Dr.Fritz Michel 1895-1978
Hauptschriftleiter der "Schleswiger Nachrichten" 1923-1937, 1949-1965

Bücherverbrennungen siehe Kapitel 16


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Veröffentlicht:
Ritter, F.: Dr.Fritz Michel 1895-1978, Hauptschriftleiter der "Schleswiger Nachrichten" 1923-1937, 1949-1965. Beiträge der Gesellschaft für Schleswiger Stadtgeschichte 46, 2001, S. 121-155.

1 Einleitung
Dr.Michels Wirken erfuhr in den bisherigen stadtgeschichtlichen Veröffentlichungen nur punktuelle Aufmerksamkeit.
Im Gedächtnis mancher Schleswiger haften vor allem seine Teilnahme an der Bücherverbrennung auf dem Stadtfeld 1) und das Adolf Hitler gewidmete Gedicht.
2) Die Nationalsozialisten verdankten ihm viel, wie der ehemalige NSDAP-Bürgermeister Dr.Herting 1937 ausführte:
"Eine große Hilfe wurde uns 1931, als die "Schleswiger Nachrichten" begannen sich für die Bewegung aktiv einzusetzen.
Seitdem konnte ich mich nach Herzenslust im Sprechsaal 3) und in Eingesandtes austoben und Pg. 4) Michel hat mich nach Kräften unterstützt." 5)
Insbesondere interessiert, warum Dr.Michel die NSDAP bereits 1931 unterstützte, obwohl er ihr erst 1933 beitrat.
Die vorliegende Biographie versucht, das ganze Leben von Dr.Michel zu beschreiben, also auch sein Wirken außerhalb von Schleswig.
Ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis von Dr.Michels Denken sind seine Gedichte.
Letztendlich soll diese Arbeit auch einen Beitrag zur Schleswiger Zeitungsgeschichte leisten.

PRIVATES UND DIE "VOR-SCHLESWIG-ZEIT"

2 Elternhaus, Erster Weltkrieg
Fritz Michel erblickte am 17. Dezember 1895 in Dortmund-Aplerbek als Sohn des Lehrers Friedrich Michel und seiner Frau Bertha, geb. Sievert das Licht der Welt.
1911 bekam er noch eine Schwester.
Michel besuchte das Real-Gymnasium in Dortmund-Hörde und legte dort im August 1914 das Abitur ab.
Im Ersten Weltkrieg kämpfte er im Infanterie Regiment 144, das ihn am 1. Januar 1916 wegen eines Schultersteckschusses aus dem Heeresdienst entließ.
Fritz Michel maß schlanke 1,80 Meter. E)
Später litt er an Nierenerkrankungen und weilte zu Kuraufenthalten in Bad Wildungen 6) und Bad Salzuflen. 7)

3 Studium, Promotion und "Staatsexamen" 1916-1920
In Dr.Michels eigenen Lebensläufen tauchen erhebliche Unstimmigkeiten auf.
Im Klappentext seines 1960 erschienenen Gedichtbandes "Stunden der Besinnung" schrieb er beispielsweise über seinen Bildungsweg:
"Infolge schwerer Verwundung nicht, wie er es sich wünschte, stud. med., sondern stud. phil. an den Universitäten Göttingen und Marburg (Französisch, Englisch, Italienisch, Spanisch und Religion). Dr.phil., Staatsexamen u.a. bei Ernst Robert Curtius."
Der Verfasser prüfte dies nach und ist zu anderen Ergebnissen gekommen:
Fritz Michel immatrikulierte sich zuerst in Göttingen 8) und dann in Marburg. 9)
Er belegte Französisch, Englisch und Kirchengeschichte; Spanisch oder Italienisch gehörten nicht zu seinen Fächern.
Als Mitglied der schlagenden Burschenschaft Arminia in Marburg zog er sich auffällige Mensurnarben zu. 10)
Am 22. Dezember 1919 wurde er in Marburg mit der Note "sehr gut" zum Dr.phil promoviert.
Das Thema seiner Arbeit lautet: "Der Gebrauch des Indicativus praesentis im Französischen, sprachpsychologisch erläutert." 11)
Als zeittypisches Thema offenbart es im Untertitel "sprachpsychologisch erläutert" eine durch Sigmund Freud beeinflußte Modeerscheinung. 12)
Fritz Michel dankte Prof.Dr.Eduard Weiberle als seinem Doktorvater 13) und nicht Prof.Dr.Ernst Robert Curtius, wie 1978 in einem Nachruf stand. 14)
Die letzte Spur des handschriftlichen Manuskriptes seiner Dissertation stammte von einer Dortmunder Druckerei, die der Universität Marburg am 17. Dezember 1919 bestätigte, dieses zwecks Drucklegung erhalten zu haben.
Den letzten Termin für die Abgabe der gedruckten Fassung am 11. November 1920 ließ er ungenutzt verstreichen.
Seine Dissertation fand keinen Eingang in den Katalog der Universität Marburg.
In Deutschland führt keine Universitätsbibliothek seine Dissertation, auch nicht das Marburger Staatsarchiv. 15)
Am 4. Februar 1920 meldete er sich zum Staatsexamen.
Als schriftliche Arbeit lieferte er eine französische Übersetzung seiner deutschsprachigen Dissertation ab, wofür er die Note "gut" erhielt, was ihm die Klausur ersparte.
Es folgten drei mündliche Prüfungen am 12.3., 16.7. und 23.7.1920.
Diese Prüfungen und auch eine nachträglich angesetzte vierte Prüfung am 30. Juli 1920 fanden zwar statt, aber im Prüfungsbogen fehlen die Eintragungen über Themen, Prüfer und Benotungen.
Am 10. Dezember 1920 trat Dr.Michel vom Staatsexamen zurück. 16)
Im Jahre 1959 erbat Dr.Michel vom Staatsarchiv Marburg eine Bestätigung seines Staatsexamens, weil seine Urkunde verschollen sei und er sie für seinen Ruhegeldantrag brauche.
1961 erhielt er nach nochmaliger Anfrage den abschlägigen Bescheid, "daß Sie Ihre Prüfung nicht abgeschlossen haben." 17)
Das Staatsexamen war viel wichtiger als der Doktorgrad, denn ohne Examen blieben Dr.Michel alle Türen für eine berufliche Karriere im Staatsdienst verschlossen.
Der fehlende Eintrag seiner Dissertation im Katalog der Universität Marburg verhinderte darüberhinaus auch eine Hochschulanstellung.
Er mußte sich eine Stelle auf dem freien Markt suchen und kam so zum Journalismus.

4 Journalist in Marburg, Kassel und Bielefeld 1921-1923
Für Dr.Michels "erste praktisch-journalistischen Gehversuche" 1919 an der "Oberhessischen Zeitung" in Marburg BP) gibt es keine Bestätigung, weil er weder im Impressum noch sonst namentlich erwähnt wird.
Vom 2.1.1921 bis 29.6.1922 arbeitete Dr.Michel als Redakteur bei der "Kasseler Allgemeinen Zeitung, Hessische Bürgerzeitung für deutsche Art und Arbeit in Stadt und Land".
Seine Bereiche wechselten: innere und äußere Politik, Feuilleton und Sport.
Nur in Kassel berichtete Dr.Michel über Sport.
Hier lieferte er auch seine besten journalistischen Beiträge: Gute, ausgewogene Leitkolumnen und Theaterkritiken.
Vom 1.7.1922 bis 15.2.1923 schrieb er als verantwortlicher Politik-Redakteur bei der "Westfälischen Zeitung" in Bielefeld.
Die politischen Artikel trugen keine namentliche Zeichnung, dafür aber Dr.Michels Beiträge im Feuilleton.
Über seinen beruflichen Werdegang gab Dr.Michel öffentlich nur eine kurze, aber falsche Schilderung:
1928 publizierte er in den SN seinen Briefwechsel mit dem Dichter Friedrich-Carl Kobbe. 18)
In seinem Brief schrieb Dr.Michel: "In den zwanzig Jahren, seit ich der Presse diene, habe ich manchen Mitarbeiter kommen und gehen sehen." 19)
Die Zahl "zwanzig" war ausgeschrieben und nicht als Zahl abgedruckt; somit konnte kein Druckfehler vorliegen.
Dr.Michel arbeitete aber erst seit knapp 8 Jahren als Journalist.

5 Dr.Michels Einstand bei den SN 1923
Seinen Einstand bei den SN beschrieb Dr.Michel 1967 so:
"Tante Minchen - Kleine Züge aus dem Lebensbild einer großen Frau -
An einem kalten Märztag 1923 empfing mich die drastische, massive Geschäftsstellenleiterin der Schleswiger Nachrichten, Henny Klinger, ängstlich und fast mitleidig:
Mannomann! Tante Minchen ist sehr böse, daß Sie nicht längst gekommen sind. Schon drei Tage sind Sie überfällig. Gehn Sie sofort zu ihr nach oben!
Ich ging ... ein rassiger Bully schnuppert an mir.
,Gutes Zeichen, daß mein Hund Sie nicht ablehnt!´ heiserte Fräulein Wilhelmine Johannsen von ihrem eichenen Verlegerschreibtisch aus.
Sie schien mittelgroß, eher klein von Statur, mit - damals ungewöhnlich - kurzgeschnittenem graumeliertem Haar und blauem Rollkragen-Pulli.
Die Inhaberin der ,Schleswiger Nachrichten´ musterte mich kritisch.
Ihr Blick entspannte sich, als ich berichtete, daß ich nach der Besetzung des Ruhrgebiets mit knapper Not der Verhaftung durch die Franzosen entgangen sei.
Die Fahrt in ungeheizten, fensterscheibenlosen Zügen von Westfalen bis Schleswig habe drei Tage gedauert.
Fräulein Johannsen war über die politischen Zusammenhänge genau im Bilde.
Sie richtete noch ein paar interessierte Fragen an mich und lächelte abschließend:
,So ungefähr habe ich Sie mir vorgestellt nach den Empfehlungen Gustav Stresemanns [DVP] 20), der mir auf dem Weg über den alten Schleswiger Husaren, Oberstleutnant von Czernitzki, riet, Ihnen die Nachfolge von Jacob Bödewadts 21) als Hauptschriftleiter der Schleswiger Nachrichten anzutragen.
Sehen Sie sich unseren Betrieb an! Ich muß leider zu einer Sitzung nach Kiel. Alle offenen Fragen besprechen wir heute abend. Kurz vor Mitternacht bin ich wieder hier, auf Gutes miteinander!´" 22)
Helgo Klatt veröffentlichte diese "Empfehlungen" in Heft 12 der Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte. E
inen Husaren namens "von Czernitzki" gab es aber nie in Schleswig. 23)
Darüberhinaus ist eine adelige Familie "von Czernitzki" in Deutschland unbekannt. 24)
Anläßlich des Todes von Dr.Stresemann im Jahre 1929 waren viele Nachrufe in den SN abgedruckt.
Wenn die SN Kontakte mit Dr.Stresemann gepflegt hätten, so hätte man eigentlich schon 1929 etwas darüber lesen müssen. 25)

6 Familie
Am 2. Januar 1924 zeigten "N.P.Schmidt und Frau" aus Süderbrarup "die Verlobung ihrer Tochter Berta mit dem Hauptschriftleiter Herrn Dr.phil.Fritz Michel" an.
Am 12. August 1924 machte das Paar seine Vermählung bekannt.
Die Geburt ihrer Tochter 1928 und die ihres Sohnes 1933 verkündeten sie "In dankbarer Freude".
Dr.Michels Vater starb 1942, seine Mutter 1953 in Dortmund; seine Schwester lebte im Jahre 2000 noch. 26)

7 Freimaurerloge 1923-1932
Der ehemalige kommissarische Kreisleiter der NSDAP Ernst Kolbe in Schleswig schrieb am 17. September 1934 an das oberste Parteigericht in München:
"Als [Dr.Michel] im September 1924 von der Hochzeitsreise zurückkehrte, überraschte ihn sein Schwiegervater ... mit dem ,Hochzeitsgeschenk´, er habe ihn für die Aufnahme in der Loge vorgeschlagen.
Michel hat um des ehelichen Friedens willen die höchst unwillkommene Mitteilung hingenommen und ist dann schließlich auch beigetreten, um das geheimnisvolle Drum und Dran mit eigenen Augen kennen zu lernen." BO)
Dr.Michel trat in die Johannisloge "Carl zur Treue" in Schleswig (Grosse Landes Loge der Freimaurer von Deutschland) ein, erlangte den I. Grad am 1.9.1924, den II. Grad am 29.6.1925 und den III. Grad am 7.6.1926.
Diese Mitgliedschaft brachte ihn später in Schwierigkeiten.
Denn nach seinem Beitritt zur NSDAP am 1. Mai 1933 leitete das Parteigericht in München ein Ermittlungsverfahren gegen ihn ein wegen seiner ehemaligen Logenzugehörigkeit, das erst am 6. Juni 1935 durch eine Fürsprache des ehemaligen Schleswiger NSDAP-Kreisleiters Jochen Meyer-Quade eingestellt wurde. E)

