´ ----
Gedacht, getan! Die Feder schrillt.
Die Sache wird verschlossen, Person ist Trumpf!
Fuchsteufelswild Wird ,Tantes Tod´ 66) beschlossen. ----
Er flattert hin, er flattert her,
der rote Lollfuß-Redakteur
Er kennt zum Schluß sich selbst nicht mehr,
Und - hinterher (Wie meist im Deutschen Reiche)
Schämt er sich sehr Ob seiner losen Streiche."
In der Folge attackierte Dr.Michel immer schärfer und polemischer
und erreichte 1932 mit dem Gedicht "Also lügt die SPD ..."
einen Höhepunkt:
"Kein Unsinn existiert,
der von der S.P.D. nicht aufgetischt,
und keine Lüge, die nicht ausgesprochen
und mit Gemeinheit und mit Haß vermischt,
verbreitet wird in diesen Wochen.
Die Quittung kommt. Und dann:
Ade mit Lug und Trug und S.P.D.!" 67)
Über den gegenseitigen Umgang von SN und "Volkszeitung"
schrieb der ehemalige Vorsitzende des Schleswiger SPD-Ortsvereins (bis
1933) und kommissarische Bürgermeister von Schleswig (1945), Hermann
Clausen:
"Diese beiden Zeitungen bekämpften sich aufs Schärfste.
Der Ton, der manchmal persönlich wurde, war nicht schön. 68)
Bei Almut Ueck steht zum gleichen Thema geschrieben:
"Die Aktivitäten links von der DDP wurden von den SN totgeschwiegen,
es sei denn, daß sie einen Mißerfolg melden konnten ...
Auf Veranstaltungen der Parteien rechts der DDP ging [die Volkszeitung]
nur ein, wenn sie [negativ über die SN] berichten konnte." 69)
Konflikte mit der Regierung
11.1 Jungdeutscher Orden 1924
Dr.Michel sympathisierte mit dem Jungdeutschen Orden, kurz "Jungdo"
genannt, gab er ihm doch in den Jahren 1923-1925 viel Raum.
1920 gründete Arthur Mahraun den Jungdeutschen Orden.
Dr.Harboe Kardel vertrat ihn in Schleswig. 70)
Der "Jungdo" war ein dem Deutschen Orden organisatorisch nachgebildeter
nationaler Kampfbund, dessen sozialromantische Vorstellungen maßgeblich
von Kriegserlebnis und Jugendbewegung geprägt waren.
Innenpolitisches Ziel war die Reform, nicht die Vernichtung der Weimarer
Republik. 71)
1925 vernahm man auch einige antisemitische Töne. 72)
Mit dem Abdruck eines Aufrufs des "Jungdos" zu den Reichstagswahlen
Ende 1924 handelte sich Dr.Michel eine Strafanzeige ein. Er lautete:
"Der Jungdeutsche zu den Wahlen, Kassel, 26. November. (Eig. Drahtb.)
Der ,Jungdeutsche Orden´ erläßt einen Wahlaufruf, in dem
es heißt:
Durch die Reihen aller deutschgesinnten Menschen geht ein Gefühl des
Abscheues gegen die heutige politische Methode.
Das Empfinden aller ehrlichen Menschen bäumt sich gegen eine Staatsform
auf, in welcher Lüge und Verhetzung zum verfassungsmäßigen
Werkzeug geworden sind.
Die Nutznießer der parteiischen Demokratie haben dies erkannt und
stimmen ein Freudengeheul über ihren kommenden Sieg an, indem sie
die Wahlmüdigkeit, welche die Ehrlichsten zuerst ergriffen hat, als
ihren Bundesgenossen preisen.
Es liegt die Gefahr vor, daß die besten Deutschen sie in ihrem Ekel
vor dem parteiischen System durch ihren passiven Widerstand begünstigen.
Dies darf niemals geschehen.
Darum rufen wir alle mitempfindenden Volksgenossen dazu auf, sich mit allen
Kräften an der bevorstehenden Wahl zu beteiligen.
Nur die Stärkung der nationalen Parteien ermöglicht uns in der
Zukunft den Kampf gegen die Undeutschheit und Verlogenheit des parteiischen
Systems." 73)
Eigentlich wollte der preußische Innenminister Carl Severing (SPD)
die SN deswegen für einige Zeit verbieten;
wegen der gesetzlich vorgeschriebenen, aber schon abgelaufenen 14-Tages-Frist
konnte er nur eine Strafanzeige gegen Dr.Michel "wg. Verstoß
gegen § 8,1 des Gesetzes zum Schutze der Republik" stellen.
Diese Strafanzeige verlief aber auch im Sande, "da der fragliche Zeitungsartikel
eine Beschimpfung der Staatsform nicht enthält." 74)
11.2 "Otto Braun erneut auf dem Kriegspfad" 1927
Am 8. September 1927 wurde in den SN folgender Artikel unter der Überschrift
"Otto Braun erneut auf dem Kriegspfad" abgedruckt:
"Preußens großmächtiger Ministerpräsident Otto
Braun [SPD], der sich in letzter Zeit anscheinend eifrig bemüht, seinen
Parteifreund Otto Hörsing inbezug auf Grobheit und Taktlosigkeit zu
übertreffen, hat in Altona in einer von der sozialdemokratischen Partei
einberufenen Versammlung eine Rede gehalten, in der er in einer geradezu
unglaublichen Tonart gegen den deutschen Reichsverkehrsminister Dr.Koch
[DNVP] und dessen Stettiner Rede polemisiert.
Herr Braun besitzt dazu noch die Geschmacklosigkeit, diese Polemik durch
den ,Amtlichen Preußischen Pressedienst´ verbreiten zu lassen.
Selbstverständlich ist uns der Platz zu schade, um sie ausführlich
wiederzugeben, ihr Geist und Ton sei hier jedoch kurz gekennzeichnet."
Für diesen nicht namentlich gezeichneten Artikel war Dr.Michel als
Hauptschriftleiter verantwortlich.
Otto Braun hatte über das Problem gesprochen, daß das "Reichsbanner",
ein linker politischer Kampfverband (seit 1924) die Staatsflagge "schwarz-rot-gold"
als Parteifahne verwendete.
Um sich vom Reichsbanner abzusetzen, hißten die Konservativen - aber
auch Vertreter des Staates - die alte, aber verbotene schwarz-weiß-rote
Reichsfahne. 75)
Die Volkszeitung stellte 1927 fest, daß "das Gebäude der
[Schleswiger] Nachrichten am Verfassungstage überhaupt nicht und sonst
meistens nur schwarz-weiß-rot geflaggt hat.
Nur bei besonderen Anlässen kommt noch die Hausfahne der Augustenburger,
die spätere schleswig-holsteinische Fahne blau-weiß-rot, hinzu!"
76)
Die schleswig-holsteinische Provinzialregierung erwog nun, der Druckerei
der SN den Druck des Kreisblattes 77) zu entziehen, was der Landrat aber
immer wieder aufschob.
Die Regierung stellte dann eine Tabelle aller Druckereien auf, die staatliche
Aufträge bekamen, und hielt darin fest, wie verfassungstreu sich die
Zeitungen verhielten, die in diesen Druckereien entstanden.
Die SN schnitten dabei von allen schleswig-holsteinischen Zeitungen mit
am schlechtesten ab:
"2. Schleswiger Nachrichten: Auflage 9.000, Druckerei der Schleswiger
Nachrichten, angeblich volksparteilich, öffnet ihre Spalten indes
bereitwillig auch deutschnationalen, völkischen und nationalsozialistischen
Kreisen.
Die Zeitung ist namentlich der Preußischen Regierung gegenüber
wenig freundlich eingestellt, bringt von Zeit zu Zeit gehässige und
zum Teil verleumderische Artikel über preußische Staatsmänner.
Es ist dieserhalb wiederholt berichtet worden, zuletzt am 10.12.1928 ...
Der Landrat in Schleswig hat sich nunmehr entschlossen, dem Verlage der
SN den Druckauftrag des Amtlichen Kreisblattes zu entziehen."
Am 12. Juli 1929 machte der Landrat ernst, was praktisch so aussah, daß
er jetzt eine eigene kleine Druckerei betrieb.
Für die Druckerei M. Johannsen 78) bedeutete die Kündigung des
60 Jahre alten Druckvertrages eine Verringerung ihres Jahresumsatzes um
2623 RM. 79)
Die Auflage der SN betrug 9.000 Stück. 80)
Das macht bei 305 Exemplaren zu je 0,10 RM einen Umsatz von 274.500 RM
pro Jahr.
Dazu kamen noch sonstige Druckaufträge, deren Höhe nicht bekannt
ist.
Die Einkommenseinbußen schlugen wegen des fehlenden Kreisblatts somit
kaum zu Buche.
Aber Dr.Michel reagierte auf diese "Maßregelung" mit einer
Leitartikel-Kampagne. 81)
11.3 "Die kleine Anfrage" 1929
Kurz vor dem Entzug des Druckauftrages richtete der preußische
Landtagsabgeordnete (DVP) und ehemalige schleswig-holsteinische Regierungspräsident
(bis 1928) Dr.Adolf Johanssen eine kleine Anfrage wegen dieser Sache an
den preußischen Innenminister, die der parteilose schleswig-holsteinische
Regierungspräsident Dr.Waldemar Abegg 82) am 14. Juni 1929 so beantwortete:
"Die Schleswiger Nachrichten haben sich seit Jahren durch eine sehr
unbeherrschte oft auch ironisch stark verletzende Schreibweise und durch
einen empfindlichen Mangel an Augenmaß hervorgetan.
Während die Zeitung sich selbst außerordentlich in ihrer Bedeutung
überschätzt und sich als "das" führende Organ
der Nordmarkpresse - keineswegs mit Recht - fühlt und aus diesem Prestigegefühl
immer wieder eine besondere Empfindlichkeit in eigenen Dingen zeigt, ist
sie nicht geneigt, den Gefühlen anderer die von ihr beanspruchte Rücksichtnahme
und zarte Behandlung angedeihen zu lassen.
Mit ihren Angriffen auf die Beamtenschaft der Stadt und einzelne Beamte
sowie auf die Staatsbehörden und deren Vertreter in Zentrale und Provinz
und die ihrer Einstellung feindlichen politischen Parteien, aber auch gegen
die Dänen ist sie häufig weit über das Ziel hinausgegangen
und hat dadurch der Sache sowie ihrem eigenen Einfluß sehr geschadet
auch dort, wo ihre Einstellung, vom Standpunkt der Staatsbehörden
gesehen, grundsätzlich richtig war.
In der sogenannten Barmataffäre 83) waren es die SN, die in besonders
übler Weise von der Verbindung eines höheren Beamten des Ministeriums
des Innern mit Barmat berichteten.
Es hat dann vielfach besonderer Einwirkung seitens der Regierung oder des
Landrats bedurft, um den von der Zeitung angerichteten Schaden wiedergutzumachen
und künftigen zu verhüten.
In der Regel hat sie die Berichtigung derartiger Vorhaltungen auch anerkannt
und für die Zukunft eine andere Einstellung zugesagt.
Trotz alledem sind immer wieder peinliche Rückfälle zu beobachten
gewesen.
Die Schleswiger Nachrichten haben in der ihr eigenen Überschätzung
ihrer Bedeutung, schließlich aus persönlicher Empfindlichkeit
ihres Schriftleiters [Dr.Michel] über den Ton derartiger Vorhaltungen
unberechtigte Beschwerden geführt und mir mit ernsteren Schwierigkeiten
gedroht." 84)
11.4 Schleswigs Beamte gegen Dr.Michel 1929
Am 12. Juli 1929 druckte Dr.Michel einen anonymen Leserbrief mit Angriffen
gegen den Regierungspräsidenten Dr.Abegg und seinen Mitarbeiterstab
ab.