DIE "SCHLESWIGER NACHRICHTEN"

8.1 "Freie" Presse und Nachrichtenagenturen

Bei der Betrachtung der jungen Weimarer Demokratie wird häufig von der Existenz einer freien Presse ausgegangen, wie wir sie heute kennen.
Doch sah die Wirklichkeit anders aus.
Gerade kleinere Zeitungen wie die SN leisteten sich keine Auslandskorrespondenten und mußten auf Nachrichtenagenturen zurückgreifen, von denen es heute eine Fülle gibt.
Die Weimarer Republik kannte aber im Wesentlichen nur zwei inländische Agenturen.
"Wolffs Telegraphisches Bureau" (WTB seit 1849) stand unter starkem Einfluß der Reichsregierung, Alfred Hugenbergs "Telegraphenunion" (TU seit 1913) agierte weit im rechten Parteienspektrum.
Die ausländischen Agenturen wie "Associated Press" (USA), HAVAS (Frankreich), Reuter (England) und TASS (Sowjetunion) konnten hier kaum Fuß fassen.
Der Grund lag darin, daß nur eine begrenzte Zahl von Telegraphenleitungen zur Verfügung stand, die überdies unter der Kontrolle der Reichsregierung standen.
Nachrichten der Regierung hatten immer Vorrang.
Praktisch wirkte sich das so aus, daß häufig endlos lange Redetexte von deutschen Politikern die Leitungen blockierten. 27)
Besonders bei der Berichterstattung über den Versailler Vertrag vermißt der Verfasser ausländische Agenturen.
In den drei führenden Zeitungen im Kreis Schleswig SN, "Schleibote" (Kappeln) und "Friedrichstädter Zeitung" 28) vernahm er keine ausländische Stimme, die die Leiden der französischen und belgischen Bevölkerung während und nach dem Ersten Weltkrieg schilderte.
Durch den Krieg waren große Teile ihrer Länder zerstört, während der westliche Teil des Deutschen Reiches vom Kriege verschont blieb.
Die Titelseiten der SN trugen selten Kürzel von Nachrichtenagenturen.
Seinem politischen Stil nach zu urteilen, arbeitete Dr.Michel gerne mit der Telegraphenunion zusammen.

8.2 Hauptschriftleiter der SN 1923-1965 1923-1937


1923-1937 Dr.Michel, 6.3.1923 - 2.1.1937
1937-1945 Wolfgang Thomas, Otto Pautz, Willi Gleichfeld, Carl Walter Hagemann, Fritz Jensen, Hans Schade
1945-1949 SN verboten
12.5.1945 - 30.11.1949 Anzeigen Aushang
29.6.1945 - 30.7.1948 Schleswiger Anzeigen
31.7.1948 - 30.11.1949 1949-1965 Überregionaler Teil: Flensburger Zeitungsverlag
Regionaler Teil: Dr.Michel, 1.12.1949 - 31.3.1965

8.3 Auflagen, Verbreitung und Preis der SN
1935 hatten die SN eine Auflage von 6389 Stück. 29)
Ihre heutige Auflage liegt bei 15.900. 30)
Das Verbreitungsgebiet der SN deckte sich 1924 nicht ganz mit dem Kreis Schleswig, wie eine Liste von Zweig-Geschäftsstellen verriet: Schleswig-Friedrichsberg, Süderstapel, Drage-Seeth, Fahrdorf, Wohlde, Bergenhusen, Hollingstedt, Dörpstedt, Groß-Rheide, Kropp, Owschlag, Götheby-Fleckeby, Treia, Jübek, Tarp, Eggebek, Kappeln, Scheggerott, Süderbrarup, Satrup, Sörup, Tolk, Böklund, Hollmühle, Havetoftloit, Havetoft-Hostrup und Böel. 31)
Die SN kosteten vom 17. November 1923 bis 11. Mai 1945 immer 10 Pfennige.

8.4 Dr.Michels Mitarbeiter
Die Liste der redaktionellen Mitarbeiter von Dr.Michel in den Jahren 1923 bis 1936 sieht laut Impressum so aus:
1923 - 1945 Fritz Jensen Nachrichten Stadt und Land, Sport, Vertreter des Hauptschriftleiters
1924       Berliner Vertretung Berlin W 9, Linkstr. 25, Fuggerhaus, "(Eig. Drahtb.)"
1924 - 1925 Bruno Pichert Kommunalpolitik, Wirtschaft und Handel
1925 - 1929 Dr.Hinrichsen 32) Wirtschaft
1926 - 1931 Heinrich Hamann politischer Nachrichtendienst, Kommunalpolitik, Wirtschaft
1930 - 1936 Franz Götke politischer Nachrichtendienst, Feuilleton, Theater, Vertreter des Hauptschriftleiters 33)
1931 - 1932 Dr.Jens Samsöe Wirtschaft
Wer für die SN im Jahre 1924 in der "Berliner Vertretung" arbeitete, konnte nicht ermittelt werden.
Es muß sich wohl um einen freien Journalisten gehandelt haben, der bei mehreren Zeitungen gleichzeitig unter Vertrag stand.
1935 stellten die SN "ihren Kriegsberichterstatter" Kurt Teege in Addis Abeba mit einem Photo vor. 34)
Ab 1949 tauchte Dr.Michel im überregionalen Impressum auf, während der Schleswiger Regionalteil der Jahre 1949-1965 keine weiteren Redakteure aufführte.
Frau Henriette Klinger leitete die Anzeigenabteilung, bis Hans Jespersen sie am 1. Oktober 1951 ablöste.
Am 10. April 1931 ehrte Dr.Michel den Schriftsetzer Karl Suhr anläßlich seines 46-jährigen Betriebsjubiläums mit dem Gedicht "Die Welt ist Dir ein Berg ...". 35)
Das erste Photo wurde in den SN am 7. Juni 1924 abgedruckt.
Die häufigsten Photographen im Regionalteil der SN waren:
1929 - 1936 Kruse, freischaffend
1930 - 1944 Fr. Jensen, hauptamtlich für die SN
1950 - 1959 Adolf Dohse, freischaffend 1950 - 1952 Kurt Dahn, freischaffend in Süderbrarup
1955 - 1990 Eva Nagel, freischaffend

8.5 Sonstige Zeitungen in Schleswig 1871-1944
Die SN dominieren bis heute die lokale Presselandschaft, obwohl es immer wieder Versuche gab, andere Zeitungen zu plazieren:
Der ehemalige Hauptschriftleiter der SN Julius Füllgraff gründete 1871 den "Schleswiger Anzeiger" mit einer Auflage von 700 Stück im Jahre 1890.
Der Schleswiger Landrat stufte die politische Richtung dieser Zeitung als "deutsch freisinnig" ein, während er die SN als "freiconservativ" einschätzte. 36)
1876 folgte das "Schleswiger Tageblatt" 1876 von Dr.Julius Pollacsek und 1912 die "Schleswiger Zeitung" von E.Kasch. 37)
Die linksliberale DDP (Deutsche Demokratische Partei) brachte Anfang der 20er Jahre das zweite "Schleswiger Tageblatt" heraus, doch hatte auch dieses mangels Leser einen Fehlstart. 38)
Die SPD-eigene "Volkszeitung" präsentierte sich in Schleswig von 1922 bis 1933 und fand täglich 800-900 Käufer. 39)
Als Kopfblatt (s.Erkl.) der dänischgesinnten "Neuen Flensburger Zeitung" kam 1922 in Schleswig die "Neue Schleswiger Zeitung" heraus.
Ihr folgte 1925 als Kopfblatt von "Flensborg Avis" "Der Schleswiger".
In den 20er Jahren wurden davon in Schleswig zwischen 200 und 400 Exemplaren meist umsonst verteilt. 40)
1933 schrieb der dänische "zweite Lehrer" Arne Pedersen 41) als Lokalredakteur für den "Schleswiger".
Am 6. Oktober 1933 SN verwies ihn der NSDAP-Stadtrat Dr.Adolph Herting der städtischen Kollegiensitzung, weil er sich nicht zu Ehren des ermordeten SA-Mannes Hans Bernsau erhoben hatte.
Pedersen begründete sein Verhalten damit, daß er sich als Berichterstatter in der Rolle eines "Nichtteilnehmers" sähe und damit im Einklang mit seinen Berufskollegen im dänischen Reichstag stünde. 42)
Die Ironie dieser Veranstaltung war, daß Dr.Herting eben diesen Bernsau zweieinhalb Jahre vorher wegen parteischädigenden Verhaltens aus der NSDAP geworfen hatte. 43)
Obwohl am 19. August 1937 verboten, durfte "Der Schleswiger" noch bis zum 1. Oktober 1944 als Monatsschrift mit überwiegend kulturellen Themen weiter existieren. 44)
Seit Anfang 1929 verbreitete die NSDAP ihr Gaublatt "Schleswig-Holsteinische Tageszeitung"; in Schleswig lag sie nur in einigen Lokalen aus; im Landkreis stärker verbreitet, fand sie beispielsweise im August 1930 434 Käufer. 45)
Um die Jahreswende 1932/33 versuchten die "Flensburger Nachrichten" in Schleswig Fuß zu fassen. 46)
Als Ersatz für die 1933 verbotene "Volkszeitung" bot man in Schleswig den "Dortmunder Generalanzeiger" bis zu seinem eigenen Verbot am 11. April 1933 an. 47)
Neben den Tageszeitungen etablierten sich auch andere Zeitungen.
Das amtliche "Kreisblatt" erschien zuerst am 14. Oktober 1869 mit einer Auflage von 330 Stück im Jahre 1871. Siehe hierzu das Kapitel 11.2 "Otto Braun erneut auf dem Kriegspfad 1927". 48)
Der "Wegweiser für Taubstumme" wurde 1900 in Halle gegründet.
Von Juli 1920 bis zu seinem Tode im Februar 1933 verlegte der Schleswiger Taubstummenoberlehrer Johannes Gaiser jun. diese Zeitung vierzehntägig.
Er verfertigte auch Kopfblätter (s. Erkl.) für Hannover, Mecklenburg, Pommern, Rheinland und Westfalen. Die letzte Ausgabe fand sich unterm 15. Mai 1941. 49)

8.6 Beilagen in den SN
Das "Illustrierte Sonntagsblatt" kam aus Berlin und zeigte sich schon 1909 mit Photographien, mußte eine kriegsbedingte Pause einlegen, war aber 1919 wieder präsent.
Die "Nordmark, Heimatblätter für das Herzogtum Schleswig, Unterhaltungsbeilagen zu den Schleswiger Nachrichten" war seit dem 2. August 1919 als Sonderseite innerhalb der SN abgedruckt.
Aus diesem Grunde führten die SN vom 27. Dezember 1919 auch den Untertitel: "Landesblatt für die deutsche Nordmark".
Dr.Michel zeichnete mit dem 30. Juni 1923 dafür verantwortlich.
1922 folgte "Unsere Heimat" und 1923 "Schleswig-Holsteinische Jugend". 50)
Seit dem 16. Februar 1925 wiesen die SN im Kopfteil immer auf "Ständige Beilagen" mit Aufzählung derselben hin.
"Das Leben im Bild" lag von Februar 1925 bis November 1931 samstags bei.
Von August 1928 bis November 1931 wechselte es sich wöchentlich mit "Landwirtschaft und Gartenbau" ab.
Alle anderen "Beilagen" wie zum Beispiel "Das Reich der Frau" oder "Turnen, Spiel und Sport" waren innerhalb der Zeitung abgedruckt und eigentlich nur Sonderseiten, wie sie nach Dr.Michels Weggang auch korrekterweise hießen. 51)
Werbebeilagen stecken in den archivierten SN von 1926 bis kurz vor Kriegsbeginn.

8.7 "Nicht vordatierte" Zeitung contra Rundfunk 1927-1938
Vor dem 1. Juli 1920 erschienen die SN abends, danach "werktäglich nachmittags ... Annahmeschluß für die Tagesnummer [war] 8 1/2 Uhr vormittags".
Heute sind die SN eine Morgenzeitung. Vom 30.7.1927 bis 8.1.1938 fand sich über dem Zeitungsdatum immer der Vermerk "nicht vordatiert!".
Dies bedeutet beispielsweise: Die Zeitung wurde am Donnerstag geschrieben, gesetzt, gedruckt und ausgeliefert.
Vor und nach diesem Zeitraum wurde sie am Donnerstag geschrieben und gesetzt, in der Nacht gedruckt und Freitag ausgeliefert.
So etwas nennt man "vordatiert"; unsere heutigen SN sind immer "vordatiert". 52)
In den SN fand sich keine Begründung für diesen Vorgang.
Vermutlich versuchte man mit den "nicht vordatierten" Zeitungsausgaben gegenüber dem aufkommenden Rundfunk an Aktualität zu gewinnen. 53)
Am 31. Dezember 1928 zählte das Postamt Schleswig in seinem Geschäftsbereich 1000 Rundfunkteilnehmer. 54) neue Erkenntnisse dazu, hier klicken

8.8 Namentliche Unterzeichnung von Beiträgen

Dr.Michel zeichnete seine Leitartikel in den SN und in Bielefeld nie namentlich, trotzdem war er für sie verantwortlich.
Bei der "Kasseler Allgemeinen Zeitung" (1921-1922), "Nordischen Rundschau" in Kiel (1937-1941) und der "Deutschen Zeitung im Ostland" in Riga (1941-1944) unterschrieb er seine Artikel immer.
Auch bei seinen Reisebeschreibungen, 264 Gedichten, Aufsätzen, Rezensionen und Theaterkritiken ist seine Urheberschaft fast immer zweifelsfrei zu erkennen. E
r schrieb meist positiv über Theateraufführungen und Schriftsteller.
Letztere stellte er dadurch vor, daß er ihnen ein Gedicht widmete. 55)
Am 21. März 1929 hielt er selbst eine Dichterstunde in der Schleswiger Lornsenschule ab. 56)
An Reisebeschreibungen fanden sich folgende Ziele:
England 1930 57), Tschechoslowakei, Österreich, Ungarn 1931, Norwegen 1932, Sardinien 1937, Polen 1940, Frankreich 1940, Ungarn 1943, Kanada 1955, Südtirol 1961, Lombardei 1962, Andalusien, Marokko, Tanger 1963, USA 1964. 58)
Dr.Michels Arbeit bei den SN wird am besten durch Beschreibung der Konflikte charakterisiert, in die er verwickelt war.

BERUFLICHES ENGAGEMENT IN SCHLESWIG

9 "Eiderdänen", "Speckdänen" und "Schmeißfliegen" 1923

Nach der Abstimmung um die deutsch-dänische Grenze im Jahre 1920 war das Verhältnis zu den dänischorientierten Mitbürgern noch viele Jahre sehr angespannt.
Dr.Michel gehörte nicht zu den Redakteuren, die zur Deeskalation beitrugen, schrieb er doch zwei Tage nach seinem Antritt in Schleswig über die "Speckdänen", drei Monate später von "hirnlosen Ergüssen der 5 Oere Schreiber" (Neue Schleswiger Zeitung) und Ende des Jahres 1923 sogar von den "Schmeißfliegen". 59)
Seine Abneigung gegen die "Eiderdänen" teilte er mit der Mehrheit der Schleswiger, inklusive der SPD. 60)
Ein Teil der SPD schwenkte aber nach dem Kriege auf die dänische Linie. 61)
1955 führte Dr.Michel ein Scharmützel gegen den SSW. 62)

10.1 Die "Volkszeitung" in Schleswig 1922-1933
Von 1911 bis 1919 gab die "Schleswig-Holsteinische Volkszeitung" in Kiel (seit 1892) die "Flensburger Volkszeitung" als "Kopfblatt" (s. Erkl.) heraus.
Von 1919 bis 1925 agierte sie als eigenständige Zeitung. 63)
Am 1. Dezember 1922 erschien die "Schleswiger Volkszeitung, Organ für die werktätige Bevölkerung der Stadt und des Kreises Schleswig" als "Kopfblatt" der "Flensburger Volkszeitung". 64)
Alle Exemplare der "Schleswiger Volkszeitung" der Jahre 1922 bis 1924 sind verschollen.
Hans Flatterich schrieb als ihr lokaler Redakteur bis 20. April 1931.
Ihm folgte Andreas Paysen, der aber nicht im Impressum zu finden war.
Vom 16. Oktober 1928 an hieß sie "Volks=Zeitung, Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Flensburg-Stadt und Land, Schleswig, Husum, Eiderstedt und Südtondern".
Seit dem 1. August 1931 war sie Kopfblatt der "Kieler Volkszeitung" und nannte sich jetzt "Volks-Zeitung, Organ für das arbeitende Volk der Kreise Flensburg-Stadt und Land, Schleswig, Husum, Eiderstedt und Südtondern."
Genauso wie die SN fand auch die "Volkszeitung" ihre ersten Leser am Nachmittag.
Ihr Druck erfolgte bis 1931 in Flensburg, danach in Kiel. Die letzte Ausgabe datierte vom 27. Februar 1933.

10.2 "Der rote Lollfuß-Redakteur"

Dr.Michels Verhältnis zur SPD war anfangs sehr entspannt, stellte er doch seinen SPD-Kollegen Hans Flatterich von der "Schleswiger Volkszeitung" anläßlich der Erhebungsfeier 1848 in Schleswig am 26. März 1923 sehr positiv dar.
Im März 1924 äußerte er sich noch neutral über ihn.
Doch vor der Reichstagswahl vom 4. Mai 1924 präsentierte Dr.Michel in den SN Hans Flatterich eine eindeutige Kampfansage in Form eines Gedichtes:

"Der rote Lollfuß-Redakteur
Er flattert hin, er flattert her,
der rote Lollfuß-Redakteur
Und seufzt und ächzt:
,Herjemineh, dreimalverfluchte S.P.D.!
Du raubst mir Ruh und raubst mir Rast,
Bekleckerst mich mit Qualen,
Hervorgerufen durch die Hast der nahen Reichstagswahlen.
Und dazu kommt (Karl Marx, spring ein!!) -
Ein Pech kommt selten nur allein -
die Burschoa-verrannte 65)
Schleswiger Stadtweg-Tante. (s. Erkl.)
Sie widerlegt mit bittrem Spott,
Was mühsam wir erfunden
Und schlägt dem roten Bonzengott
Viel schwarz-weiß-rote Wunden!´
Er flattert hin, er flattert her,
der rote Lollfuß-Redakteur
Und überlegt: ,(Herjemineh, dreimalverfluchte SPD!)
Mit Anstand und mit Wahrheitsmut kann ich das Kind nicht schaukeln.
Drum feste druff mit Haß und Wut, das ,Volk´ gilt´s zu begaukeln.
Wenn sachlich ich nicht weiter kann,
dann fange ich persönlich an.
Ran´ an die scharfe Kante der unbequemen Tante!´ ----
Gedacht, getan! Die Feder schrillt.
Die Sache wird verschlossen, Person ist Trumpf!
Fuchsteufelswild Wird ,Tantes Tod´ 66) beschlossen. ----
Er flattert hin, er flattert her,
der rote Lollfuß-Redakteur
Er kennt zum Schluß sich selbst nicht mehr,
Und - hinterher (Wie meist im Deutschen Reiche)
Schämt er sich sehr Ob seiner losen Streiche."

In der Folge attackierte Dr.Michel immer schärfer und polemischer und erreichte 1932 mit dem Gedicht "Also lügt die SPD ..." einen Höhepunkt:

"Kein Unsinn existiert,
der von der S.P.D. nicht aufgetischt,
und keine Lüge, die nicht ausgesprochen
und mit Gemeinheit und mit Haß vermischt,
verbreitet wird in diesen Wochen.
Die Quittung kommt. Und dann:
Ade mit Lug und Trug und S.P.D.!" 67)

Über den gegenseitigen Umgang von SN und "Volkszeitung" schrieb der ehemalige Vorsitzende des Schleswiger SPD-Ortsvereins (bis 1933) und kommissarische Bürgermeister von Schleswig (1945), Hermann Clausen:
"Diese beiden Zeitungen bekämpften sich aufs Schärfste.
Der Ton, der manchmal persönlich wurde, war nicht schön. 68)
Bei Almut Ueck steht zum gleichen Thema geschrieben:
"Die Aktivitäten links von der DDP wurden von den SN totgeschwiegen, es sei denn, daß sie einen Mißerfolg melden konnten ...
Auf Veranstaltungen der Parteien rechts der DDP ging [die Volkszeitung] nur ein, wenn sie [negativ über die SN] berichten konnte." 69)

Konflikte mit der Regierung

11.1 Jungdeutscher Orden 1924
Dr.Michel sympathisierte mit dem Jungdeutschen Orden, kurz "Jungdo" genannt, gab er ihm doch in den Jahren 1923-1925 viel Raum.
1920 gründete Arthur Mahraun den Jungdeutschen Orden.
Dr.Harboe Kardel vertrat ihn in Schleswig. 70)
Der "Jungdo" war ein dem Deutschen Orden organisatorisch nachgebildeter nationaler Kampfbund, dessen sozialromantische Vorstellungen maßgeblich von Kriegserlebnis und Jugendbewegung geprägt waren.
Innenpolitisches Ziel war die Reform, nicht die Vernichtung der Weimarer Republik. 71)
1925 vernahm man auch einige antisemitische Töne. 72)
Mit dem Abdruck eines Aufrufs des "Jungdos" zu den Reichstagswahlen Ende 1924 handelte sich Dr.Michel eine Strafanzeige ein. Er lautete:
"Der Jungdeutsche zu den Wahlen, Kassel, 26. November. (Eig. Drahtb.)
Der ,Jungdeutsche Orden´ erläßt einen Wahlaufruf, in dem es heißt:
Durch die Reihen aller deutschgesinnten Menschen geht ein Gefühl des Abscheues gegen die heutige politische Methode.
Das Empfinden aller ehrlichen Menschen bäumt sich gegen eine Staatsform auf, in welcher Lüge und Verhetzung zum verfassungsmäßigen Werkzeug geworden sind.
Die Nutznießer der parteiischen Demokratie haben dies erkannt und stimmen ein Freudengeheul über ihren kommenden Sieg an, indem sie die Wahlmüdigkeit, welche die Ehrlichsten zuerst ergriffen hat, als ihren Bundesgenossen preisen.
Es liegt die Gefahr vor, daß die besten Deutschen sie in ihrem Ekel vor dem parteiischen System durch ihren passiven Widerstand begünstigen.
Dies darf niemals geschehen.
Darum rufen wir alle mitempfindenden Volksgenossen dazu auf, sich mit allen Kräften an der bevorstehenden Wahl zu beteiligen.
Nur die Stärkung der nationalen Parteien ermöglicht uns in der Zukunft den Kampf gegen die Undeutschheit und Verlogenheit des parteiischen Systems." 73)
Eigentlich wollte der preußische Innenminister Carl Severing (SPD) die SN deswegen für einige Zeit verbieten;
wegen der gesetzlich vorgeschriebenen, aber schon abgelaufenen 14-Tages-Frist konnte er nur eine Strafanzeige gegen Dr.Michel "wg. Verstoß gegen § 8,1 des Gesetzes zum Schutze der Republik" stellen.
Diese Strafanzeige verlief aber auch im Sande, "da der fragliche Zeitungsartikel eine Beschimpfung der Staatsform nicht enthält." 74)