Die Reaktion kam prompt am 15. Juli 1929:
"Auch eine ,Entschließung Wir werden um Aufnahme folgender Zeilen
gebeten:
Entschließung der Beamten, Angestellten und Arbeiter der Regierung.
Die Beamten, Angestellten und Arbeiter der Regierung Schleswig haben mit
Entrüstung von der Kampfesweise der "Schleswiger Nachrichten"
gegen ihren Regierungspräsidenten Kenntnis genommen.
Insbesondere bedauern wir, daß die "Schleswiger Nachrichten"
in Nr. 161 ihren Sprechsaal für den dort abgedruckten längeren
Artikel geöffnet haben.
Dieser eine Namensunterschrift nicht tragende Artikel, spricht auf Grund
von Behauptungen angeblicher Zuträger Verdächtigungen gegen den
Regierungspräsidenten und gegen andere Beamte aus, welche geeignet
sind, einen persönlichen Makel auf diese zu werfen und unberechtigt
sind.
Die Beamten, Angestellten und Arbeiter sind auf Grund der langjährigen
Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidenten Dr.Abegg einig in der
Überzeugung, daß solche Angriffe von seiner Person abprallen
und stellen sich geschlossen hinter ihn.
Die Beamten, Angestellten und Arbeiter der Regierung."
Hier zeigt sich, daß Dr.Michel nicht nur Probleme mit den Dänen,
den Sozialdemokraten und der Regierung, sondern auch mit der Beamtenschaft
hatte.
11.5 "Gebt Severing die Antwort" 1932
Am 26. März 1932 mußte Dr.Michel einen an ihn gerichteten
Brief des schleswig-holsteinischen Oberpräsidenten Heinrich Kürbis
(SPD) abdrucken:
"In der Nr.68 der ,Schleswiger Nachrichten´ vom 21. März
1932 ist unter der Ueberschrift ,Gebt Severing die Antwort! Ein Aufruf
Adolf Hitlers´ gesagt, daß der Möglichkeit, in das von
der Polizei bei Haussuchungen beschlagnahmte Material gefälschte Schriftstücke
von Unverantwortlichen, die die Partei belasten könnten, hineinzuschmuggeln,
Tür und Tor geöffnet sei.
In der Unterstellung, daß preußische Polizeibehörden das
vorgefundene Material fälschen könnten, muß ich eine Beschimpfung
und böswillige Verächtlichmachung dieser Behörden und des
ihnen vorgesetzten Preußischen Innenministers erblicken.
In der Nr.66 der "Schleswiger Nachrichten" vom 18. März
1932 ist unter der Ueberschrift ,Hitler antwortet: Völlige Haltlosigkeit
der Severingschen Unterstellungen´ folgendes abgedruckt:
,Die nationalsozialistische Parteileitung hat insbesondere aber auch deshalb
die SS.- und SA.-Männer an allen Wahltagen zusammengefaßt, um
bei der gesteigerten Hetzkampagne ihrer Gegner das wehrlose Abschlachten
einzelner auf der Straße gehender SA.- und SS.-Männer durch
die Genossen der Partei des Herrn Ministers Severing, des Reichsbanners,
der Eisernen Front und auch der ihnen wesens- und wahlverwandten Kommune
zu verhindern.´ Darin, daß behauptet wird, von Angehörigen
der sozialdemokratischen Partei, Mitgliedern des Reichsbanners und der
Eisernen Front sei zu erwarten, daß sie einzelgehende SA.- und SS.-Männer
abschlachten, liegt eine systematische Aufreizung und Verhetzung und somit
eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe und Ordnung.
Von einem an sich gegebenen Verbot der Zeitung bin ich im Hinblick auf
den bevorstehenden Osterfrieden bereit, abzusehen, wenn der Verlag der
Zeitung in der nächsterscheinenden Nummer erklärt, daß
er die genannten Wendungen mit dem Ausdruck des Bedauerns zurücknimmt."
Dr.Michel beantwortete dieses Angebot in derselben Zeitungsausgabe mit
den Worten:
"Es hieße, sich einer journalistischen Würdelosigkeit schuldig
machen, etwas zu bedauern, was von uns als Zeitung, die der Leserschaft
gegenüber die Pflicht der objektiven Berichterstattung hat, nicht
bedauert werden kann.
Und darum bedauern wir, dem Oberpräsidium unser Bedauern aussprechen
zu müssen, nicht bedauern zu können."
Als Konsequenz durften die SN vom 29. bis 31. März 1932 nicht erscheinen.
12 Die Verlegerin der SN
Diese Vorfälle mußten sich wirtschaftlich negativ
auf die SN auswirken. Wilhelmine Johannsen schrieb selbst:
"Aber die Kämpfe, bei denen man uns ruhig in der Not sitzen ließ,
und bei denen die Frage entstand:
,Können wir den Kampf weiterführen oder müssen wir Schluß
machen?´ die waren hart!" 85)
Warum mahnte sie Dr.Michel nicht ab und drohte ihm mit Kündigung?
Fräulein Johannsen wurde am am 7. September 1873 in Sandwig / Glücksburg
geboren.
Ursprünglich ein Mitglied der DVP, trat sie der NSDAP erst 1937 bei.
Ihr spärliches Einkommen betrug nur 350 RM im Monat. 86)
Dr.Michel verdiente dagegen rund 1500 RM im Monat.
Fräulein Johannsen heiratete nie, hatte keine Kinder und mußte
sich als weiblicher Verleger in einer fast reinen Männerwelt durchschlagen.
Sie starb 1946 in Uelsby.
Ihre kämpferische Einstellung belegt, daß sie Dr.Michels Stil
unterstützte.
13 Dr.Michels Kampf gegen die Demokratie
Dr.Michels Einstellung zur parlamentarischen Demokratie schilderte
der kommissarische Schleswiger Bürgermeister (SPD-1945) Hermann Clausen
so:
"Mit diesem Kampf gegen die Dänen und später gegen die Demokraten
und Sozialdemokraten bereiteten die ,Schleswiger Nachrichten´ den
Nährboden für den kommenden braunen Terror vor.
Diese nationale, später nationalistische Presse haßte nicht
nur die Dänen, sie haßte die Arbeitermasse, deren demokratische
Führer Ministerposten forderten, sie haßte die Mehrheitsbeschlüsse
im neuen parlamentarischen Leben.
Ich kann mich erinnern, daß die ,Schleswiger Nachrichten´ unter
Dr.Michel als Chefredakteur in den Ruf ausbrach:
, Mehrheit ist Unsinn, Verstand ist nur bei wenigen gewesen!´"
87)
1932 kommentierte Dr.Michel auch den Schulunterricht in Staatsbürgerkunde:
88)
"Heute kommt es mehr denn je darauf an, einen sicheren Grund zu legen
für´s praktische Leben: Lesen, Rechnen, Schreiben, Erdkunde
usw.!
Es ist vom Uebel, schon die Kinder mit politischen Stoffen zu belasten,
für deren Erkenntnis sie ebensowenig Fingerspitzengefühl und
Reife besitzen wie manche der Lehrer, die damit oft nur parteipolitische
Ziele verfolgen ...
Und glaubt [Fr.Thomsen] E) im Ernst, daß schulpflichtige Jugendliche,
selbst wenn sie hochbegabt sind, die Möglichkeit haben, die Vorgänge
in Genf oder den Wert der Rede Brünings zu beurteilen?"
14.1 Dr.Michels Hinwendung zum Nationalsozialismus 1929
Dr.Michels erster Beitrag zum Nationalsozialismus las sich 1923 nach
dem Münchener Hitler-Putsch so:
"Wie damals die kirchlichen Reformbewegungen zu jeder Art religiöser
Schwarmgeisterei führten und auch Luther zum Einschreiten veranlaßten,
erleben wir heute nationale Schwarmgeistereien, die dem Staatsgefüge
und der organischen Weiterentwicklung der Verfassung ebenso gefährlich
zu werden drohen wie damals der religiösen Schwarmgeisterei der katholischen
und evangelischen Kirche.
Dies gilt nicht nur für die Hitler-Bewegung Süddeutschlands,
sondern auch für die verwandten Bewegungen in Norddeutschland.
Nicht eine dieser Bewegungen und nicht ein einziger ihrer Führer hat
bis jetzt ein vernünftiges sachlich begründetes und praktisch
durchführbares Programm zur Rettung Deutschlands bekannt gegeben.
Wir haben nur Schlagworte von ihnen gehört, Schlagworte, die zwar
ein Ausdruck nationalen Sehnens sind, aber jede Berücksichtigung der
tatsächlichen Lage vermissen lassen.
Alle wollen Früchte pflücken, ehe sie reif sind, alle wollen
Unerfüllbares!
Alle wollen mit einem Schlag alles erreichen und lehnen jede sogenannte
Halbheit ab.
Damit aber verlassen sie schon die Welt der Wirklichkeit und den Weg natürlicher
Gesundung.
Sie verlieren sich auf Irrwege, die uns nur in den Abgrund führen
können." 89)
Im Juli 1929 nahm Dr.Michel die "Husumer Nachrichten" gegenüber
dem Gauleiter Hinrich Lohse in Schutz. 90)
Neun Wochen später setzten sich die SN in einem Leitartikel sehr verständnisvoll
mit den Palästinaplänen der Juden auseinander. 91)
Dr.Michel: "Umso überraschter war ich, als Gauleiter Lohse selber
zu mir in die Redaktion kam, um mit mir in loyaler, sachlicher Weise eine
Klärung herbeizuführen, und als der damalige Bezirksleiter und
spätere SA-Obergruppenführer Meyer-Quade ebenfalls in sachlichen
Aussprachen bestrebt war, den Zündstoff zu beseitigen und einen Burgfrieden
herbeizuführen.
Aus diesen Zusammenkünften, bei denen es hart auf hart herging, erwuchs
eine Hochachtung vor der starken Persönlichkeit Meyer-Quades und schließlich
eine herzliche Freundschaft mit ihm." E)
Bei der Reportage über den Kommunalwahlkampf ist nun ein allmähliches
Einschwenken auf die NS-Linie zu verzeichnen.
Am 18. November 1929 bescheinigte er der NSDAP immerhin schon eine"vorbildliche
Propagandatätigkeit".
Die SN entwickelten sich nun zunehmend zu einer Propagandaplattform der
Schleswiger NSDAP.
Auf dem Höhepunkt des Wahlkampfes für das Amt des Reichspräsidenten
1932 schlug sich Dr.Michel im März vollends auf die Seite der Nationalsozialisten
und nahm durch den Abdruck eines Hitler-Aufrufes ein zeitweiliges Verbot
der SN in Kauf. E
r druckte das 25-Punkte-Programm der NSDAP ab und bezeichnete Dr.Hertings
7-teilige Aufsatzreihe "Nationalsozialistische Gedanken" als
"beachtenswerte aufklärende Ausführungen". 92)
14.2 Mitgliedschaft im Stahlhelm (1924-1928) und Beitritt zur NSDAP
1933
1928 kündigte Dr.Michel seine vierjährige Mitgliedschaft
im Stahlhelm, weil er die politische Linie der Bundesleitung für falsch
hielt. E)
Dennoch räumte er dem Stahlhelm immer viel Platz in seiner Zeitung
ein. 93)
Der Schleswiger NSDAP-Kreisleiter Ernst Kolbe schilderte am 17. September
1934 Dr.Michels Beitritt zur NSDAP:
"Bei der nationalsozialistischen Revolution hatten wir schließlich
fast gänzlich vergessen, dass unser Mitglied Michel gar nicht eingeschriebenes
Mitglied war, und Michel selber lehnte es ab, zu den ,Januar - März
- Gefallenen´ gezählt zu werden, bis dann aber die Fülle
der Ämter, die Michel angetragen wurden, eine offl. Mitgliedschaft
notwendig machte." BO)
In seinem Lebenslauf vom 20. Mai 1940 erklärte Dr.Michel, warum er
den Beitritt so lange hinausgezögert hatte:
"Vertrauensmann der NSDAP seit 1931.