11.2 "Otto Braun erneut auf dem Kriegspfad" 1927
Am 8. September 1927 wurde in den SN folgender Artikel unter der Überschrift "Otto Braun erneut auf dem Kriegspfad" abgedruckt:
"Preußens großmächtiger Ministerpräsident Otto Braun [SPD], der sich in letzter Zeit anscheinend eifrig bemüht, seinen Parteifreund Otto Hörsing inbezug auf Grobheit und Taktlosigkeit zu übertreffen, hat in Altona in einer von der sozialdemokratischen Partei einberufenen Versammlung eine Rede gehalten, in der er in einer geradezu unglaublichen Tonart gegen den deutschen Reichsverkehrsminister Dr.Koch [DNVP] und dessen Stettiner Rede polemisiert.
Herr Braun besitzt dazu noch die Geschmacklosigkeit, diese Polemik durch den ,Amtlichen Preußischen Pressedienst´ verbreiten zu lassen.
Selbstverständlich ist uns der Platz zu schade, um sie ausführlich wiederzugeben, ihr Geist und Ton sei hier jedoch kurz gekennzeichnet."
Für diesen nicht namentlich gezeichneten Artikel war Dr.Michel als Hauptschriftleiter verantwortlich.
Otto Braun hatte über das Problem gesprochen, daß das "Reichsbanner", ein linker politischer Kampfverband (seit 1924) die Staatsflagge "schwarz-rot-gold" als Parteifahne verwendete.
Um sich vom Reichsbanner abzusetzen, hißten die Konservativen - aber auch Vertreter des Staates - die alte, aber verbotene schwarz-weiß-rote Reichsfahne. 75)
Die Volkszeitung stellte 1927 fest, daß "das Gebäude der [Schleswiger] Nachrichten am Verfassungstage überhaupt nicht und sonst meistens nur schwarz-weiß-rot geflaggt hat.
Nur bei besonderen Anlässen kommt noch die Hausfahne der Augustenburger, die spätere schleswig-holsteinische Fahne blau-weiß-rot, hinzu!" 76)
Die schleswig-holsteinische Provinzialregierung erwog nun, der Druckerei der SN den Druck des Kreisblattes 77) zu entziehen, was der Landrat aber immer wieder aufschob.
Die Regierung stellte dann eine Tabelle aller Druckereien auf, die staatliche Aufträge bekamen, und hielt darin fest, wie verfassungstreu sich die Zeitungen verhielten, die in diesen Druckereien entstanden.
Die SN schnitten dabei von allen schleswig-holsteinischen Zeitungen mit am schlechtesten ab:
"2. Schleswiger Nachrichten: Auflage 9.000, Druckerei der Schleswiger Nachrichten, angeblich volksparteilich, öffnet ihre Spalten indes bereitwillig auch deutschnationalen, völkischen und nationalsozialistischen Kreisen.
Die Zeitung ist namentlich der Preußischen Regierung gegenüber wenig freundlich eingestellt, bringt von Zeit zu Zeit gehässige und zum Teil verleumderische Artikel über preußische Staatsmänner.
Es ist dieserhalb wiederholt berichtet worden, zuletzt am 10.12.1928 ...
Der Landrat in Schleswig hat sich nunmehr entschlossen, dem Verlage der SN den Druckauftrag des Amtlichen Kreisblattes zu entziehen."
Am 12. Juli 1929 machte der Landrat ernst, was praktisch so aussah, daß er jetzt eine eigene kleine Druckerei betrieb.
Für die Druckerei M. Johannsen 78) bedeutete die Kündigung des 60 Jahre alten Druckvertrages eine Verringerung ihres Jahresumsatzes um 2623 RM. 79)
Die Auflage der SN betrug 9.000 Stück. 80)
Das macht bei 305 Exemplaren zu je 0,10 RM einen Umsatz von 274.500 RM pro Jahr.
Dazu kamen noch sonstige Druckaufträge, deren Höhe nicht bekannt ist.
Die Einkommenseinbußen schlugen wegen des fehlenden Kreisblatts somit kaum zu Buche.
Aber Dr.Michel reagierte auf diese "Maßregelung" mit einer Leitartikel-Kampagne. 81)

11.3 "Die kleine Anfrage" 1929

Kurz vor dem Entzug des Druckauftrages richtete der preußische Landtagsabgeordnete (DVP) und ehemalige schleswig-holsteinische Regierungspräsident (bis 1928) Dr.Adolf Johanssen eine kleine Anfrage wegen dieser Sache an den preußischen Innenminister, die der parteilose schleswig-holsteinische Regierungspräsident Dr.Waldemar Abegg 82) am 14. Juni 1929 so beantwortete:
"Die Schleswiger Nachrichten haben sich seit Jahren durch eine sehr unbeherrschte oft auch ironisch stark verletzende Schreibweise und durch einen empfindlichen Mangel an Augenmaß hervorgetan.
Während die Zeitung sich selbst außerordentlich in ihrer Bedeutung überschätzt und sich als "das" führende Organ der Nordmarkpresse - keineswegs mit Recht - fühlt und aus diesem Prestigegefühl immer wieder eine besondere Empfindlichkeit in eigenen Dingen zeigt, ist sie nicht geneigt, den Gefühlen anderer die von ihr beanspruchte Rücksichtnahme und zarte Behandlung angedeihen zu lassen.
Mit ihren Angriffen auf die Beamtenschaft der Stadt und einzelne Beamte sowie auf die Staatsbehörden und deren Vertreter in Zentrale und Provinz und die ihrer Einstellung feindlichen politischen Parteien, aber auch gegen die Dänen ist sie häufig weit über das Ziel hinausgegangen und hat dadurch der Sache sowie ihrem eigenen Einfluß sehr geschadet auch dort, wo ihre Einstellung, vom Standpunkt der Staatsbehörden gesehen, grundsätzlich richtig war.
In der sogenannten Barmataffäre 83) waren es die SN, die in besonders übler Weise von der Verbindung eines höheren Beamten des Ministeriums des Innern mit Barmat berichteten.
Es hat dann vielfach besonderer Einwirkung seitens der Regierung oder des Landrats bedurft, um den von der Zeitung angerichteten Schaden wiedergutzumachen und künftigen zu verhüten.
In der Regel hat sie die Berichtigung derartiger Vorhaltungen auch anerkannt und für die Zukunft eine andere Einstellung zugesagt.
Trotz alledem sind immer wieder peinliche Rückfälle zu beobachten gewesen.
Die Schleswiger Nachrichten haben in der ihr eigenen Überschätzung ihrer Bedeutung, schließlich aus persönlicher Empfindlichkeit ihres Schriftleiters [Dr.Michel] über den Ton derartiger Vorhaltungen unberechtigte Beschwerden geführt und mir mit ernsteren Schwierigkeiten gedroht." 84)

11.4 Schleswigs Beamte gegen Dr.Michel 1929
Am 12. Juli 1929 druckte Dr.Michel einen anonymen Leserbrief mit Angriffen gegen den Regierungspräsidenten Dr.Abegg und seinen Mitarbeiterstab ab.
Die Reaktion kam prompt am 15. Juli 1929:
"Auch eine ,Entschließung Wir werden um Aufnahme folgender Zeilen gebeten:
Entschließung der Beamten, Angestellten und Arbeiter der Regierung.
Die Beamten, Angestellten und Arbeiter der Regierung Schleswig haben mit Entrüstung von der Kampfesweise der "Schleswiger Nachrichten" gegen ihren Regierungspräsidenten Kenntnis genommen.
Insbesondere bedauern wir, daß die "Schleswiger Nachrichten" in Nr. 161 ihren Sprechsaal für den dort abgedruckten längeren Artikel geöffnet haben.
Dieser eine Namensunterschrift nicht tragende Artikel, spricht auf Grund von Behauptungen angeblicher Zuträger Verdächtigungen gegen den Regierungspräsidenten und gegen andere Beamte aus, welche geeignet sind, einen persönlichen Makel auf diese zu werfen und unberechtigt sind.
Die Beamten, Angestellten und Arbeiter sind auf Grund der langjährigen Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidenten Dr.Abegg einig in der Überzeugung, daß solche Angriffe von seiner Person abprallen und stellen sich geschlossen hinter ihn.
Die Beamten, Angestellten und Arbeiter der Regierung."
Hier zeigt sich, daß Dr.Michel nicht nur Probleme mit den Dänen, den Sozialdemokraten und der Regierung, sondern auch mit der Beamtenschaft hatte.

11.5 "Gebt Severing die Antwort" 1932
Am 26. März 1932 mußte Dr.Michel einen an ihn gerichteten Brief des schleswig-holsteinischen Oberpräsidenten Heinrich Kürbis (SPD) abdrucken:
"In der Nr.68 der ,Schleswiger Nachrichten´ vom 21. März 1932 ist unter der Ueberschrift ,Gebt Severing die Antwort! Ein Aufruf Adolf Hitlers´ gesagt, daß der Möglichkeit, in das von der Polizei bei Haussuchungen beschlagnahmte Material gefälschte Schriftstücke von Unverantwortlichen, die die Partei belasten könnten, hineinzuschmuggeln, Tür und Tor geöffnet sei.
In der Unterstellung, daß preußische Polizeibehörden das vorgefundene Material fälschen könnten, muß ich eine Beschimpfung und böswillige Verächtlichmachung dieser Behörden und des ihnen vorgesetzten Preußischen Innenministers erblicken.
In der Nr.66 der "Schleswiger Nachrichten" vom 18. März 1932 ist unter der Ueberschrift ,Hitler antwortet: Völlige Haltlosigkeit der Severingschen Unterstellungen´ folgendes abgedruckt:
,Die nationalsozialistische Parteileitung hat insbesondere aber auch deshalb die SS.- und SA.-Männer an allen Wahltagen zusammengefaßt, um bei der gesteigerten Hetzkampagne ihrer Gegner das wehrlose Abschlachten einzelner auf der Straße gehender SA.- und SS.-Männer durch die Genossen der Partei des Herrn Ministers Severing, des Reichsbanners, der Eisernen Front und auch der ihnen wesens- und wahlverwandten Kommune zu verhindern.´ Darin, daß behauptet wird, von Angehörigen der sozialdemokratischen Partei, Mitgliedern des Reichsbanners und der Eisernen Front sei zu erwarten, daß sie einzelgehende SA.- und SS.-Männer abschlachten, liegt eine systematische Aufreizung und Verhetzung und somit eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe und Ordnung.
Von einem an sich gegebenen Verbot der Zeitung bin ich im Hinblick auf den bevorstehenden Osterfrieden bereit, abzusehen, wenn der Verlag der Zeitung in der nächsterscheinenden Nummer erklärt, daß er die genannten Wendungen mit dem Ausdruck des Bedauerns zurücknimmt."
Dr.Michel beantwortete dieses Angebot in derselben Zeitungsausgabe mit den Worten:
"Es hieße, sich einer journalistischen Würdelosigkeit schuldig machen, etwas zu bedauern, was von uns als Zeitung, die der Leserschaft gegenüber die Pflicht der objektiven Berichterstattung hat, nicht bedauert werden kann.
Und darum bedauern wir, dem Oberpräsidium unser Bedauern aussprechen zu müssen, nicht bedauern zu können."
Als Konsequenz durften die SN vom 29. bis 31. März 1932 nicht erscheinen.

12 Die Verlegerin der SN


Diese Vorfälle mußten sich wirtschaftlich negativ auf die SN auswirken. Wilhelmine Johannsen schrieb selbst:
"Aber die Kämpfe, bei denen man uns ruhig in der Not sitzen ließ, und bei denen die Frage entstand:
,Können wir den Kampf weiterführen oder müssen wir Schluß machen?´ die waren hart!" 85)
Warum mahnte sie Dr.Michel nicht ab und drohte ihm mit Kündigung?
Fräulein Johannsen wurde am am 7. September 1873 in Sandwig / Glücksburg geboren.
Ursprünglich ein Mitglied der DVP, trat sie der NSDAP erst 1937 bei.
Ihr spärliches Einkommen betrug nur 350 RM im Monat. 86)
Dr.Michel verdiente dagegen rund 1500 RM im Monat.
Fräulein Johannsen heiratete nie, hatte keine Kinder und mußte sich als weiblicher Verleger in einer fast reinen Männerwelt durchschlagen.
Sie starb 1946 in Uelsby.
Ihre kämpferische Einstellung belegt, daß sie Dr.Michels Stil unterstützte.

13 Dr.Michels Kampf gegen die Demokratie
Dr.Michels Einstellung zur parlamentarischen Demokratie schilderte der kommissarische Schleswiger Bürgermeister (SPD-1945) Hermann Clausen so:
"Mit diesem Kampf gegen die Dänen und später gegen die Demokraten und Sozialdemokraten bereiteten die ,Schleswiger Nachrichten´ den Nährboden für den kommenden braunen Terror vor.
Diese nationale, später nationalistische Presse haßte nicht nur die Dänen, sie haßte die Arbeitermasse, deren demokratische Führer Ministerposten forderten, sie haßte die Mehrheitsbeschlüsse im neuen parlamentarischen Leben.
Ich kann mich erinnern, daß die ,Schleswiger Nachrichten´ unter Dr.Michel als Chefredakteur in den Ruf ausbrach:
, Mehrheit ist Unsinn, Verstand ist nur bei wenigen gewesen!´" 87)
1932 kommentierte Dr.Michel auch den Schulunterricht in Staatsbürgerkunde: 88)
"Heute kommt es mehr denn je darauf an, einen sicheren Grund zu legen für´s praktische Leben: Lesen, Rechnen, Schreiben, Erdkunde usw.!
Es ist vom Uebel, schon die Kinder mit politischen Stoffen zu belasten, für deren Erkenntnis sie ebensowenig Fingerspitzengefühl und Reife besitzen wie manche der Lehrer, die damit oft nur parteipolitische Ziele verfolgen ...
Und glaubt [Fr.Thomsen] E) im Ernst, daß schulpflichtige Jugendliche, selbst wenn sie hochbegabt sind, die Möglichkeit haben, die Vorgänge in Genf oder den Wert der Rede Brünings zu beurteilen?"