Nach der ersten Fühlungnahme mit Nationalsozialisten setzte er sich
in enger Zusammenarbeit mit der Kreisleitung Schleswig durch Wort, Schrift
und Tat für die NSDAP. ein, wie aus der in Abschrift beigefügten
Bescheinigung des damaligen Kreisleiters und späteren SA-Obergruppenführers
Meyer-Quade hervorgeht.
Auf dessen besonderen Rat und Wunsch trat Dr.M. in die NSDAP damals offiziell
nicht ein, um in Anbetracht der in Schleswig kompliziert gelagerten Verhältnisse
ungehemmter durch die Schleswiger Nachrichten und persönlich für
die Bewegung Einsatz leisten zu können." BO)
Im Entnazifizierungsverfahren werden noch mehr Gründe aufgedeckt:
"Dennoch meldete ich mich nicht zum Eintritt in die NSDAP, da ich
die Schwierigkeiten kannte, die ehemaligen Logenmitgliedern gemacht wurden.
Erst, als Meyer-Quade nach dem 30. Januar 1933 meinen Hinweis auf die Loge
beiseite schob und mir dringend nahelegte, mich der kulturellen Belange
im Kreis Schleswig anzunehmen, meldete ich mich zum Eintritt, der am 1.
Mai 1933 bestätigt wurde."
15.1 Antisemitismus in den SN und der "Nordischen Rundschau"
Über die antisemitischen Beiträge der Nationalsozialisten
in den SN gab der Verfasser bereits in seinem Aufsatz über Dr.Adolph
Herting einen Überblick. 94)
Im vorliegenden Kapitel wird nur auf die antisemitischen Aktivitäten
eingegangen, soweit sie von Dr.Michel selbst zu verantworten waren.
1925 räumte Dr.Michel dem sog. "Barmat-Skandal" breiten
Raum in seiner Zeitung ein, worüber sich Dr.Abegg (siehe das Kapitel
"Die kleine Anfrage") beklagte. 95)
Die jüdischen Gebrüder Barmat sollen Kriegsgewinnler in Lippe-Detmold
gewesen sein.
1927 trat "Franz vom Schleistrand" 96) einen Leserbriefkrieg
gegen die sogenannte "Judenkollekte" der evangelischen Kirche
in Schleswig los, wobei ihm Propst Johannes Sommer entgegentrat.
Der Streit entzündete sich an einer Geldsammlung der evangelischen
Kirche, die zum einen die Missionierung von Juden und zum anderen die Unterstützung
von kirchlichen Einrichtungen in Palästina zum Ziel hatte.
Dr.Michel kommentierte folgendermaßen:
"Anmerkung der Schriftleitung: ... Auch wir stehen - was die prinzipielle
Seite des Streitfalles anbelangt - auf dem Standpunkt, den Franz vom Schleistrand
vertritt." 97)
1932 tauchte Dr.Michels erster persönlich unterschriebener antisemitischer
Beitrag auf in der Reisebeschreibung
"Kurs Nordkap, Aus dem Logbuch einer Norwegen-Reise ...
Nur wenige Außenseiter gibt´s, die nicht zu der großen
Bordgemeinschaft gerechnet wurden.
Der Herr, sagen wir: Goldstein aus Frankfurt, gehört zu diesen, ein
unangenehm vorlauter Rheinländer, ein Berliner Jurist und seine Frau,
deren Rückenausschnitte ebenso groß sind wie ihr alttestamentarischer
Gesichtserker und ihr heilloses, frivoles Mundwerk.
Diesem Paar wird nur Konkurrenz gemacht von der Schwester dieser Dame und
zugehörigem Kavalier.
Ansonsten gibt´s kaum jemand, der fortwährend unliebsam in Erscheinung
tritt." 98)
1933 las man in den SN anläßlich des Boykotts jüdischer
Geschäfte folgendes Gedicht: 99)
"Deutscher, wach auf, Deutscher erwache ...!
All-Juda brütet Tod und Rache ...
In Wallstreet, Holland, England, Rußland
will das Kapital der Welt nichts als das goldene Kalb,
den Rahm der deutschen Milchkuh und das Geld,
will, daß das deutsche Eigensein zerschellt ...
Deutscher, wach auf, Deutscher erwache ...!"
Dieses Gedicht trug keine Unterschrift.
In der ersten Zeile lehnt es sich an das berühmte Gedicht "Deutschland
erwache" von Dietrich Eckart an, dem Hitler sein Buch "Mein Kampf"
gewidmet hatte.
Seit dem 24. September 1940 druckte Dr.Michel in Kiel bei der "Nordischen
Rundschau" die Eindrücke seiner Polenreise ab.
Seine Schilderung über die Juden-Ghettos zeigte Menschenverachtung:
"Am vordringlichsten war es, die Fratze der schmarotzenden Juden-Mischpoke
- die widerlichste, die wir im gesamten Osten zu Gesicht bekamen - aus
Straßen, Markt- und Geschäftsleben zu entfernen ...
Und diese letzten Höhlen jüdischen Fühlens und Denkens,
dies Labyrinth trostloser grauer Häuserzeilen ist in der Tat nicht
nur hygienisch, sondern vor allem moralisch eine ungeheure Seuchengefahr
...
Die Augen weiten sich beim Anblick dieser Gestalten, die einem Inferno
des Höllen-Breughel entsprungen sein können."
15.2 Über das "jüdische Palästinawerk" 1929
Am 17. September 1929 las man auf der ersten Seite der SN einen bemerkenswerten
Artikel:
"Zwei Fragen zum jüdischen Palästinawerk ...
Zu einer zweiten Fragestellung veranlaßt ein Satz des Aufrufs. Ein
Satz, der Sympathie, Achtung und Mitgefühl erweckt.
Es heißt dort: ,Für Judentum und jüdische Zukunft sind
die Toten gefallen, haben die Ueberlebenden sich verteidigt.´
Dieser Satz prägt sich tief ein.
Hier wird ganz unrational und heroisch das Opfer des Lebens, nicht für
irgendeine zivilisatorische Idee, nicht für irgendeinen allgemeinen
Menschheitsgedanken, sondern ganz konkret für die Nation, für
ein in der Entwicklung begriffenes ,Vaterland´ geehrt.
Es ist in aller Kürze und Verhaltenheit ein Langemarckbekenntnis 100)
des Judentums.
Es ist eine sittliche Rechtfertigung der Wehrhaftigkeit, eine Ehrung des
Mannes, der mit der Waffe Haus und Herd verteidigt, über jede Schuld-
und Ursachenfrage hinweg, in dem Glauben, daß er recht handelt, daß
er in der raschen, heftigen, nicht aufklärbaren Verschlingung des
Schicksals, im Hereinstürzen elementarer Gewalten zu seinen Brüdern,
zu seinem Volk zu stehen hat."
Dieser projüdische Leitartikel paßte so gar nicht zur politischen
Richtung der SN.
Sein Ursprung konnte wegen einer fehlender Unterschrift nicht geklärt
werden.
16 Gott und die Bücherverbrennung 1933, Donar
und die Sonnenwende 1934
Die meisten Bücherverbrennungen in Schleswig-Holstein hatten
bereits am 21. Mai 1933 stattgefunden.
Schleswig holte dies am 23. Juni 1933 auf dem Stadtfeld anläßlich
der Sonnenwende nach.
Als Veranstalter fungierte die Deutsche Arbeitsfront (DAF), die laut SN
3000 Teilnehmer mobilisierte.
50 Zentner "marxistische" Literatur aus Bibliotheken, Hausdurchsuchungen
und freiwilligen Abgaben wurden auf 20 Blockwagen 101) herangekarrt und
landeten in den Flammen.
Sechs Wochen zuvor in die NSDAP eingetreten, hielt Dr.Michel hier seine
erste öffentliche Rede in Schleswig, deren wichtigste Passage lautete:
"In dieser Abendstunde gilt es nun, einen 50 Zentner-Haufen Schmutz,
von dem jene Herrschaften aus ihrem Augiasstall Millionen Exemplare gewissenlos
dem deutschen Volke vorzusetzen wagten, dem Feuertode zu überantworten.
[Die] Schleswiger Arbeiter ... machten sich frei von den marxistischen
Elementen im deutschen Schrifttum und begriffen, daß kein Volk der
Erde bestehen kann, das seinen Glauben an Gott und an sich selber dauernd
durch Bücher und Schriften beschmutzen läßt ...
Es konnte geschehen - wie es auch hier in Schleswig vorgekommen ist -,
daß Lehrlinge, die ihre Gesellenprüfung bestanden hatten, von
staatlich anerkannten Berliner Stellen mit Büchern beschenkt wurden,
die schamlose Bilder von Dirnen, haarsträubende Gotteslästerungen
oder obszöne Gemeinheiten enthielten.
Es konnte geschehen, daß der sogenannte Schriftsteller Bert Brecht
- von dem sich auch ein Buch da unten befindet - eins seiner Theaterstücke
in dem Ruf gipfeln lassen durfte:
,Darum soll man dem, der da sagt, daß es einen Gott gibt, ... den
Kopf so lange aufs Pflaster schlagen, bis er verreckt ist!´ ...
Staatliche oder offiziöse Kunstinstitute, Bibliotheken und Leihbüchereien
machten sich - unbekümmert um die Seele des deutschen Volkes - zum
Sprachrohr einer furchtbaren Tendenz, die mit Haut und Haaren nichts anderes
war als die Gottlosenpropaganda, nichts anderes als der Klassenkampf des
Marxismus und die soziale Haßpredigt des Bolschewikentums ... Männer
der Feuerwehr, waltet Eures Amtes und legt die Brandfackel an! Und ihr,
Volksgenossen und Volksgenossinnen erhebt die Hand und sprecht mit mir
zusammen diesen Feuerspruch als Bekenntnis:
"Entzündet die Flammen ..." 102)
Damit alle Menschen dieses Gedicht mitsprechen konnten, wird Dr.Michel
hektographierte Zettel verteilt haben.
Die Choreographie dieser Veranstaltung ähnelt einem Gottesdienst.
Evangelisch getauft, studierte Dr.Michel u.a. Kirchengeschichte und ließ
sich auch kirchlich trauen. 103)
Seine Tochter erhielt 1928 noch die Taufe, sein Sohn 1933 aber nicht mehr.
Nach seinen eigenen Angaben ist er nach 1933 aus der Kirche ausgetreten.
E)
In seinen Gedichten kommt das Wort "Gott" mit allen seinen Ableitungen
143-mal vor.
Es gibt aber nur einen einzigen nichtlyrischen Text, in dem sich Dr.Michel
dem Thema "Gott" widmete, und das ausgerechnet hier bei der Bücherverbrennung.
Laut Entnazifizierungsakte nannte er sich jetzt "gottgläubig".
An welchen Gott er jetzt glaubte, verkündete er genau ein Jahr später
bei der nächsten Sonnenwendfeier.