14.1 Dr.Michels Hinwendung zum Nationalsozialismus 1929
Dr.Michels erster Beitrag zum Nationalsozialismus las sich 1923 nach dem Münchener Hitler-Putsch so:
"Wie damals die kirchlichen Reformbewegungen zu jeder Art religiöser Schwarmgeisterei führten und auch Luther zum Einschreiten veranlaßten, erleben wir heute nationale Schwarmgeistereien, die dem Staatsgefüge und der organischen Weiterentwicklung der Verfassung ebenso gefährlich zu werden drohen wie damals der religiösen Schwarmgeisterei der katholischen und evangelischen Kirche.
Dies gilt nicht nur für die Hitler-Bewegung Süddeutschlands, sondern auch für die verwandten Bewegungen in Norddeutschland.
Nicht eine dieser Bewegungen und nicht ein einziger ihrer Führer hat bis jetzt ein vernünftiges sachlich begründetes und praktisch durchführbares Programm zur Rettung Deutschlands bekannt gegeben.
Wir haben nur Schlagworte von ihnen gehört, Schlagworte, die zwar ein Ausdruck nationalen Sehnens sind, aber jede Berücksichtigung der tatsächlichen Lage vermissen lassen.
Alle wollen Früchte pflücken, ehe sie reif sind, alle wollen Unerfüllbares!
Alle wollen mit einem Schlag alles erreichen und lehnen jede sogenannte Halbheit ab.
Damit aber verlassen sie schon die Welt der Wirklichkeit und den Weg natürlicher Gesundung.
Sie verlieren sich auf Irrwege, die uns nur in den Abgrund führen können." 89)
Im Juli 1929 nahm Dr.Michel die "Husumer Nachrichten" gegenüber dem Gauleiter Hinrich Lohse in Schutz. 90)
Neun Wochen später setzten sich die SN in einem Leitartikel sehr verständnisvoll mit den Palästinaplänen der Juden auseinander. 91)
Dr.Michel: "Umso überraschter war ich, als Gauleiter Lohse selber zu mir in die Redaktion kam, um mit mir in loyaler, sachlicher Weise eine Klärung herbeizuführen, und als der damalige Bezirksleiter und spätere SA-Obergruppenführer Meyer-Quade ebenfalls in sachlichen Aussprachen bestrebt war, den Zündstoff zu beseitigen und einen Burgfrieden herbeizuführen.
Aus diesen Zusammenkünften, bei denen es hart auf hart herging, erwuchs eine Hochachtung vor der starken Persönlichkeit Meyer-Quades und schließlich eine herzliche Freundschaft mit ihm." E)
Bei der Reportage über den Kommunalwahlkampf ist nun ein allmähliches Einschwenken auf die NS-Linie zu verzeichnen.
Am 18. November 1929 bescheinigte er der NSDAP immerhin schon eine"vorbildliche Propagandatätigkeit".
Die SN entwickelten sich nun zunehmend zu einer Propagandaplattform der Schleswiger NSDAP.
Auf dem Höhepunkt des Wahlkampfes für das Amt des Reichspräsidenten 1932 schlug sich Dr.Michel im März vollends auf die Seite der Nationalsozialisten und nahm durch den Abdruck eines Hitler-Aufrufes ein zeitweiliges Verbot der SN in Kauf. E
r druckte das 25-Punkte-Programm der NSDAP ab und bezeichnete Dr.Hertings 7-teilige Aufsatzreihe "Nationalsozialistische Gedanken" als "beachtenswerte aufklärende Ausführungen". 92)
14.2 Mitgliedschaft im Stahlhelm (1924-1928) und Beitritt zur NSDAP 1933
1928 kündigte Dr.Michel seine vierjährige Mitgliedschaft im Stahlhelm, weil er die politische Linie der Bundesleitung für falsch hielt. E)
Dennoch räumte er dem Stahlhelm immer viel Platz in seiner Zeitung ein. 93)
Der Schleswiger NSDAP-Kreisleiter Ernst Kolbe schilderte am 17. September 1934 Dr.Michels Beitritt zur NSDAP:
"Bei der nationalsozialistischen Revolution hatten wir schließlich fast gänzlich vergessen, dass unser Mitglied Michel gar nicht eingeschriebenes Mitglied war, und Michel selber lehnte es ab, zu den ,Januar - März - Gefallenen´ gezählt zu werden, bis dann aber die Fülle der Ämter, die Michel angetragen wurden, eine offl. Mitgliedschaft notwendig machte." BO)
In seinem Lebenslauf vom 20. Mai 1940 erklärte Dr.Michel, warum er den Beitritt so lange hinausgezögert hatte:
"Vertrauensmann der NSDAP seit 1931.
Nach der ersten Fühlungnahme mit Nationalsozialisten setzte er sich in enger Zusammenarbeit mit der Kreisleitung Schleswig durch Wort, Schrift und Tat für die NSDAP. ein, wie aus der in Abschrift beigefügten Bescheinigung des damaligen Kreisleiters und späteren SA-Obergruppenführers Meyer-Quade hervorgeht.
Auf dessen besonderen Rat und Wunsch trat Dr.M. in die NSDAP damals offiziell nicht ein, um in Anbetracht der in Schleswig kompliziert gelagerten Verhältnisse ungehemmter durch die Schleswiger Nachrichten und persönlich für die Bewegung Einsatz leisten zu können." BO)
Im Entnazifizierungsverfahren werden noch mehr Gründe aufgedeckt:
"Dennoch meldete ich mich nicht zum Eintritt in die NSDAP, da ich die Schwierigkeiten kannte, die ehemaligen Logenmitgliedern gemacht wurden.
Erst, als Meyer-Quade nach dem 30. Januar 1933 meinen Hinweis auf die Loge beiseite schob und mir dringend nahelegte, mich der kulturellen Belange im Kreis Schleswig anzunehmen, meldete ich mich zum Eintritt, der am 1. Mai 1933 bestätigt wurde."

15.1 Antisemitismus in den SN und der "Nordischen Rundschau"
Über die antisemitischen Beiträge der Nationalsozialisten in den SN gab der Verfasser bereits in seinem Aufsatz über Dr.Adolph Herting einen Überblick. 94)
Im vorliegenden Kapitel wird nur auf die antisemitischen Aktivitäten eingegangen, soweit sie von Dr.Michel selbst zu verantworten waren.
1925 räumte Dr.Michel dem sog. "Barmat-Skandal" breiten Raum in seiner Zeitung ein, worüber sich Dr.Abegg (siehe das Kapitel "Die kleine Anfrage") beklagte. 95)
Die jüdischen Gebrüder Barmat sollen Kriegsgewinnler in Lippe-Detmold gewesen sein.
1927 trat "Franz vom Schleistrand" 96) einen Leserbriefkrieg gegen die sogenannte "Judenkollekte" der evangelischen Kirche in Schleswig los, wobei ihm Propst Johannes Sommer entgegentrat.
Der Streit entzündete sich an einer Geldsammlung der evangelischen Kirche, die zum einen die Missionierung von Juden und zum anderen die Unterstützung von kirchlichen Einrichtungen in Palästina zum Ziel hatte.
Dr.Michel kommentierte folgendermaßen:
"Anmerkung der Schriftleitung: ... Auch wir stehen - was die prinzipielle Seite des Streitfalles anbelangt - auf dem Standpunkt, den Franz vom Schleistrand vertritt." 97)
1932 tauchte Dr.Michels erster persönlich unterschriebener antisemitischer Beitrag auf in der Reisebeschreibung
"Kurs Nordkap, Aus dem Logbuch einer Norwegen-Reise ...
Nur wenige Außenseiter gibt´s, die nicht zu der großen Bordgemeinschaft gerechnet wurden.
Der Herr, sagen wir: Goldstein aus Frankfurt, gehört zu diesen, ein unangenehm vorlauter Rheinländer, ein Berliner Jurist und seine Frau, deren Rückenausschnitte ebenso groß sind wie ihr alttestamentarischer Gesichtserker und ihr heilloses, frivoles Mundwerk.
Diesem Paar wird nur Konkurrenz gemacht von der Schwester dieser Dame und zugehörigem Kavalier.
Ansonsten gibt´s kaum jemand, der fortwährend unliebsam in Erscheinung tritt." 98)
1933 las man in den SN anläßlich des Boykotts jüdischer Geschäfte folgendes Gedicht: 99)
"Deutscher, wach auf, Deutscher erwache ...!
All-Juda brütet Tod und Rache ...
In Wallstreet, Holland, England, Rußland
will das Kapital der Welt nichts als das goldene Kalb,
den Rahm der deutschen Milchkuh und das Geld,
will, daß das deutsche Eigensein zerschellt ...
Deutscher, wach auf, Deutscher erwache ...!"
Dieses Gedicht trug keine Unterschrift.
In der ersten Zeile lehnt es sich an das berühmte Gedicht "Deutschland erwache" von Dietrich Eckart an, dem Hitler sein Buch "Mein Kampf" gewidmet hatte.
Seit dem 24. September 1940 druckte Dr.Michel in Kiel bei der "Nordischen Rundschau" die Eindrücke seiner Polenreise ab.
Seine Schilderung über die Juden-Ghettos zeigte Menschenverachtung:
"Am vordringlichsten war es, die Fratze der schmarotzenden Juden-Mischpoke - die widerlichste, die wir im gesamten Osten zu Gesicht bekamen - aus Straßen, Markt- und Geschäftsleben zu entfernen ...
Und diese letzten Höhlen jüdischen Fühlens und Denkens, dies Labyrinth trostloser grauer Häuserzeilen ist in der Tat nicht nur hygienisch, sondern vor allem moralisch eine ungeheure Seuchengefahr ...
Die Augen weiten sich beim Anblick dieser Gestalten, die einem Inferno des Höllen-Breughel entsprungen sein können."

15.2 Über das "jüdische Palästinawerk" 1929
Am 17. September 1929 las man auf der ersten Seite der SN einen bemerkenswerten Artikel:
"Zwei Fragen zum jüdischen Palästinawerk ...
Zu einer zweiten Fragestellung veranlaßt ein Satz des Aufrufs. Ein Satz, der Sympathie, Achtung und Mitgefühl erweckt.
Es heißt dort: ,Für Judentum und jüdische Zukunft sind die Toten gefallen, haben die Ueberlebenden sich verteidigt.´
Dieser Satz prägt sich tief ein.
Hier wird ganz unrational und heroisch das Opfer des Lebens, nicht für irgendeine zivilisatorische Idee, nicht für irgendeinen allgemeinen Menschheitsgedanken, sondern ganz konkret für die Nation, für ein in der Entwicklung begriffenes ,Vaterland´ geehrt.
Es ist in aller Kürze und Verhaltenheit ein Langemarckbekenntnis 100) des Judentums.
Es ist eine sittliche Rechtfertigung der Wehrhaftigkeit, eine Ehrung des Mannes, der mit der Waffe Haus und Herd verteidigt, über jede Schuld- und Ursachenfrage hinweg, in dem Glauben, daß er recht handelt, daß er in der raschen, heftigen, nicht aufklärbaren Verschlingung des Schicksals, im Hereinstürzen elementarer Gewalten zu seinen Brüdern, zu seinem Volk zu stehen hat."
Dieser projüdische Leitartikel paßte so gar nicht zur politischen Richtung der SN.
Sein Ursprung konnte wegen einer fehlender Unterschrift nicht geklärt werden.

16 Gott und die Bücherverbrennung 1933, Donar und die Sonnenwende 1934
Die meisten Bücherverbrennungen in Schleswig-Holstein hatten bereits am 21. Mai 1933 stattgefunden.
Schleswig holte dies am 23. Juni 1933 auf dem Stadtfeld anläßlich der Sonnenwende nach.
Als Veranstalter fungierte die Deutsche Arbeitsfront (DAF), die laut SN 3000 Teilnehmer mobilisierte.
50 Zentner "marxistische" Literatur aus Bibliotheken, Hausdurchsuchungen und freiwilligen Abgaben wurden auf 20 Blockwagen 101) herangekarrt und landeten in den Flammen.
Sechs Wochen zuvor in die NSDAP eingetreten, hielt Dr.Michel hier seine erste öffentliche Rede in Schleswig, deren wichtigste Passage lautete:
"In dieser Abendstunde gilt es nun, einen 50 Zentner-Haufen Schmutz, von dem jene Herrschaften aus ihrem Augiasstall Millionen Exemplare gewissenlos dem deutschen Volke vorzusetzen wagten, dem Feuertode zu überantworten.
[Die] Schleswiger Arbeiter ... machten sich frei von den marxistischen Elementen im deutschen Schrifttum und begriffen, daß kein Volk der Erde bestehen kann, das seinen Glauben an Gott und an sich selber dauernd durch Bücher und Schriften beschmutzen läßt ...
Es konnte geschehen - wie es auch hier in Schleswig vorgekommen ist -, daß Lehrlinge, die ihre Gesellenprüfung bestanden hatten, von staatlich anerkannten Berliner Stellen mit Büchern beschenkt wurden, die schamlose Bilder von Dirnen, haarsträubende Gotteslästerungen oder obszöne Gemeinheiten enthielten.
Es konnte geschehen, daß der sogenannte Schriftsteller Bert Brecht - von dem sich auch ein Buch da unten befindet - eins seiner Theaterstücke in dem Ruf gipfeln lassen durfte:
,Darum soll man dem, der da sagt, daß es einen Gott gibt, ... den Kopf so lange aufs Pflaster schlagen, bis er verreckt ist!´ ...
Staatliche oder offiziöse Kunstinstitute, Bibliotheken und Leihbüchereien machten sich - unbekümmert um die Seele des deutschen Volkes - zum Sprachrohr einer furchtbaren Tendenz, die mit Haut und Haaren nichts anderes war als die Gottlosenpropaganda, nichts anderes als der Klassenkampf des Marxismus und die soziale Haßpredigt des Bolschewikentums ... Männer der Feuerwehr, waltet Eures Amtes und legt die Brandfackel an! Und ihr, Volksgenossen und Volksgenossinnen erhebt die Hand und sprecht mit mir zusammen diesen Feuerspruch als Bekenntnis:
"Entzündet die Flammen ..." 102)
Damit alle Menschen dieses Gedicht mitsprechen konnten, wird Dr.Michel hektographierte Zettel verteilt haben.
Die Choreographie dieser Veranstaltung ähnelt einem Gottesdienst.
Evangelisch getauft, studierte Dr.Michel u.a. Kirchengeschichte und ließ sich auch kirchlich trauen. 103)
Seine Tochter erhielt 1928 noch die Taufe, sein Sohn 1933 aber nicht mehr.
Nach seinen eigenen Angaben ist er nach 1933 aus der Kirche ausgetreten. E)
In seinen Gedichten kommt das Wort "Gott" mit allen seinen Ableitungen 143-mal vor.
Es gibt aber nur einen einzigen nichtlyrischen Text, in dem sich Dr.Michel dem Thema "Gott" widmete, und das ausgerechnet hier bei der Bücherverbrennung.
Laut Entnazifizierungsakte nannte er sich jetzt "gottgläubig".
An welchen Gott er jetzt glaubte, verkündete er genau ein Jahr später bei der nächsten Sonnenwendfeier.
Wieder verteilte er sein "Entzündet die Flammen" - Gedicht, das er aber um eine Strophe verlängerte. Darin ist zu lesen:
"Wir folgen den Fahnen,
aus Feuer geboren
und grüßen die Ahnen
vor Donars Toren
im Sonnenrade, der Rune des Sieges." 104)

17 Anprangerungen

Rechtsanwalt Carl Schaefer
Unter Dr.Michels Schriftleitung tauchten insgesamt sechs lokale Anprangerungen auf.
Am 15. Mai 1925 beklagte sich der Schuhmachermeister "J.Jacobsen" in einem Leserbrief in der "Schleswiger Volkszeitung", daß er wegen einer schwarz-rot-goldenen Fahne an seinem Hause in den SN tags zuvor angeprangert worden war.
1929 erregte die "Kuppelei in der Busdorferstr.9" großes Aufsehen, denn es hatten dort Gruppensex-Orgien stattgefunden.
Auch die Volkszeitung berichtete darüber. 105)
Am 18. Februar 1932 griff Dr.Michel auf der ersten Seite der SN den Schleswiger Volksschullehrer "Fr.Thomsen" E) nichtnamentlich an, weil er es als SPD-Mitglied gewagt hatte, seinen Schülern eine Hausaufgabe zu stellen, in der sie sich u.a. mit "Brünings bedeutsamer Rede in Genf" auseinandersetzen sollten.
Die persönlichen Anprangerungen in einer SN-Anzeige der NSDAP-Ortsgruppe Schleswig anläßlich des Boykotts jüdischer Geschäfte in Schleswig am 5. April 1933 verantwortete die NSDAP und die gesamte Leitung der Zeitung (Wilhelmine Johannsen, Henriette Klinger und Dr.Michel).
Auch der nichtjüdische Rechtsanwalt Carl Schaefer litt darunter106), fand aber Schutz bei Dr.Michel, wie er ihm später in einem Leumundszeugnis bescheinigte:
"[Dr.Michel] gehörte aber zu denjenigen Parteigenossen, die sich von allen Uebergriffen gegen politisch Andersdenkende fernhielt und darüber hinaus bestrebt war, derartigen Uebergriffen entgegenzutreten und Abhilfe zu schaffen." E)
Nach dem Krieg zeigte der Installateur Wilhelm Zimmermann Dr.Michel an.
Er begründete dies damit, daß ihm der Abdruck des Leserbriefes vom Hitlerjungen "W.P.F." am 21. August 1934 schweren finanziellen Schaden zugefügt habe. E)
Besonders übel erscheint die "Warnung der Kreisleitung" in den SN vom 20. Juli 1935:
"Einer der schlimmsten dieser Sorte scheint uns der Installateur Bernhard Boysen, hier, Stadtweg 69, zu sein, der bei jeder Gelegenheit in übelster Form gegen unsere Bewegung und unser Banner hetzt.
Wir erwarten in Ruhe den Tag, wo diesen Hetzern und Saboteuren einer wahren Volksgemeinschaft das Handwerk gelegt wird."

18 Das "Schleswiger Monarchistenblatt" 1927
1927 attackierte die "Schleswiger Volkszeitung" die SN mit dem Titel "Schleswiger Monarchistenblatt" wegen einer vorausgegangenen "Glosse" von Dr.Michel über die "Republikanische Beschwerdestelle".
Hans Flatterichs Angriff war aber ungerechtfertigt, denn Dr.Michel lag Monarchistenfreundlichkeit fern. 107)

19 Konkurrenz durch die "Flensburger Nachrichten" 1932/33
In der "Volkszeitung" war Ende 1932 zu lesen:
"In Schleswig wird augenblicklich ein interessantes Spiel gespielt.
Den ,Schleswiger Nachrichten´ ist nämlich ein Konkurrent von der gleichen Couleur entstanden: Die ,Flensburger Nachrichten´.
Vermutlich in der Meinung, daß unsere Tante (s. Erkl.) noch nicht reaktionär genug ist, versuchen sie in Schleswig ihre Produkte abzusetzen ...
Die Angst der Tante um den Verlust einer noch größeren Abonnentenzahl, als ihr schon der Nazikurs gekostet hat, ist verständlich.
Am Stadtweg schreit man deshalb schon Zeter und Mordio." 108)
Was war geschehen? Die "Flensburger Nachrichten" wurden am Heiligabend des Jahres 1932 in Schleswig kostenlos verteilt.
Als Aufhänger diente die Notlage der Holmer Fischer in Schleswig.
Bis Ende Januar 1933 gaben die Flensburger der Stadt Schleswig in ihren Seiten viel Raum, der aber bis Juli 1933 wieder auf die alte Größe zurückschrumpfte.

20 Dr.Michels Ämter 1933-1945
Dr.Michel bekleidete folgende Ämter:
Kreispresseamtsleiter, Führer der Schleswiger Ortsgruppe des Kampfbundes deutscher Kultur, Kreiskulturwart, Referent der SA-Brigade 16, stellvertretender Landesverbandsleiter im Reichsverband Deutscher Presse, Beisitzer des Bezirkspressegerichtes, Landespressewart des Verbandes Deutscher Autoren, Mitglied des Kreisausschusses und des Kreisverwaltungsgerichtes, Beirat der Stadt Schleswig, Gauhauptstellenleiter, Kreisredner, Referent im Stabe der SA-Gruppe Nordmark, Vorsitzender der Deutschen Bühne und der Kameradschaft für Deutsche Kultur, Inhaber der Dienstauszeichnung der NSDAP in Bronze für zehnjährige aktive Dienstzeit. E)
Diese Ämterfülle veranlaßte, ihn am 5. November 1933 an seinen Verbindungsbruder Dr.Hans Friedrich Blunck in der Reichskulturkammer einen Bittbrief zu schicken:
"Leider komme ich dadurch immer weniger zu eigenem Schaffen, das in mir brennt und nach Entladen drängt ...
Ich fürchte, hier im Kleinkram und in der Enge der Dinge und Menschen zu ersticken, wenn nicht endlich mir eine größere, befriedigendere Aufgabe gestellt wird, wenn nicht endlich meinem Schaffen eine Anerkennung zuteil wird.
Nicht meine berufliche Stellung will ich vorläufig aufgeben, aber neben meinem Berufe möchte ich beim Aufbau des neuen kulturellen Lebens die Möglichkeit haben, Anregungen zu geben und in die Tiefe und Weite zu wirken." 109)

21 Berufsständische Mitgliedschaften Dr.Michels
Von 1933 bis 1941 führte Dr.Michel einen ihm sehr lästigen Papierkrieg gegen den Reichsverband Deutscher Schriftsteller.
Dr.Michel war schon Mitglied im Reichsverband der deutschen Presse und wollte nicht einsehen, auch hier Mitgliedsbeiträge zahlen zu müssen. BR)

KIEL, RIGA, MAGDEBURG, INTERNIERUNG, ENTNAZIFIZIERUNG, FLENSBURG

22.1 "Der Schleswig-Holsteiner" 1935-1937

Im Nachlaß des Dichters Dr.Hans Friedrich Blunck fanden sich einige Briefe von Dr.Michel, in denen er sich für drei Personen einsetzte.
Sie hatten entweder wirtschaftliche, oder wie einer seiner Vorgänger bei den SN - Jacob Bödewadt - politische Probleme.
Dr.Michels Einsatz ist nicht als Opposition zum NS-System zu verstehen, sondern als Hilfe für einen bedrängten Kollegen.
Dafür halste man ihm von Juli 1935 bis März 1937 auch noch die Schriftleitung von Bödewadts Zeitschrift "Der Schleswig-Holsteiner - Grenzlanddeutsche Monatshefte" auf.

22.2 "Nordische Rundschau" in Kiel 1937-1941
"Nach der dritten Aufforderung" übernahm Dr.Michel am 21. Januar 1937 die Leitung der "Nordischen Rundschau" in Kiel. E)
Der ehemalige Schleswiger NSDAP-Ortsgruppenführer, Kreisleiter und Landrat Jochen Meyer-Quade war inzwischen zum Polizeipräsidenten von Kiel aufgestiegen.
Mit Beginn des Polenfeldzuges trat er als Freiwilliger in die Wehrmacht ein und fiel schon am 11. September 1939.
Als Nachmieter seiner Dienstvilla im Niemannsweg 153 zog die Familie Michel ein.110)
Dr.Michels zahlreiche Leitkolumnen hoben sich wegen ihrer politischen Linientreue kaum von den Beiträgen anderer Autoren ab, von zwei Ausnahmen abgesehen:
Am 27. Januar 1939 schrieb er einen bemerkenswerten Kommentar unter dem Titel "Ganz streng vertraulich".
In ironischem Ton wiederholte er die Mutmaßungen, die die internationale Presse hinsichtlich der militärischen Ziele Adolf Hitlers anstellte.
Der Clou daran war, daß bald fast alle Voraussagen eintraten.
Im September 1940 schilderte er seine Polen-Reise, inklusive eines abstoßend antisemitischen Beitrages, der im Kapitel "Antisemitismus" zitiert wird.