Wieder verteilte er sein "Entzündet die Flammen" - Gedicht,
das er aber um eine Strophe verlängerte. Darin ist zu lesen:
"Wir folgen den Fahnen,
aus Feuer geboren
und grüßen die Ahnen
vor Donars Toren
im Sonnenrade, der Rune des Sieges." 104)
17 Anprangerungen
Rechtsanwalt Carl Schaefer
Unter Dr.Michels Schriftleitung tauchten insgesamt sechs lokale Anprangerungen
auf.
Am 15. Mai 1925 beklagte sich der Schuhmachermeister "J.Jacobsen"
in einem Leserbrief in der "Schleswiger Volkszeitung", daß
er wegen einer schwarz-rot-goldenen Fahne an seinem Hause in den SN tags
zuvor angeprangert worden war.
1929 erregte die "Kuppelei in der Busdorferstr.9" großes
Aufsehen, denn es hatten dort Gruppensex-Orgien stattgefunden.
Auch die Volkszeitung berichtete darüber. 105)
Am 18. Februar 1932 griff Dr.Michel auf der ersten Seite der SN den Schleswiger
Volksschullehrer "Fr.Thomsen" E) nichtnamentlich an, weil er
es als SPD-Mitglied gewagt hatte, seinen Schülern eine Hausaufgabe
zu stellen, in der sie sich u.a. mit "Brünings bedeutsamer Rede
in Genf" auseinandersetzen sollten.
Die persönlichen Anprangerungen in einer SN-Anzeige der NSDAP-Ortsgruppe
Schleswig anläßlich des Boykotts jüdischer Geschäfte
in Schleswig am 5. April 1933 verantwortete die NSDAP und die gesamte Leitung
der Zeitung (Wilhelmine Johannsen, Henriette Klinger und Dr.Michel).
Auch der nichtjüdische Rechtsanwalt Carl Schaefer litt darunter106),
fand aber Schutz bei Dr.Michel, wie er ihm später in einem Leumundszeugnis
bescheinigte:
"[Dr.Michel] gehörte aber zu denjenigen Parteigenossen, die sich
von allen Uebergriffen gegen politisch Andersdenkende fernhielt und darüber
hinaus bestrebt war, derartigen Uebergriffen entgegenzutreten und Abhilfe
zu schaffen." E)
Nach dem Krieg zeigte der Installateur Wilhelm Zimmermann Dr.Michel an.
Er begründete dies damit, daß ihm der Abdruck des Leserbriefes
vom Hitlerjungen "W.P.F." am 21. August 1934 schweren finanziellen
Schaden zugefügt habe. E)
Besonders übel erscheint die "Warnung der Kreisleitung"
in den SN vom 20. Juli 1935:
"Einer der schlimmsten dieser Sorte scheint uns der Installateur Bernhard
Boysen, hier, Stadtweg 69, zu sein, der bei jeder Gelegenheit in übelster
Form gegen unsere Bewegung und unser Banner hetzt.
Wir erwarten in Ruhe den Tag, wo diesen Hetzern und Saboteuren einer wahren
Volksgemeinschaft das Handwerk gelegt wird."
18 Das "Schleswiger Monarchistenblatt" 1927
1927 attackierte die "Schleswiger Volkszeitung" die SN mit
dem Titel "Schleswiger Monarchistenblatt" wegen einer vorausgegangenen
"Glosse" von Dr.Michel über die "Republikanische Beschwerdestelle".
Hans Flatterichs Angriff war aber ungerechtfertigt, denn Dr.Michel lag
Monarchistenfreundlichkeit fern. 107)
19 Konkurrenz durch die "Flensburger Nachrichten" 1932/33
In der "Volkszeitung" war Ende 1932 zu lesen:
"In Schleswig wird augenblicklich ein interessantes Spiel gespielt.
Den ,Schleswiger Nachrichten´ ist nämlich ein Konkurrent von
der gleichen Couleur entstanden: Die ,Flensburger Nachrichten´.
Vermutlich in der Meinung, daß unsere Tante (s. Erkl.) noch nicht
reaktionär genug ist, versuchen sie in Schleswig ihre Produkte abzusetzen
...
Die Angst der Tante um den Verlust einer noch größeren Abonnentenzahl,
als ihr schon der Nazikurs gekostet hat, ist verständlich.
Am Stadtweg schreit man deshalb schon Zeter und Mordio." 108)
Was war geschehen? Die "Flensburger Nachrichten" wurden am Heiligabend
des Jahres 1932 in Schleswig kostenlos verteilt.
Als Aufhänger diente die Notlage der Holmer Fischer in Schleswig.
Bis Ende Januar 1933 gaben die Flensburger der Stadt Schleswig in ihren
Seiten viel Raum, der aber bis Juli 1933 wieder auf die alte Größe
zurückschrumpfte.
20 Dr.Michels Ämter 1933-1945
Dr.Michel bekleidete folgende Ämter:
Kreispresseamtsleiter, Führer der Schleswiger Ortsgruppe des Kampfbundes
deutscher Kultur, Kreiskulturwart, Referent der SA-Brigade 16, stellvertretender
Landesverbandsleiter im Reichsverband Deutscher Presse, Beisitzer des Bezirkspressegerichtes,
Landespressewart des Verbandes Deutscher Autoren, Mitglied des Kreisausschusses
und des Kreisverwaltungsgerichtes, Beirat der Stadt Schleswig, Gauhauptstellenleiter,
Kreisredner, Referent im Stabe der SA-Gruppe Nordmark, Vorsitzender der
Deutschen Bühne und der Kameradschaft für Deutsche Kultur, Inhaber
der Dienstauszeichnung der NSDAP in Bronze für zehnjährige aktive
Dienstzeit. E)
Diese Ämterfülle veranlaßte, ihn am 5. November 1933 an
seinen Verbindungsbruder Dr.Hans Friedrich Blunck in der Reichskulturkammer
einen Bittbrief zu schicken:
"Leider komme ich dadurch immer weniger zu eigenem Schaffen, das in
mir brennt und nach Entladen drängt ...
Ich fürchte, hier im Kleinkram und in der Enge der Dinge und Menschen
zu ersticken, wenn nicht endlich mir eine größere, befriedigendere
Aufgabe gestellt wird, wenn nicht endlich meinem Schaffen eine Anerkennung
zuteil wird.
Nicht meine berufliche Stellung will ich vorläufig aufgeben, aber
neben meinem Berufe möchte ich beim Aufbau des neuen kulturellen Lebens
die Möglichkeit haben, Anregungen zu geben und in die Tiefe und Weite
zu wirken." 109)
21 Berufsständische Mitgliedschaften Dr.Michels
Von 1933 bis 1941 führte Dr.Michel einen ihm sehr lästigen
Papierkrieg gegen den Reichsverband Deutscher Schriftsteller.
Dr.Michel war schon Mitglied im Reichsverband der deutschen Presse und
wollte nicht einsehen, auch hier Mitgliedsbeiträge zahlen zu müssen.
BR)
KIEL, RIGA, MAGDEBURG, INTERNIERUNG, ENTNAZIFIZIERUNG, FLENSBURG
22.1 "Der Schleswig-Holsteiner" 1935-1937
Im Nachlaß des Dichters Dr.Hans Friedrich Blunck fanden sich einige
Briefe von Dr.Michel, in denen er sich für drei Personen einsetzte.
Sie hatten entweder wirtschaftliche, oder wie einer seiner Vorgänger
bei den SN - Jacob Bödewadt - politische Probleme.
Dr.Michels Einsatz ist nicht als Opposition zum NS-System zu verstehen,
sondern als Hilfe für einen bedrängten Kollegen.
Dafür halste man ihm von Juli 1935 bis März 1937 auch noch die
Schriftleitung von Bödewadts Zeitschrift "Der Schleswig-Holsteiner
- Grenzlanddeutsche Monatshefte" auf.
22.2 "Nordische Rundschau" in Kiel 1937-1941
"Nach der dritten Aufforderung" übernahm Dr.Michel am
21. Januar 1937 die Leitung der "Nordischen Rundschau" in Kiel.
E)
Der ehemalige Schleswiger NSDAP-Ortsgruppenführer, Kreisleiter und
Landrat Jochen Meyer-Quade war inzwischen zum Polizeipräsidenten von
Kiel aufgestiegen.
Mit Beginn des Polenfeldzuges trat er als Freiwilliger in die Wehrmacht
ein und fiel schon am 11. September 1939.
Als Nachmieter seiner Dienstvilla im Niemannsweg 153 zog die Familie Michel
ein.110)
Dr.Michels zahlreiche Leitkolumnen hoben sich wegen ihrer politischen Linientreue
kaum von den Beiträgen anderer Autoren ab, von zwei Ausnahmen abgesehen:
Am 27. Januar 1939 schrieb er einen bemerkenswerten Kommentar unter dem
Titel "Ganz streng vertraulich".
In ironischem Ton wiederholte er die Mutmaßungen, die die internationale
Presse hinsichtlich der militärischen Ziele Adolf Hitlers anstellte.
Der Clou daran war, daß bald fast alle Voraussagen eintraten.
Im September 1940 schilderte er seine Polen-Reise, inklusive eines abstoßend
antisemitischen Beitrages, der im Kapitel "Antisemitismus" zitiert
wird.
22.3 "Deutsche Zeitung im Ostland" (DZO) in Riga 1941-1944
Als der schleswig-holsteinische Gauleiter Hinrich Lohse zum
"Reichskommissar für das Ostland" aufstieg, wollte er erst
den Gaupresseamtsleiter Willy Ehlers mit der Leitung der "Deutschen
Zeitung im Ostland" betrauen.
Weil dieser aber seiner Einberufung zur Wehrmacht folgen mußte, trat
Dr.Michel an seine Stelle (2. Aug. 1941-Dez. 1944). E)
In Riga atmete Dr.Michel wieder freier, denn er war endlich die meisten
seiner Ehrenämter los, über die er 1933 noch geklagt hatte.
Auch in Riga veröffentlichte Dr.Michel viele namentlich gezeichnete
Kolumnen politisch linientreuen Charakters, regelmäßig antisemitisch
eingefärbt, und seine Kultursparte kam natürlich auch nicht zu
kurz.
Die DZO erschien bei gleichem Inhalt auch unter den Namen "Feldzeitung,
Marine-Frontzeitung und Luftflotte Nordost".
Ihre Gesamtauflage betrug 37.000, wovon nur 2.000 an Zivilisten gingen.
Die Soldaten nannten sie "Himmelszeitungen", weil sie mit Fallschirmen
bei den Einheiten landeten. 111)
Am 13./14. Mai 1944 rüttelte er seine Schleswiger Leser in den SN
mit dem Artikel: "Wehe den Besiegten!" auf.
Er beschrieb ein früheres Interview mit dem ehemaligen deutschen Botschafter
in Moskau Ulrich Graf von Brockdorff-Rantzau in Annettenhöh bei Schleswig.
Der Graf erzählte, wie er als Teil der deutschen Gesandtschaft in
Versailles die Friedensbedingungen entgegengenommen hatte und wie erniedrigend
sie von Georges Clemenceau behandelt worden waren.
Hier überbrachte Dr.Michel seinen Schleswiger Lesern nicht nur zwischen
den Zeilen, sondern schon in der Überschrift eine öffentliche
Voraussage, was Deutschland in Kürze zu erwartete, nämlich: besiegt
zu werden.
Die letzte Nummer der Rigaer DZO verließ am 10. Oktober 1944 die
Presse, als die Rote Armee bereits in den Vororten kämpfte.
Die auf einen Eisenbahnwagen verladene mobile Druckerei rollte in die 180
km weiter westlich gelegene lettische Hafenstadt Libau, wo die DZO noch
bis Anfang 1945 als kleine 2-seitige Ausgabe herauskam.
Hier im Westen Lettlands schloss die russische Armee 400.000 deutsche Soldaten
(16. und 18. Armee) ein.
Hitler verwarf Großadmiral Dönitzs Angebot, sie aus den Häfen
Libau und Windau über die Ostsee zu entsetzen.
So mußte die "Heeresgruppe Kurland" die Stellung bis Kriegsende
halten, an dem 180.000 Mann in Gefangenschaft gerieten.
22.4 "Der Mitteldeutsche" in Magdeburg 1945
Dr.Michel siedelte im Dezember 1944 nach Magdeburg um, wo er von Januar
bis März 1945 als Hauptschriftleiter der Zeitung "Der Mitteldeutsche"
arbeitete.
Wegen der Kriegshandlungen konnte die Zeitung aber nicht gedruckt werden.
Ausgebombt und mit Verbrennungen an beiden Händen zog er am 25. Januar
1945 nach Schönebeck / Elbe. E)
23 Internierung, Entnazifizierung, "Flensburger Tageblatt"
1945-1949
Am 9. Mai 1945 verhaftete ihn die amerikanische Besatzungsmacht und
lieferte ihn in ein britisches Internierungslager bei Paderborn ein, wo
er bis September 1947 einsaß.
Zwar nährten die polizeilichen Untersuchungen den Verdacht, daß
Dr.Michel wegen seiner Nähe zu Lohse Kenntnisse von den Greueltaten
im "Reichskommissariat Ostland" hatte, doch konnten dafür
keine Beweise erbracht werden.
Der Anklagevertreter des zuständigen Spruchgerichts in Hiddesen bei
Detmold stellte das Ermittlungsverfahren gegen Dr.Michel schließlich
im November 1948 ein, weil der Journalist lediglich von 1938 bis 1941 ...
im Gaupresseamt der Gauleitung in Kiel gewesen ist." 112)
Mit der Kategorie III. verließ er das Lager.
Im Entnazifizierungsverfahren stufte man ihn am 19. Januar 1948 zuerst
in die Kategorie IV. (ohne Vermögenssperre), weil er seit 1933 NSDAP-Mitglied,
1937-1941 Gauhauptstellenleiter und in der SA Hauptsturmführer war.
Er durfte nicht mehr als Hauptschriftleiter, aber als freier Schriftsteller
tätig sein.
Seit dem 3. Februar 1948 arbeitete er beim "Flensburger Tageblatt"
als "Kunstreferent" für die Schleswiger Sparte "Theater
/ Musik / Vorträge".
Er zeichnete mit "Dr. -el.", stand aber nicht im Impressum.
Nach periodischer Überprüfung gelangte er am 7. Juni 1949 ohne
irgendwelche Einschränkungen in die Kategorie V.
Damit durfte er wieder als Hauptschriftleiter arbeiten. E)
24 Bürgen 1933-1934 und Leumundszeugnisse 1945-1948
In seinem Lebenslauf von 1933 für den "Reichsverband Deutscher
Schriftsteller" mußte Dr.Michel Bürgen benennen:
Hans Franck (Dichter, der ihm auch nach 1945 ein Leumundszeugnis ausstellte),
Wilhelm Scharrelmann (Vorsitzender der "Kogge"),
Hermann Claudius (Dichter),
Hans Friedrich Blunck (Dichter),
H. Schlörrer (Landesleiter der Deutschen Bühne in Lübeck)
und
Jochen Meyer-Quade. BR)
Im Ermittlungsverfahren wegen seiner ehemaligen Logenzugehörigkeit
benannte er 1934 folgende Bürgen:
Otto Gestefeld aus Tolk (1925 Gründungsmitglied der NSDAP im Kreis
Schleswig),
Jürgen Jöns (seit 1928 Ortsgruppenleiter der NSDAP Erfde),
Ernst Kolbe und Jochen Meyer-Quade. BO)
Dr.Michels Entnazifizierungsakte enthält einen beeindruckenden Stapel
von 38 positiven Leumundszeugnissen, die folgende Besonderheiten aufweisen:
16 stammen von Menschen, die er aus Lettland kannte, 7 aus Schleswig und
15 aus anderen Teilen Deutschlands.
Die Letten lobten insbesondere Dr.Michels Einsatz gegen die Prügelstrafe
für säumige lettische Bahnbedienstete.
Die lettische Schriftstellerin Zenta Maurina hatte ihm nicht nur ein positives
Leumundszeugnis ausgestellt, sondern in ihren Lebenserinnerungen auch dankbar
unter dem Pseudonym "Dr.Larix" erwähnt. 113)
RÜCKKEHR NACH SCHLESWIG
25 "Schleswiger Nachrichten" 1949-1965
Am 17. Juli 1949 erhielt das "Flensburger Tageblatt" einen
Lokalteil mit dem Namen "Schleswiger Neueste Nachrichten".
Der Schleswiger Redakteur wurde im Impressum nicht namentlich aufgeführt.
Am 1. Dezember 1949 hatten die Schleswiger "ihre" Zeitung wieder.
Der Flensburger Zeitungsverlag deckte den überregionalen Teil ab,
Dr.Michel versorgte den Kreis Schleswig.
Sieht man einmal von einem Artikel gegen den SSW am 26. Mai 1955 ab114),
dann enthielt sich Dr.Michel in der Nachkriegszeit jeglicher politischer
Meinungsäußerung.
Dafür verbreitete er seine Reiseerlebnisse.
Kanada gefiel ihm besonders, was wohl daran lag, daß seine Tochter
dorthin ausgewandert war.
Im Rahmen einer Serie von Reiseberichten deutscher Seeleute der Handelsschiffahrt
fanden sich Anfang der 60er Jahre zwei Aufsätze von Dr.Michels Schwiegertochter,
die ihren Mann manchmal auf Reisen begleitete.115)
Dr.Michels letzter Arbeitstag bei den SN war der 31. März 1965.
26 Sonstige Aktivitäten
Die folgenden Angaben stammen größtenteils von Dr.Michel
und konnten nicht alle nachgeprüft werden.
Wo eigene Bestätigungen vorliegen, sind sie mit (eB ) markiert.
Dr.Michel arbeitete sporadisch für folgende Zeitungen:
"Landesbauernschaft Schleswig-Holstein" (eB),
"Dortmunder Zeitung",
"Hörder Volksblatt",
"Der Schacht",
"Wochenschrift für Deutsche Kunst",
"Daheim",
"Türmer",
"Schleswig-Holsteiner" (eB),
"Zeitschrift Ostland" (eB) und
"Lloyd - Post".
Dr.Michel war Mitglied der "Kogge" 116) und des "Eutiner
Dichterkreises".
In folgenden Anthologien ist er vertreten:
"Almanach der Freunde der Dortmunder Stadtbibliothek",
"Prager Almanach" und
"Junge Deutsche Dichtung".
Sein Hörspiel "Baby wird ein Mensch" soll 1933 zweimal im
Reichssender Hamburg ausgestrahlt worden sein.
1924 war sein Essay "Strindbergs Wandlungen und Katastrophen"
fertig.
Beide Stücke sind schon lange vergriffen. 1959 verfaßte Dr.Michel
die Geschichte der Schleswiger Fa. Rasch (eB).117)
27.1 Würdigungen für Dr.Behrens und Hans Flatterich
Dr.Michel agierte in seiner Zeitung nach dem Motto:
"Viel Feind, viel Ehr." 118)
Ausnahme: Schleswigs langjähriger Bürgermeister Dr.Oscar Behrens
(1912-1933).
Bei seinem Abgang würdigte er ihn am 23. Oktober 1933 so:
"Persönlich makellos mußte er weichen, da er keine inneren
Berührungspunkte mit der nationalsozialistischen Weltanschauung hatte,
da er seiner ganzen Art nach dem Dritten Reich wesensfremd gegenüberstand
und da infolgedessen die Vertrauensbasis für eine reibungslose Zusammenarbeit
im neuen Geiste fehlte."
Am 18. März 1950 schrieb er in den SN:
"Auch für die, die - wie der Schreiber dieser Zeilen - manchmal
nicht mit [Dr.Behrens] konform gingen, stand in jedem Fall die lautere
Unantastbarkeit seines Charakters, sein gründliches Fachwissen und
nicht zuletzt die Widerstandskraft seiner Nerven außer Zweifel."
Anläßlich des Todes seines alten Konkurrenten Hans Flatterich
von der "Volkszeitung" las man in den SN vom 6. März 1964:
"Bei aller Konsequenz, die der Verstorbene aus seiner Gesinnung zu
ziehen bereit war, blieb er immer ein Mann des Ausgleichs, der sachlich
bemüht war, dem demokratischen Gedankengut und den demokratischen
Einrichtungen zu dienen."
27.2 Würdigungen für Dr.Michel
In den SN wurden sechs positive (1936, 1937, März, April und Dezember
1965, 1978) und ein kritischer Artikel (1995) über Dr.Michel gefunden.
119)
Der "Schleswig-Holsteiner" würdigte ihn 1937. 120)
Das Amtsblatt "Dortmunder Bekanntmachungen" ehrte ihn anläßlich
seines 80.Geburtstages.
28 Lebensabend 1965-1978
Dr.Michel trennte sich in den 50er Jahren ohne offizielle Scheidung
von seiner Ehefrau und zog zu einer befreundeten Dame.
Er starb am 4. Juni 1978 in Schleswig und wurde zur See bestattet.
Seine Frau entschlief 1989 und fand ihre letzte Ruhestätte in einem
anonymen Grab auf dem Michaelisfriedhof. 121)
EIN MÖGLICHER BEWEGGRUND FÜR DR.MICHELS HINWENDUNG ZUM NATIONALSOZIALISMUS:
DIE SUCHE NACH DEM FÜHRER
Im folgenden soll versucht werden, Dr.Michels Beweggründen für
seine schließliche Hinwendung zum Nationalsozialismus auf die Spur
zu kommen, und zwar anhand seiner Artikel und besonders seiner Gedichte.
Das Ergebnis sei hier vorweggenommen: ein Grund war offensichtlich Dr.Michels
Suche nach einem Führer, dem er folgen konnte und den er schließlich
in Adolf Hitler fand. - Schon 1925 anläßlich der Reichspräsidentenwahl
suchte Michel unter den Kandidaten nach einer Führerpersönlichkeit,
folgte einigen zeitweilig, aber verwarf sie dann wieder.
29.1 "Der schwarz-weiß-rote Redaktör"
Nach dem Tode des Reichspräsidenten Friedrich Ebert (SPD) im Jahre
1925 entbrannte der Wahlkampf um seine Nachfolge, in dem sich Dr.Michel
persönlich sehr engagierte.
Durch drei Schmähgedichte Dr.Michels herausgefordert 122), revanchierte
sich die "Schleswiger Volkszeitung" am 25. April 1925 folgendermaßen:
"Der schwarz-weiß-rote Redaktör.
Er flattert hin, er flattert her,
Der schwarz-weiß-rote Redaktör.
Zunächst hat er Eckner zum Präsidenten erkoren,
Dann Jarres, dem teutschesten, Treue geschworen.
Doch dieser (für Deutschland welch ein Glück)
,starb´ an Versackungspolitik.
Drauf - kaum 12mal rundet der Zeiger die Uhr -
Preist er Hindenburgs Kandidatur.
Er, Hindenburg, Feldmarschall und Ritter zugleich,
Bringt uns auf Erden das Himmelreich.