22.3 "Deutsche Zeitung im Ostland" (DZO) in Riga 1941-1944


Als der schleswig-holsteinische Gauleiter Hinrich Lohse zum "Reichskommissar für das Ostland" aufstieg, wollte er erst den Gaupresseamtsleiter Willy Ehlers mit der Leitung der "Deutschen Zeitung im Ostland" betrauen.
Weil dieser aber seiner Einberufung zur Wehrmacht folgen mußte, trat Dr.Michel an seine Stelle (2. Aug. 1941-Dez. 1944). E)
In Riga atmete Dr.Michel wieder freier, denn er war endlich die meisten seiner Ehrenämter los, über die er 1933 noch geklagt hatte.
Auch in Riga veröffentlichte Dr.Michel viele namentlich gezeichnete Kolumnen politisch linientreuen Charakters, regelmäßig antisemitisch eingefärbt, und seine Kultursparte kam natürlich auch nicht zu kurz.
Die DZO erschien bei gleichem Inhalt auch unter den Namen "Feldzeitung, Marine-Frontzeitung und Luftflotte Nordost".
Ihre Gesamtauflage betrug 37.000, wovon nur 2.000 an Zivilisten gingen.
Die Soldaten nannten sie "Himmelszeitungen", weil sie mit Fallschirmen bei den Einheiten landeten. 111)
Am 13./14. Mai 1944 rüttelte er seine Schleswiger Leser in den SN mit dem Artikel: "Wehe den Besiegten!" auf.
Er beschrieb ein früheres Interview mit dem ehemaligen deutschen Botschafter in Moskau Ulrich Graf von Brockdorff-Rantzau in Annettenhöh bei Schleswig.
Der Graf erzählte, wie er als Teil der deutschen Gesandtschaft in Versailles die Friedensbedingungen entgegengenommen hatte und wie erniedrigend sie von Georges Clemenceau behandelt worden waren.
Hier überbrachte Dr.Michel seinen Schleswiger Lesern nicht nur zwischen den Zeilen, sondern schon in der Überschrift eine öffentliche Voraussage, was Deutschland in Kürze zu erwartete, nämlich: besiegt zu werden.
Die letzte Nummer der Rigaer DZO verließ am 10. Oktober 1944 die Presse, als die Rote Armee bereits in den Vororten kämpfte.
Die auf einen Eisenbahnwagen verladene mobile Druckerei rollte in die 180 km weiter westlich gelegene lettische Hafenstadt Libau, wo die DZO noch bis Anfang 1945 als kleine 2-seitige Ausgabe herauskam.
Hier im Westen Lettlands schloss die russische Armee 400.000 deutsche Soldaten (16. und 18. Armee) ein.
Hitler verwarf Großadmiral Dönitzs Angebot, sie aus den Häfen Libau und Windau über die Ostsee zu entsetzen.
So mußte die "Heeresgruppe Kurland" die Stellung bis Kriegsende halten, an dem 180.000 Mann in Gefangenschaft gerieten.

22.4 "Der Mitteldeutsche" in Magdeburg 1945
Dr.Michel siedelte im Dezember 1944 nach Magdeburg um, wo er von Januar bis März 1945 als Hauptschriftleiter der Zeitung "Der Mitteldeutsche" arbeitete.
Wegen der Kriegshandlungen konnte die Zeitung aber nicht gedruckt werden.
Ausgebombt und mit Verbrennungen an beiden Händen zog er am 25. Januar 1945 nach Schönebeck / Elbe. E)

23 Internierung, Entnazifizierung, "Flensburger Tageblatt" 1945-1949
Am 9. Mai 1945 verhaftete ihn die amerikanische Besatzungsmacht und lieferte ihn in ein britisches Internierungslager bei Paderborn ein, wo er bis September 1947 einsaß.
Zwar nährten die polizeilichen Untersuchungen den Verdacht, daß Dr.Michel wegen seiner Nähe zu Lohse Kenntnisse von den Greueltaten im "Reichskommissariat Ostland" hatte, doch konnten dafür keine Beweise erbracht werden.
Der Anklagevertreter des zuständigen Spruchgerichts in Hiddesen bei Detmold stellte das Ermittlungsverfahren gegen Dr.Michel schließlich im November 1948 ein, weil der Journalist lediglich von 1938 bis 1941 ... im Gaupresseamt der Gauleitung in Kiel gewesen ist." 112)
Mit der Kategorie III. verließ er das Lager.
Im Entnazifizierungsverfahren stufte man ihn am 19. Januar 1948 zuerst in die Kategorie IV. (ohne Vermögenssperre), weil er seit 1933 NSDAP-Mitglied, 1937-1941 Gauhauptstellenleiter und in der SA Hauptsturmführer war.
Er durfte nicht mehr als Hauptschriftleiter, aber als freier Schriftsteller tätig sein.
Seit dem 3. Februar 1948 arbeitete er beim "Flensburger Tageblatt" als "Kunstreferent" für die Schleswiger Sparte "Theater / Musik / Vorträge".
Er zeichnete mit "Dr. -el.", stand aber nicht im Impressum.
Nach periodischer Überprüfung gelangte er am 7. Juni 1949 ohne irgendwelche Einschränkungen in die Kategorie V.
Damit durfte er wieder als Hauptschriftleiter arbeiten. E)

24 Bürgen 1933-1934 und Leumundszeugnisse 1945-1948
In seinem Lebenslauf von 1933 für den "Reichsverband Deutscher Schriftsteller" mußte Dr.Michel Bürgen benennen:
Hans Franck (Dichter, der ihm auch nach 1945 ein Leumundszeugnis ausstellte),
Wilhelm Scharrelmann (Vorsitzender der "Kogge"),
Hermann Claudius (Dichter),
Hans Friedrich Blunck (Dichter),
H. Schlörrer (Landesleiter der Deutschen Bühne in Lübeck) und
Jochen Meyer-Quade. BR)
Im Ermittlungsverfahren wegen seiner ehemaligen Logenzugehörigkeit benannte er 1934 folgende Bürgen:
Otto Gestefeld aus Tolk (1925 Gründungsmitglied der NSDAP im Kreis Schleswig),
Jürgen Jöns (seit 1928 Ortsgruppenleiter der NSDAP Erfde),
Ernst Kolbe und Jochen Meyer-Quade. BO)
Dr.Michels Entnazifizierungsakte enthält einen beeindruckenden Stapel von 38 positiven Leumundszeugnissen, die folgende Besonderheiten aufweisen: 16 stammen von Menschen, die er aus Lettland kannte, 7 aus Schleswig und 15 aus anderen Teilen Deutschlands.
Die Letten lobten insbesondere Dr.Michels Einsatz gegen die Prügelstrafe für säumige lettische Bahnbedienstete.
Die lettische Schriftstellerin Zenta Maurina hatte ihm nicht nur ein positives Leumundszeugnis ausgestellt, sondern in ihren Lebenserinnerungen auch dankbar unter dem Pseudonym "Dr.Larix" erwähnt. 113)

RÜCKKEHR NACH SCHLESWIG

25 "Schleswiger Nachrichten" 1949-1965
Am 17. Juli 1949 erhielt das "Flensburger Tageblatt" einen Lokalteil mit dem Namen "Schleswiger Neueste Nachrichten".
Der Schleswiger Redakteur wurde im Impressum nicht namentlich aufgeführt.
Am 1. Dezember 1949 hatten die Schleswiger "ihre" Zeitung wieder.
Der Flensburger Zeitungsverlag deckte den überregionalen Teil ab, Dr.Michel versorgte den Kreis Schleswig.
Sieht man einmal von einem Artikel gegen den SSW am 26. Mai 1955 ab114), dann enthielt sich Dr.Michel in der Nachkriegszeit jeglicher politischer Meinungsäußerung.
Dafür verbreitete er seine Reiseerlebnisse.
Kanada gefiel ihm besonders, was wohl daran lag, daß seine Tochter dorthin ausgewandert war.
Im Rahmen einer Serie von Reiseberichten deutscher Seeleute der Handelsschiffahrt fanden sich Anfang der 60er Jahre zwei Aufsätze von Dr.Michels Schwiegertochter, die ihren Mann manchmal auf Reisen begleitete.115)
Dr.Michels letzter Arbeitstag bei den SN war der 31. März 1965.

26 Sonstige Aktivitäten
Die folgenden Angaben stammen größtenteils von Dr.Michel und konnten nicht alle nachgeprüft werden.
Wo eigene Bestätigungen vorliegen, sind sie mit (eB ) markiert.
Dr.Michel arbeitete sporadisch für folgende Zeitungen:
"Landesbauernschaft Schleswig-Holstein" (eB),
"Dortmunder Zeitung",
"Hörder Volksblatt",
"Der Schacht",
"Wochenschrift für Deutsche Kunst",
"Daheim",
"Türmer",
"Schleswig-Holsteiner" (eB),
"Zeitschrift Ostland" (eB) und
"Lloyd - Post".
Dr.Michel war Mitglied der "Kogge" 116) und des "Eutiner Dichterkreises".
In folgenden Anthologien ist er vertreten:
"Almanach der Freunde der Dortmunder Stadtbibliothek",
"Prager Almanach" und
"Junge Deutsche Dichtung".
Sein Hörspiel "Baby wird ein Mensch" soll 1933 zweimal im Reichssender Hamburg ausgestrahlt worden sein.
1924 war sein Essay "Strindbergs Wandlungen und Katastrophen" fertig.
Beide Stücke sind schon lange vergriffen. 1959 verfaßte Dr.Michel die Geschichte der Schleswiger Fa. Rasch (eB).117)

27.1 Würdigungen für Dr.Behrens und Hans Flatterich
Dr.Michel agierte in seiner Zeitung nach dem Motto:
"Viel Feind, viel Ehr." 118)
Ausnahme: Schleswigs langjähriger Bürgermeister Dr.Oscar Behrens (1912-1933).
Bei seinem Abgang würdigte er ihn am 23. Oktober 1933 so:
"Persönlich makellos mußte er weichen, da er keine inneren Berührungspunkte mit der nationalsozialistischen Weltanschauung hatte, da er seiner ganzen Art nach dem Dritten Reich wesensfremd gegenüberstand und da infolgedessen die Vertrauensbasis für eine reibungslose Zusammenarbeit im neuen Geiste fehlte."
Am 18. März 1950 schrieb er in den SN:
"Auch für die, die - wie der Schreiber dieser Zeilen - manchmal nicht mit [Dr.Behrens] konform gingen, stand in jedem Fall die lautere Unantastbarkeit seines Charakters, sein gründliches Fachwissen und nicht zuletzt die Widerstandskraft seiner Nerven außer Zweifel."
Anläßlich des Todes seines alten Konkurrenten Hans Flatterich von der "Volkszeitung" las man in den SN vom 6. März 1964:
"Bei aller Konsequenz, die der Verstorbene aus seiner Gesinnung zu ziehen bereit war, blieb er immer ein Mann des Ausgleichs, der sachlich bemüht war, dem demokratischen Gedankengut und den demokratischen Einrichtungen zu dienen."

27.2 Würdigungen für Dr.Michel
In den SN wurden sechs positive (1936, 1937, März, April und Dezember 1965, 1978) und ein kritischer Artikel (1995) über Dr.Michel gefunden. 119)
Der "Schleswig-Holsteiner" würdigte ihn 1937. 120)
Das Amtsblatt "Dortmunder Bekanntmachungen" ehrte ihn anläßlich seines 80.Geburtstages.

28 Lebensabend 1965-1978
Dr.Michel trennte sich in den 50er Jahren ohne offizielle Scheidung von seiner Ehefrau und zog zu einer befreundeten Dame.
Er starb am 4. Juni 1978 in Schleswig und wurde zur See bestattet.
Seine Frau entschlief 1989 und fand ihre letzte Ruhestätte in einem anonymen Grab auf dem Michaelisfriedhof. 121)

EIN MÖGLICHER BEWEGGRUND FÜR DR.MICHELS HINWENDUNG ZUM NATIONALSOZIALISMUS: DIE SUCHE NACH DEM FÜHRER

Im folgenden soll versucht werden, Dr.Michels Beweggründen für seine schließliche Hinwendung zum Nationalsozialismus auf die Spur zu kommen, und zwar anhand seiner Artikel und besonders seiner Gedichte.
Das Ergebnis sei hier vorweggenommen: ein Grund war offensichtlich Dr.Michels Suche nach einem Führer, dem er folgen konnte und den er schließlich in Adolf Hitler fand. - Schon 1925 anläßlich der Reichspräsidentenwahl suchte Michel unter den Kandidaten nach einer Führerpersönlichkeit, folgte einigen zeitweilig, aber verwarf sie dann wieder.

29.1 "Der schwarz-weiß-rote Redaktör"
Nach dem Tode des Reichspräsidenten Friedrich Ebert (SPD) im Jahre 1925 entbrannte der Wahlkampf um seine Nachfolge, in dem sich Dr.Michel persönlich sehr engagierte.
Durch drei Schmähgedichte Dr.Michels herausgefordert 122), revanchierte sich die "Schleswiger Volkszeitung" am 25. April 1925 folgendermaßen:

"Der schwarz-weiß-rote Redaktör.
Er flattert hin, er flattert her,
Der schwarz-weiß-rote Redaktör.
Zunächst hat er Eckner zum Präsidenten erkoren,
Dann Jarres, dem teutschesten, Treue geschworen.
Doch dieser (für Deutschland welch ein Glück)
,starb´ an Versackungspolitik.
Drauf - kaum 12mal rundet der Zeiger die Uhr -
Preist er Hindenburgs Kandidatur.
Er, Hindenburg, Feldmarschall und Ritter zugleich,
Bringt uns auf Erden das Himmelreich.
Marx? Ne! Ins Fegefeuer führt der uns hinein.
Drum kann er unser Erlöser nicht sein!
Und gläubig liest Tantes Leserschar (s. Erkl.),
Was ihr ein hoher Geist gebar.
Die Armen, die Blinden, sie merken es kaum.
Daß alles, alles nur Seifenschaum!
Und immer flattert er hin und her,
Der schwarz-weiß-rote Redaktör.
Ich wette, eh´ dreimal gekräht der Hahn,
Hat er auch Hindenburg abgetan!"