Marx? Ne! Ins Fegefeuer führt der uns hinein.
Drum kann er unser Erlöser nicht sein!
Und gläubig liest Tantes Leserschar (s. Erkl.),
Was ihr ein hoher Geist gebar.
Die Armen, die Blinden, sie merken es kaum.
Daß alles, alles nur Seifenschaum!
Und immer flattert er hin und her,
Der schwarz-weiß-rote Redaktör.
Ich wette, eh´ dreimal gekräht der Hahn,
Hat er auch Hindenburg abgetan!"
Die Volkszeitung karikierte hier sehr treffend Dr.Michels wichtigsten Charakterzug,
weshalb er genauer analysiert werden soll.
Mit "Marx" war der ehemalige Reichskanzler Wilhelm Marx (Zentrum)
gemeint.
29.2 Dr.Hugo Eckener
Der Flensburger Journalist und Luftschiffkonstrukteur Dr.Hugo Eckener
überführte 1924 den Zeppelin LZ 126 als Reparationsleistung in
die USA.
Damit gelang ihm als Erstem die Atlantiküberquerung mit einem Zeppelin.
123)
In Manhattan ehrte man ihn mit einer Konfettiparade, und Präsident
Hoover begrüßte ihn als einen "modernen Columbus".
Am 27. September 1924 zitierte Dr.Michel den Korrespondenten der französischen
Zeitung "Quotidien" so:
"Dieser Mann ist ein Führer.
Als er mit mir durch die Werkstätten geht, kennt er jeden Arbeiter
bei Namen und alle scheinen ihm zu vertrauen.
Eckener ist groß, seine Schultern sind breit, er hat eine hohe Stirn,
längliches Gesicht, klar grüngraue Augen, der Kopf ist der eines
stolzen Asketen, wie Holbein ihn gemalt haben würde."
Am 3. März 1925 fand sich dann auch als Schlagzeile in den SN:
"Wer wird Reichspräsident? Unsere Parole: Dr.Eckener!"
Doch befand sich Dr.Michel mit seinem Aufruf für Dr.Eckener (noch)
in einer Minderheit.
1931 bestätigten die Leser der führenden italienischen Tageszeitung
"Corriere della Sera" Dr.Eckeners Popularität, indem sie
ihn zur bekanntesten Persönlichkeit der Welt wählten.
Ein Jahr später wollten SPD und Zentrum von seinem Rang profitieren,
indem sie ihm die Kandidatur als Reichspräsidenten antrugen, was dieser
aber nur unter der Bedingung angenommen hätte, wenn von Hindenburg
nicht mehr kandidiert hätte. 124)
29.3 Dr.Karl Jarres
Im ersten Wahlgang errang Dr.Karl Jarres (DVP) die relative Mehrheit
mit 10 Millionen Stimmen.
Dr.Michel hob ihn am 30. März 1925 mit folgenden Worten auf den Schild:
"Den Führer, nicht den Parteimann!
Den Träger des nationalen Willens, nicht den Knecht der Parteischablone!
Die Stunde wird kommen, bald schon!
Und darum mit aller Kraft vorwärts, den Weg zu bereiten dem deutschen
Führer im deutschen Staate!
Haltet fest an Dr.Jarres!"
29.4 Paul von Hindenburg
Dr.Jarres trat aber zugunsten von Paul von Hindenburg (parteilos) zurück,
was Dr.Michel am 25. April 1925 wieder mit einer Schlagzeile begleitete:
"Auf zum Sieg für Hindenburg!" Anläßlich seines
Schleswig-Besuchs begrüßte ihn Dr.Michel 1927 auf der Titelseite
mit einem Gedicht. 125)
29.5 Bogislav von Selchow
Was der "Dichter" der "Schleswiger Volkszeitung" nicht
wissen konnte, war, daß Dr.Michel schon vor Dr.Eckener eine Leitfigur
verehrte, nämlich Bogislav von Selchow, einen Marineoffizier aus dem
Ersten Weltkrieg.
Michel lernte ihn während seines Studiums in Marburg kennen.
von Selchow tat sich in Marburg dadurch hervor, daß er anläßlich
des Generalstreiks im März 1920 das "Studentenfreikorps Marburg"
(Stukoma) aufstellte und in Thüringen gegen streikende Arbeiter einsetzte.
Auf Grund seines Befehls wurden zwölf Gefangene bei ihrem "Fluchtversuch"
erschossen. 126)
Dr.Michel schrieb über diesen Mann im Jahre 1922 so:
"Aesthetentum und Härte. Bemerkungen zum Schaffen Bogislav v.
Selchows ...
Mit Recht fordert Oswald Spengler von der Kunst der Zukunft:
,Römische Härte ist es, was jetzt in der Welt beginnt.
Für anderes wird bald kein Raum mehr sein´ ...
Der lyrische Erfüller dieser Forderung scheint Bogislav von Selchow
zu werden ...
Wer mit ihm in Berührung kam, wer ihn erlebte ...,
der wußte es: eine überragende Persönlichkeit ...
Männer wie er geben Mut zu neuem Glauben an die Zukunft des deutschen
Volkes." 127)
29.6 Adolf Hitler
Hans Flatterich schaute weit voraus, als er den Refrain schrieb:
"Und immer flattert er hin und her,
Der schwarz-weiß-rote Redaktör.
Ich wette, eh´ dreimal gekräht der Hahn,
Hat er auch Hindenburg abgetan!"
Denn am 3. März 1932 lasen die Schleswiger Dr.Michels Erlebnisse von
der Hitler-Kundgebung in Hamburg anläßlich der Reichspräsidentenwahl:
"Zum letzten, - kritischen, ablehnenden oder restlos bejahenden -
Verständnis aber gelangt nur derjenige, der den Schöpfer und
Führer der NSDAP selber hört und erlebt.
Und ein großes Erlebnis ist es immer und in jedem Fall, für
den Abseitsstehenden wie für den längst überzeugten Nazimann
...
Es ist eine innere Besessenheit, die sich aus ihm kundtut, ein bergeversetzender
Glaube an Deutschland und seine Mission, und mir scheint, daß da
nicht einer spricht, der eine vorbereitete Rede halten will, sondern daß
es aus ihm spricht ...
Hitler verabschiedet sich und sein Weg ist eine schöne Art Spießrutenlaufen
durch einen ehrlichen Jubel seiner Getreuen, durch einen tausend.- und
abertausendfachen Jubel, wie ihn das kühle, zurückhaltende Hamburg
wohl nie zuvor vernommen hat, durch einen Jubel, an dem auch diejenigen
in deutschen Landen nicht achtlos vorübergehen können, die nicht
in der Bewegung Adolf Hitlers stehen."
Jetzt war Adolf Hitler sein endgültiger Führer geworden.
Dr.Michel unterstützte ihn seitdem bedingungslos und nahm sogar das
zeitweilige Verbot seiner Zeitung in Kauf.
Die Suche nach dem männlichen Vorbild
30.1 Überblick über die Gedichte
264 Gedichte lassen Dr.Michel als einen fleißigen Lyriker erscheinen.
Sie verteilen sich auf vier Gedichtbände 128) und fünf Zeitungen.
Die Themen seiner Gedichte umfassen alle Lebensbereiche.
Kindergedichte gehören zu seinen Stärken, Humor läßt
er vermissen.
Zehn Gedichte wurden vertont und zwar von Otto A. Buschta, Walrad Guericke,
Willy Hansen, Christian Lübeck, Elsa Rademacher, Ili Schubert und
Johannes Stert.
Anläßlich des 23. Niedersächsischen Bundessängerfestes
1926 in Schleswig schrieb Willy Hansen die Partitur für den Begrüßungschor,
während Dr.Michel die Verse verfaßte. 1960 und 1977 wurde Dr.Michels
"Frühlingsabend an der Schlei" vorgetragen. 129)
30.2 "Mutter"
1943 verließ Dr.Michels Gedichtband "All Unser Leben"
die Rigaer Druckerei.
Besondere Aufmerksamkeit verdient hierin der Zyklus "Die Lebensalter".
Die Gedichte lauten: "Mutter - Werdende Mutter - [Vornamen der Tochter]
- [Vornamen des Sohnes] - Das Kind - Kinderneugier - Wiegenlied - Tick-Tack
- Spiel, mein Kind, spiel - Hansels Wiegenlied - Der Knabe - Junges Mädchen
- Der Jüngling - Wunsch des Paten - Der Greis".
Das "Mutter"- Gedicht hat folgenden Wortlaut:
"Du stehst so hoch,
viel höher, als wir alle stehen.
Du bist unendlich wie das träumetiefe Meer.
Du lehrtest sorglich mich die ersten Schritte gehen,
und deine Hand, die gab und gibt, wird niemals leer.
Ja, deine werkgewohnten Hände sind wie Segen
und strömen Güte, starken Trost und Zuversicht.
Sie haben tausendmal auf meiner Stirn gelegen,
bis alle Not sich wandelte zu hellem Licht.
Aus deiner Seele Schoß wächst ewig neue Liebe,
und unaufhörlich sinnst du Gutes Tag und Nacht:
Für andre alles, für dich selbst nur, was noch bliebe! ...
Dein Wohltun ist ein unergründlich tiefer Schacht.
Und immer bist du um mich, gibst mir Heimatruhe,
wenn Unrast in mir brandet, Kampf und schwere Zeit.
Die Wunder deiner Liebe wölben sich zur Truhe,
auf die der Himmel lauter gold´ne Kronen reiht.
Du stehst so hoch, viel höher als wir alle stehen.
Dein Tun ist von Gott selbst die auferlegte Pflicht.
Durch alle meine Stunden wird dein Atem wehen.
Ich weiß: er fleht für mich und betet, fromm und schlicht."
(Vertont von Christian Lübeck)
Unschwer sind eine starke Mutterbindung und Parallelen zur Marienverehrung
erkennbar.
Das Bild, das Dr.Michel von seiner Mutter entwarf, könnte aus der
Sicht eines Kindes verständlich wirken, aber aus der Feder eines 48-jährigen
Mannes ist es doch ungewöhnlich.
1958 - Dr.Michel war bereits 63 Jahre alt - veröffentlichte er ein
ähnliches Mutter-Gedicht. 130)
Um sich zu einer unabhängigen Persönlichkeit entwickeln zu können,
bedarf es gegenüber der Mutter eines männlichen Widerpartes,
der normalerweise durch den Vater repräsentiert wird.
Bei der Betrachtung des Zyklus "Die Lebensalter" fällt jetzt
umso mehr das Fehlen eines Gedichtes auf, das den Namen "Der Vater"
tragen müßte.
In seinem 1960 erschienen Band "Stunden der Besinnung" wiederholte
Dr.Michel diesen Zyklus, wobei auch hier "Der Vater" fehlte.
Die Zeitungsrecherchen förderten zutage, daß die Urform des
Zyklus bereits verstreut in den SN der Jahre 1928-1929 zu lesen war:
"Mutter - Das Kind - Der Knabe - Der Jüngling - Der Mann - Werdende
Mutter - Der Greis". Hier stand der männliche Widerpart, aber
mit was für einem Gedicht:
30.3 "Der Mann
Die Welt ist Dir ein Fels,
aus dem Du mit bewußter Kraft
den Trunk schlägst für Dein wolkenüberspanntes Wirken.
Du schürfst in tiefen Stollen,
da der Springquell Gottes klafft
und schwingst den Hammer königlich in den Bezirken,
die widerspenstig trotzen wie der Elemente Chor.
Du zwingst sie Dir zu eigen, kühner Vorwärtsschreiter,
und baust von Ungewiß zu Ungewiß das Zukunftstor
wenn Du Dich gibst als reifer Schöpfer und Geweihter.
Und manchmal irrst Du ab vom Wege zu der schwachen Zeit
in die Verknechtung wunderloser Menschenstunden.
Du bettest Deine Zweifel in die Weltzerrissenheit
und glaubst Dich müde Deinem innern Ziel entbunden.
Doch greift zum neuen Mal Dein starker Arm den Erdenpflug:
Du gibst dem Halbgetanen wieder Sinn und Wendung
und führst Dein Such-Erleben, das der Allmacht Spuren trug,
zu einem Sieg der schaffenden Vollendung." 131)
Dr.Michel entwirft hier das Bild eines Halbgottes, in dem sich kein Mann
wiedererkennen kann.
30.4 Mann = Führer
Anläßlich des 45. Geburtstages von Adolf Hitler schmückte
Dr.Michel die erste Seite der SN mit einem Bild des Führers. 132)
Unter dieses Bild setzte er das "Der Mann" - Gedicht ohne Überschrift.
Die erste Zeile begann mit "Deutschland ist Dir ein Fels ...".
Die nur hier kursiv gedruckte Strophe ließ er weg.
Es wurde mit "Fritz Michel" gezeichnet. Später druckte er
es noch dreimal ab unter dem Titel "Der Führer". 133)
30.5 Zusammenfassung der Gedichtinterpretationen
Fritz Michel wuchs unter der liebevollen Obhut seiner Mutter auf, die
er abgöttisch liebte.
Sein Vater spielte in seinem Leben überhaupt keine Rolle, weil dieser
sich entweder nicht um ihn kümmerte oder weil die Mutter den Sohn
vom Vater isolierte. 134)
Dies schlägt sich auch in einer Statistik nieder:
Das Wort "Mutter" mit all seinen Ableitungen kommt in seinen
Gedichten 35-mal, das Wort "Vater" aber nur 12-mal vor, wobei
der Bezug zum eigenen Vater immer fehlt.
In seinem Suchen nach einem männlichen Vorbild fand Dr.Michel Idole
wie von Selchow, Dr.Eckener, Dr.Jarres und von Hindenburg.
Wie ein Mann in seinen Augen aussehen müßte, beschrieb er 1929
in dem Gedicht "Der Mann", der nicht die geringste Ähnlichkeit
mit einem realistischen "Mannsbild" hat.
Dieses Gedicht widmete er 1934 Hitler, den er bis 1945 als "die"
männliche Identifikationsfigur schlechthin ansah.
31 Würdigung
Zwielicht fällt auf Dr.Fritz Michel.
Es wird aus mehreren Quellen gespeist:
Der fehlende Eintrag seiner Dissertation im Katalog der Universität
Marburg, die lebenslange, wissentlich falsche öffentliche Behauptung,
er habe 1920 das Staatsexamen absolviert 135) und drei weitere falsche
Aussagen zum beruflichen Werdegang.136)
Seine journalistische Arbeit in Kassel 1921/22 war tadellos.
Das Urteil des parteilosen schleswig-holsteinischen Regierungspräsidenten
Dr.Abegg 137) über Dr.Michels Arbeit in Schleswig von 1923 bis 1929
fiel hingegen sehr kritisch aus.
Mit seiner journalistischen Arbeit in den 20er und 30er Jahren fügte
Dr.Michel der jungen Demokratie Schaden zu.
Seit Ende 1929 unterstützte er den Nationalsozialismus.
Seine erste Unterschrift unter einem antisemitischen Beitrag fand sich
1932.
Von 1933 bis 1944 schrieb er als ein politisch linientreuer Journalist.
Er setzte sich für Kollegen ein, die wirtschaftlich und politisch
in Schwierigkeiten gekommen waren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verhielt er sich unauffällig.
Wie sah er rückblickend sein Verhältnis zum Nationalsozialismus?
Im Gedicht "Passion 1945" schrieb er:
"Millionen, die ein reiner Glaube trog,
vergehen in dem unbarmherz´gen Sog
des Strudels von Verzweiflung,
Hunger, Frost und Regen." 138)
32 Bildernachweis
Abb.1: Dank an Frau Eva Nagel
Abb. 2, 6: BSSt, 12, 1967, S. 73
Abb. 3: Bunndesarchiv - Dr. Michel
Abb. 4: Dank an Frau Goda Flatterich, Schleswig
Abb. 5: Abegg, Waldemar: Eine Reise um die Welt im Jahre 1905. Westermann,
Braunschweig 1988, S.35
Abb. 7: Dank an Frau Pia Hesse, schleswig, Tochter von Carl Schäfer
Abb. 8, 9: Nachlaß Hans Friedrich Bluck, Landesbibliothek in Kiel
Abb. 10: Siehe Anmerkung Nr. 128
33 Anmerkungen
1. SN, 23.6.1933
2. SN, 19.4.1934
3. "Sprechsaal" nannte man damals die Leserbriefecke einer Zeitung
4. "Pg."= Parteigenosse
5. SN, 1.2.1937
6. Brief an Dr. Hans Friedrich Blunck vom 5.11.1933, Nachlaß in Landesbibliothek
Kiel
7. Dr. Michels Vorwort zu seinem 1960 erschienen Gedichtband "Stunden
der Besinnung"
8. Schreiben der Georg-August-Universität Göttingen vom 26.5.1999
an den Verfasser
9. Schreiben der Universitätsbibliothek Marburg vom 20.5.1999 an den
Verfasser
10. Siehe die Bilder von Dr. Michel; Entnaz.-Akte von Dr. Michel; am 18.5.1999
bat der Verfasser in einem Schreiben die Burschenschaft Arminia um Bestätigung
von Dr. Michels Mitgliedschaft, erhielt aber keine Antwort
11. Promotionsakte, Staatsarchiv Marburg, Bestand 307d, acc. 1932/ 51,
Nr. 276
12. Persönliche Auskunft von Frau Prof. Dr. Schober, em. Romanistin
in Berlin
13. Siehe Anmerkung "Promotionsakte"
14. SN, 6. 6.1978
15. Siehe Anmerkung "Universitätsbibliothek Marburg"
16. Staatsexamensakte, Staatsarchiv Marburg, Bestand 309 d, acc. 1954 /17,
Nr. P.852
17. Ebenda
18. Seine bekanntesten Werke sind: Kobbe, Carl-Friedrich: Salamander soll
glühen, Phantastische Erzählungen, München 1948; Kobbe,
Carl-Friedrich: Zwischen den Zeiten: Hamburger Theater 1930, Hamburg 1930
19. SN, 13.10.1928
20. Wegen der Ähnlichkeit der Parteinamen hier zur groben Unterscheidung
von DNVP und DVP zwei von vielen Punkten: Die DVP war staatstragend, die
DNVP stand der demokratischen Staatsform ablehnend gegenüber. Die
DNVP war antisemitisch, die DVP nicht. Bekanntester Vertreter der DVP war
der Reichskanzler und Außenminister Dr. Gustav Stresemann, bei der
DNVP war es der Zeitungsmogul Alfred Hugenberg
21. Bödewadt soll laut Vollertsen während des Kapp-Putsches eine
Handgranate auf eine Gruppe von Arbeitern und Soldaten geworfen haben.
Der Verfasser hält Vollertsens Quelle für unglaubwürdig.
Grund: Hätte sich dieser spektakuläre Vorfall wirklich so zugetragen,
so müßte es dafür Bestätigungen geben, was aber nicht
der Fall ist. Vollertsen, Nils: Der Kapp-Putsch in Schleswig 13. - 20.
März 1920. BSSt, 24, 1979, S. 152, 156 22. BSSt, 12, 1967, S. 71-72
23. Reimers, August: Das Husarenregiment Kaiser Franz Joseph von Österreich,
König von Ungarn (SchleswigHolsteinisches) Nr. 16 sowie Reserve-Husaren-Regiment
Nr. 7 und Reserve-Kavallerie-Abteilung Nr. 80, Berlin 1937
24. Institut für Deutsche Adelsforschung, Claus Bill, Owschlag. Listen
aller adeligen deutschen Namen auf seiner website: http://www.edelleute.de
25. SN, 3.10.1929 bis 12.10.1929
26. Mündliche Information von Herrn Christian Loefke in Dortmund am
19.12.1999; Brief von Frau L. aus D. an den Verfasser vom 26.3.2000
27. Heller, Peter / Wernecke, Klaus: Der vergessene Führer, Alfred
Hugenberg: Pressemacht u. Nationalsozialismus, Hamburg 1982; Basse, Dieter:
Wolff's Telegraphisches Bureau 1849 bis 1933: Agenturpublizistik zwischen
Politik und Wirtschaft, Reihe: Kommunikation und Politik 21, München
1991
28. Es existierten noch Blätter wie "Erfder Zeitung" (1926-1935),
"Schleswig-Holsteinische Landpost" (1926) und "Süderbraruper
Tageblatt" (1931) als Kopfblatt (S. Erkl.) der "Rendsburger Tagespost",
die der Verfasser aber nicht gesehen hat. Abt.301 Nr. 5816, 5817, 5818
29. LAS Abt.309 Nr. 8534, Abt. 309 Nr. 12617, Abt.301 Nr. 5816
30. Auskunft der SN-Redaktion am 29.1.2001
31. SN, 9.9.1924
32. Hinrichsen war von Beruf Steuerberater
33. Nach dem Krieg zeigte der Installateur Wilhelm Zimmermann Dr. Michel
wegen schwerer Geschäftsschädigung an. Dr. Michel schob die Verantwortung
auf seinen Stellvertreter Franz Götke. Siehe dazu das Kapitel "Anprangerungen"!
34. SN, 5.12. und 9.12.1935
35. SN 13.4.1931
36. LAS Abt. 309 Nr. 12617
37. LAS Abt. 309 Nr. 731 I, LAS Abt. 354 Nr. 392, LAS Abt. 309 Nr. 12618
38. Clausen, Hermann: Der Aufbau der Demokratie in der Stadt Schleswig
nach den zwei Weltkriegen, Flensburg 1966,S.33 39. Ueck, Almut: Die politische
Entwicklung in Schleswig 1929-1934. Wissenschaftliche Hausarbeit für
das Lehramt an Gymnasien,1984, S. 7
40. Abt.309 Nr. 35276
41. Pedersen war seit 1.8.1933 Lehrer in Schleswig. Dank an Herrn Rene
Rasmussen, Forskningsafdelingen ved Dansk Centralbibliotek for Sydslesvig
i Flensborg. Daß Pedersen "Der Schleswiger"-Korrespondent
war, liegt sehr nahe, ist aber nicht bewiesen
42. Der Schleswiger, 7.10.1933; SN, 6.10.1933
43. SN, 2.5.1931 bis 5.5.1931
44. Rene Rasmussen: "Man lernt zu denken und zu schweigen". "Flensborg
Avis" - eine Quelle alternativer Information? In: Zwischen Konsens
und Kritik. Flensburger Beiträge zur Zeitgeschichte Band. 4, 1999,
S. 269-307
45. Ueck a.a.O. S. 6
46. Siehe das Kapitel "Konkurrenz durch die ,Flensburger NachrichtenÒ
47. Ueck a.a.O. S. 7
48. LAS Abt.309 N r. 8534
49. Sie hieß dann "Wegweiser für Gehörlose".
Bibliothek der "Staatlichen Internatsschule für Hörgeschädigte"
in Schleswig. Gedruckt wurde die Zeitung bei Heinrich Maas in Schleswig
50. SN, 13.6.1909, 13.2.1919, 1.9.1922, 5.1.1923
51. SN 10.3.1937
52. Für diese Erklärung dankt der Verfasser Herrn Bernd Philipsen
von den SN.
53. Am 16.1.1926 nahm der Rundfunksender Kiel seinen Betrieb auf.
54. SN, 2.1.1929: Anzahl der Rundfunkteilnehmer in den Jahren 1924: 31,
1925: 102, 1926: 279, 1927: 527.
55. Zum Beispiel: "Fritz Michel / Für Robert Walter", SN,
27.10.1928
56. SN 19.3.1929, 23.3.1929
57. seit 23.6.1930 SN; diese Artikelserie war nicht namentlich gezeichnet,
aber in einem Lebenslauf im Bundesarchiv bekannte sich Dr. Michel zu ihrer
Urheberschaft
58. SN, 25.4.1931, 17.3.1932; NR, 24.9.1940; Buch: Westen ohne Schminke
1940, DZO, 19.2.1942, 8.8.1943, SN, 9.10.1955, 13.1.1961, 6.8.1961, 10.7.1962,
30.7.1963, 17.7.1964
59. SN, 8.3.1923, 29.6.1923, 22.11.1923
60. Christiansen, Theo.: Schleswig 1836-1945. Schleswig 1973, S. 69
61. Hierzu gehörte insbesondere Hermann Clausen. Aber auch der NS-Protagonist
Dr. Adolph Herting besuchte nach dem Krieg dänische Sprachkurse. Herting,
Dietrich: Dr. Adolph Herting - nicht nur ein Schleswiger Leben. BSSt, 42,
1997, S. 117
62. SN, 26.5.1955 "Vor der Wahl klang es anders"
63. SN, 31.7.1931; Jette D.Söllinge og Niels Thomsen: De Danske Aviser
1634-1989, Odense 1989, S. 655
64. Clausen a.a.O. S. 34
65. deutschsprachige Transskription von "bourgeois" = bürgerlich
66. Wortspiel mit "Tante" (S. Erkl.) und "Dantons Tod"
von Georg Büchner (1835)
67. SN, 29.7.1932
68. Clausen a.a.O. S. 120
69. Ueck a.a.O. S. 4, 7
70. Kardel, Harboe: Mein Schleswiger Tagebuch. BSSt, 27, 1982
71. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 18, 1975, S. 256
72. SN, 3.7.1925; VZ, 4.7.1925
73. SN, 26.11.1924
74. LAS Abt. 301 Nr. 4503
75. Das Reichsbanner ging 1931 in der "Eisernen Front" auf
76. VZ, 29.8.1927
77. seit 21.11.1871, LAS 309 Abt. 731 II
78. "M." = Marie; Inhaberin war Wilhelmine Johannsen
79. LAS Abt. 301 Nr. 4504
80. "1920 zählte man in Schleswig-Holstein 75 Zeitungen, in 11
Orten gab es zwei und mehr Blätter. Mit Abstand am auflagenstärksten
waren um 1925 die der rechtsextremen DNVP nahe stehenden "Kieler Neuesten
Nachrichten" mit 65.000 Exemplaren." Danker, Uwe: Die schleswig-holsteinische
Zeitungslandschaft im 20. Jahrhundert. SN, 30.10.1999
81. Flensburger Nachrichten, 3.6.1929, SN ab 6.6.1929
82. Im Jahre 1925 gab der damalige schleswig-holsteinische Regierungspräsident
Dr. Adolf Johanssen folgende Beurteilung über den 48jährigen
Dr. Waldemar Abegg ab: "Dr. A. ist ein besonders befähigter,
kenntnisreicher Beamter. Er verbindet mit kluger Zurückhaltung die
Fähigkeit wohldurchdachter und energischer Förderung der als
wichtig erkannten Aufgaben, beherrscht mustergültig Wort und Schrift
und versteht auch den schwierigen Verhältnissen, wie sie die vielköpfige
Beamtenschaft mit sich bringt, durch sachliche Ruhe gerecht zu werden.
Ich halte ihn durchaus geeignet zur Wahrnehmung der Geschäfte eines
Regierungspräsidenten." Schleswig-Holsteinisches Biographisches
Lexikon. Band 3, Neumünster 1974, S. 13-14: Artikel "Abegg"
von Walter Alnor; Bild S. 208
83. Die jüdischen Gebrüder Barmat sollen Kriegsgewinnler in Lippe-Detmold
gewesen sein
84. LAS Abt. 301 Nr. 4505; SN, 11.6.1960
85. SN, 21.12.1936
86. LAS Abt. 460 ung. Geschäftszeichen 312 /44085. Entnaz.-Akte von
Wilhelmine Johannsen
87. Clausen a.a.O. S. 46
88. SN, 18.2.1932
89. SN, 14.11.1923
90. SN, 24.7.1929
91. SN, 17.9.1929
92. SN, 23.3.1932; Ritter, Falk: Adolph Herting (1896-1987), Schleswigs
zweiter nationalsozialistischer Bürgermeister. BSSt, 44, 1999, S.
91, 92
93. Nur eines von vielen Beispielen: SN, 26.9.1933. Der ausführliche
Erlebnisbericht des Schleswiger Zahnarztes Dr. Johannes Trahn vom Reichsstahlhelmführertag.
Dr. Trahn war Kreisführer des Stahlhelms
94. s. Anm. 92
95. SN, 22.1.1925, 4.2.1925, 26.9.1925
96. Sein richtiger Name lautete: Franz Neugebauer. Er war Telegraphenoberinspektor,
Stadt- und Kreistagabgeordneter der DVP und deren Vorsitzender. Clausen
a.a.O. S. 87
97. SN, 24.8.1927 bis 29.8.1927; VZ, 30.8.1927
98. SN, 23.3.1932
99. SN, 1.4.1933
100. Langemarck-Bekenntnis: Langemarck ist ein deutscher Soldatenfriedhof
bei Ypern (Belgien) aus dem Ersten Weltkrieg. Dort stürmten deutsche
Soldaten mit dem Deutschlandlied auf den Lippen in den Tod
101. "Der Schleswiger", 26.6.1933
102. SN, 24.6.1933
103. Kirchenkreisamt Schleswig, Dom, Copulationen, Nr. 29, 12.8.1924
104. SN, 25.6.1934
105. VZ, 9.1.1929, SN, 27.6.1929, 12.9.1929
106. Reincke, Edith: Ein antijüdisches Plakat. In: Radtke, Christian,
Gesprächskreis Erzählte Geschichte (Hrsg.), Schleswig im Nationalsozialismus,
Zeitzeugenberichte 2, Schleswig 1998, S. 14
107. SN, 12.10.1927 Glossen; VZ, 27.10.1927; SN, 28.10.1927; VZ, 29.10.1927
108. VZ, 29.12.1932
109. Nachlaß von Dr. Hans FrieUrich Blunck in der Landesbibliothek
Kiel
110. Persönliche Auskunft von seinem Sohn Herrn Joachim Meyer-Quade
111. Handrack, Hans-Dieter: Das Reichskommissariat Ostland. Die Kulturpolitik
der deutschen Verwaltung zwischen Autonomie und Gleichschaltung 1941-1944,
Hann. Münden 1981, S. 194-196
112. Rüdel, Holger: Einst pries er die Bücherverbrennung. SN,
26.6.1995
113. Maurina, Zenta: Die eisernen Riegel zerbrechen. Memmingen 1979, S.
200, 310, 311. Larix [lat.] = die Lärche
114. Der SSW wurde 1955 von der 5%-Klausel befreit
115. SN, 8.12.1962, 30.8.1963
116. Noch heute existierende Vereinigung deutscher, niederländischer
und belgischer Dichter und Schriftsteller
117. Michel, Fritz: 75 Jahre Gebrüder Rasch AG, Flensburg 1958
118. SN, 21.12.1936
119. SN, 21.12.1936, 6.1.1937, 31.3.1965, 1.4.1965, 16.12.1965, 6.6.1978,
26.6.1995
120. Der Schleswig-Holsteiner, Grenzlanddeutsche Monatshefte für Politik
und Kultur. 18.Jahr, Heft 4, April 1937, S. 1 121. Auskunft der Stadt Flensburg
vom 15.3.2001; KKA Schleswig
122. SN, 1.4.1924, 23.4.1925, 24.4.1925
123. Schleswig-Holsteinisches Biographisches Lexikon. Band 3, Neumünster
1974, S. 90-92: Artikel "Hugo Eckener" von Gerhard Timmermann
124. SN, 27.5.2000
125. SN, 30.5.1927
126. Bogislav von Selchow: Hundert Tage aus meinem Leben. Leipzig 1936
127. "Westfälische Zeitung" Bielefeld, 11.12.1922; siehe
auch SN, 12.12.1936 "Hundert Tage aus sechzig Jahren"
128. "Fluren und Gesichte" 1922, "All unser Leben"
1943, "Blühe Baum, blühe" 1943, "Stunden der Besinnung"
1960 129. LAS 422.11. Nr. B1; SN 5.7.1926; Beck, Hans und Sürig, Friedrich:
Zur Geschichte der Schleswiger Singvereinigung von 1927. BSSt, 23, 1978,
S. 153, 156
130. SN, 26.1.1958
131. SN, 4.5.1929
132. SN, 19.4.1934
133. NR, 11.4.1938; DZO, 30.1.1942; Gedichtband "All unser Leben"
1943
134. Eine Scheidung der Eltern könnte dies erklären. Da die Familie
von Dr. Michel jegliche Auskunft verweigerte, bleibt die Antwort auf die
Frage "Warum?" unbeantwortet.
135. SN, 6.1.1937; Lebenslauf vom 20.5.1940 - Bundesarchiv; Klappentext
seines 1960 erschienen Gedichtbandes "Stunden der Besinnung";
SN, 12.7.1962 "Amburgo-Tremezzo 1197 km"
136. Studium von Italienisch und Spanisch in Kapitel 3; "zwanzig"
Jahre Pressearbeit 1928 in Kapitel 4; "von Czernitzki" in Kapitel
5
137. LAS Abt. 301 Nr. 4505
138. Gedichtband "Stunden der Besinnung" 1960
34 Abkürzungen
BO) Akten des Bundesarchivs Berlin über Dr.Michel an den Verfasser
am 22.9.1999 Gesch.-Z: R1b-99/D - aus dem ehemaligen Document Center -
"Oberstes Parteigericht der NSDAP"
BP) Akten des Bundesarchivs Berlin über Dr.Michel an den Verfasser
am 22.9.1999 Gesch.-Z: R1b-99/D - aus dem ehemaligen Document Center -
"Parteikorrespondenz"
BR) Akten des Bundesarchivs Berlin über Dr.Michel an den Verfasser
am 22.9.1999 Gesch.-Z: R1b-99/D - aus dem ehemaligen Document Center -
"Reichsschrifttumskammer"
BSSt Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte DZO "Deutsche Zeitung
im Ostland" in Riga
E) Entnazifizierungsakte von Dr.Fritz Michel, LAS Abt. 460.12 Nr. 196 LAS
Landesarchiv von Schleswig-Holstein in Schleswig
NR "Nordische Rundschau" in Kiel
SN "Schleswiger Nachrichten"
VZ "Volkszeitung"
35 Erklärungen
Kopfblatt: So nannte man damals die Regionalausgabe einer Zeitung
Tante: Der Schleswiger Redakteur der Volkszeitung Hans Flatterich nannte
die SN "Die Tante", nach dem Spitznamen "Tante Minchen",
den die Verlegerin der SN Frl. Wilhelmine Johannsen trug.