Die Volkszeitung karikierte hier sehr treffend Dr.Michels wichtigsten Charakterzug, weshalb er genauer analysiert werden soll.
Mit "Marx" war der ehemalige Reichskanzler Wilhelm Marx (Zentrum) gemeint.

29.2 Dr.Hugo Eckener
Der Flensburger Journalist und Luftschiffkonstrukteur Dr.Hugo Eckener überführte 1924 den Zeppelin LZ 126 als Reparationsleistung in die USA.
Damit gelang ihm als Erstem die Atlantiküberquerung mit einem Zeppelin. 123)
In Manhattan ehrte man ihn mit einer Konfettiparade, und Präsident Hoover begrüßte ihn als einen "modernen Columbus".
Am 27. September 1924 zitierte Dr.Michel den Korrespondenten der französischen Zeitung "Quotidien" so:
"Dieser Mann ist ein Führer.
Als er mit mir durch die Werkstätten geht, kennt er jeden Arbeiter bei Namen und alle scheinen ihm zu vertrauen.
Eckener ist groß, seine Schultern sind breit, er hat eine hohe Stirn, längliches Gesicht, klar grüngraue Augen, der Kopf ist der eines stolzen Asketen, wie Holbein ihn gemalt haben würde."
Am 3. März 1925 fand sich dann auch als Schlagzeile in den SN:
"Wer wird Reichspräsident? Unsere Parole: Dr.Eckener!"
Doch befand sich Dr.Michel mit seinem Aufruf für Dr.Eckener (noch) in einer Minderheit.
1931 bestätigten die Leser der führenden italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" Dr.Eckeners Popularität, indem sie ihn zur bekanntesten Persönlichkeit der Welt wählten.
Ein Jahr später wollten SPD und Zentrum von seinem Rang profitieren, indem sie ihm die Kandidatur als Reichspräsidenten antrugen, was dieser aber nur unter der Bedingung angenommen hätte, wenn von Hindenburg nicht mehr kandidiert hätte. 124)

29.3 Dr.Karl Jarres
Im ersten Wahlgang errang Dr.Karl Jarres (DVP) die relative Mehrheit mit 10 Millionen Stimmen.
Dr.Michel hob ihn am 30. März 1925 mit folgenden Worten auf den Schild:
"Den Führer, nicht den Parteimann!
Den Träger des nationalen Willens, nicht den Knecht der Parteischablone!
Die Stunde wird kommen, bald schon!
Und darum mit aller Kraft vorwärts, den Weg zu bereiten dem deutschen Führer im deutschen Staate!
Haltet fest an Dr.Jarres!"

29.4 Paul von Hindenburg
Dr.Jarres trat aber zugunsten von Paul von Hindenburg (parteilos) zurück, was Dr.Michel am 25. April 1925 wieder mit einer Schlagzeile begleitete:
"Auf zum Sieg für Hindenburg!" Anläßlich seines Schleswig-Besuchs begrüßte ihn Dr.Michel 1927 auf der Titelseite mit einem Gedicht. 125)

29.5 Bogislav von Selchow
Was der "Dichter" der "Schleswiger Volkszeitung" nicht wissen konnte, war, daß Dr.Michel schon vor Dr.Eckener eine Leitfigur verehrte, nämlich Bogislav von Selchow, einen Marineoffizier aus dem Ersten Weltkrieg.
Michel lernte ihn während seines Studiums in Marburg kennen.
von Selchow tat sich in Marburg dadurch hervor, daß er anläßlich des Generalstreiks im März 1920 das "Studentenfreikorps Marburg" (Stukoma) aufstellte und in Thüringen gegen streikende Arbeiter einsetzte.
Auf Grund seines Befehls wurden zwölf Gefangene bei ihrem "Fluchtversuch" erschossen. 126)
Dr.Michel schrieb über diesen Mann im Jahre 1922 so:
"Aesthetentum und Härte. Bemerkungen zum Schaffen Bogislav v. Selchows ...
Mit Recht fordert Oswald Spengler von der Kunst der Zukunft:
,Römische Härte ist es, was jetzt in der Welt beginnt.
Für anderes wird bald kein Raum mehr sein´ ...
Der lyrische Erfüller dieser Forderung scheint Bogislav von Selchow zu werden ...
Wer mit ihm in Berührung kam, wer ihn erlebte ...,
der wußte es: eine überragende Persönlichkeit ...
Männer wie er geben Mut zu neuem Glauben an die Zukunft des deutschen Volkes." 127)

29.6 Adolf Hitler
Hans Flatterich schaute weit voraus, als er den Refrain schrieb:
"Und immer flattert er hin und her,
Der schwarz-weiß-rote Redaktör.
Ich wette, eh´ dreimal gekräht der Hahn,
Hat er auch Hindenburg abgetan!"
Denn am 3. März 1932 lasen die Schleswiger Dr.Michels Erlebnisse von der Hitler-Kundgebung in Hamburg anläßlich der Reichspräsidentenwahl:
"Zum letzten, - kritischen, ablehnenden oder restlos bejahenden - Verständnis aber gelangt nur derjenige, der den Schöpfer und Führer der NSDAP selber hört und erlebt.
Und ein großes Erlebnis ist es immer und in jedem Fall, für den Abseitsstehenden wie für den längst überzeugten Nazimann ...
Es ist eine innere Besessenheit, die sich aus ihm kundtut, ein bergeversetzender Glaube an Deutschland und seine Mission, und mir scheint, daß da nicht einer spricht, der eine vorbereitete Rede halten will, sondern daß es aus ihm spricht ...
Hitler verabschiedet sich und sein Weg ist eine schöne Art Spießrutenlaufen durch einen ehrlichen Jubel seiner Getreuen, durch einen tausend.- und abertausendfachen Jubel, wie ihn das kühle, zurückhaltende Hamburg wohl nie zuvor vernommen hat, durch einen Jubel, an dem auch diejenigen in deutschen Landen nicht achtlos vorübergehen können, die nicht in der Bewegung Adolf Hitlers stehen."
Jetzt war Adolf Hitler sein endgültiger Führer geworden.
Dr.Michel unterstützte ihn seitdem bedingungslos und nahm sogar das zeitweilige Verbot seiner Zeitung in Kauf.

Die Suche nach dem männlichen Vorbild



30.1 Überblick über die Gedichte
264 Gedichte lassen Dr.Michel als einen fleißigen Lyriker erscheinen.
Sie verteilen sich auf vier Gedichtbände 128) und fünf Zeitungen.
Die Themen seiner Gedichte umfassen alle Lebensbereiche.
Kindergedichte gehören zu seinen Stärken, Humor läßt er vermissen.
Zehn Gedichte wurden vertont und zwar von Otto A. Buschta, Walrad Guericke, Willy Hansen, Christian Lübeck, Elsa Rademacher, Ili Schubert und Johannes Stert.
Anläßlich des 23. Niedersächsischen Bundessängerfestes 1926 in Schleswig schrieb Willy Hansen die Partitur für den Begrüßungschor, während Dr.Michel die Verse verfaßte. 1960 und 1977 wurde Dr.Michels "Frühlingsabend an der Schlei" vorgetragen. 129)

30.2 "Mutter"
1943 verließ Dr.Michels Gedichtband "All Unser Leben" die Rigaer Druckerei.
Besondere Aufmerksamkeit verdient hierin der Zyklus "Die Lebensalter".
Die Gedichte lauten: "Mutter - Werdende Mutter - [Vornamen der Tochter] - [Vornamen des Sohnes] - Das Kind - Kinderneugier - Wiegenlied - Tick-Tack - Spiel, mein Kind, spiel - Hansels Wiegenlied - Der Knabe - Junges Mädchen - Der Jüngling - Wunsch des Paten - Der Greis".

Das "Mutter"- Gedicht hat folgenden Wortlaut:

"Du stehst so hoch,
viel höher, als wir alle stehen.
Du bist unendlich wie das träumetiefe Meer.
Du lehrtest sorglich mich die ersten Schritte gehen,
und deine Hand, die gab und gibt, wird niemals leer.
Ja, deine werkgewohnten Hände sind wie Segen
und strömen Güte, starken Trost und Zuversicht.
Sie haben tausendmal auf meiner Stirn gelegen,
bis alle Not sich wandelte zu hellem Licht.
Aus deiner Seele Schoß wächst ewig neue Liebe,
und unaufhörlich sinnst du Gutes Tag und Nacht:
Für andre alles, für dich selbst nur, was noch bliebe! ...
Dein Wohltun ist ein unergründlich tiefer Schacht.
Und immer bist du um mich, gibst mir Heimatruhe,
wenn Unrast in mir brandet, Kampf und schwere Zeit.
Die Wunder deiner Liebe wölben sich zur Truhe,
auf die der Himmel lauter gold´ne Kronen reiht.
Du stehst so hoch, viel höher als wir alle stehen.
Dein Tun ist von Gott selbst die auferlegte Pflicht.
Durch alle meine Stunden wird dein Atem wehen.
Ich weiß: er fleht für mich und betet, fromm und schlicht."
(Vertont von Christian Lübeck)

Unschwer sind eine starke Mutterbindung und Parallelen zur Marienverehrung erkennbar.
Das Bild, das Dr.Michel von seiner Mutter entwarf, könnte aus der Sicht eines Kindes verständlich wirken, aber aus der Feder eines 48-jährigen Mannes ist es doch ungewöhnlich.
1958 - Dr.Michel war bereits 63 Jahre alt - veröffentlichte er ein ähnliches Mutter-Gedicht. 130)
Um sich zu einer unabhängigen Persönlichkeit entwickeln zu können, bedarf es gegenüber der Mutter eines männlichen Widerpartes, der normalerweise durch den Vater repräsentiert wird.
Bei der Betrachtung des Zyklus "Die Lebensalter" fällt jetzt umso mehr das Fehlen eines Gedichtes auf, das den Namen "Der Vater" tragen müßte.
In seinem 1960 erschienen Band "Stunden der Besinnung" wiederholte Dr.Michel diesen Zyklus, wobei auch hier "Der Vater" fehlte.
Die Zeitungsrecherchen förderten zutage, daß die Urform des Zyklus bereits verstreut in den SN der Jahre 1928-1929 zu lesen war:
"Mutter - Das Kind - Der Knabe - Der Jüngling - Der Mann - Werdende Mutter - Der Greis". Hier stand der männliche Widerpart, aber mit was für einem Gedicht:

30.3 "Der Mann
Die Welt ist Dir ein Fels,
aus dem Du mit bewußter Kraft
den Trunk schlägst für Dein wolkenüberspanntes Wirken.
Du schürfst in tiefen Stollen,
da der Springquell Gottes klafft
und schwingst den Hammer königlich in den Bezirken,
die widerspenstig trotzen wie der Elemente Chor.
Du zwingst sie Dir zu eigen, kühner Vorwärtsschreiter,
und baust von Ungewiß zu Ungewiß das Zukunftstor
wenn Du Dich gibst als reifer Schöpfer und Geweihter.
Und manchmal irrst Du ab vom Wege zu der schwachen Zeit
in die Verknechtung wunderloser Menschenstunden.
Du bettest Deine Zweifel in die Weltzerrissenheit
und glaubst Dich müde Deinem innern Ziel entbunden.
Doch greift zum neuen Mal Dein starker Arm den Erdenpflug:
Du gibst dem Halbgetanen wieder Sinn und Wendung
und führst Dein Such-Erleben, das der Allmacht Spuren trug,
zu einem Sieg der schaffenden Vollendung." 131)
Dr.Michel entwirft hier das Bild eines Halbgottes, in dem sich kein Mann wiedererkennen kann.

30.4 Mann = Führer
Anläßlich des 45. Geburtstages von Adolf Hitler schmückte Dr.Michel die erste Seite der SN mit einem Bild des Führers. 132)
Unter dieses Bild setzte er das "Der Mann" - Gedicht ohne Überschrift.
Die erste Zeile begann mit "Deutschland ist Dir ein Fels ...".
Die nur hier kursiv gedruckte Strophe ließ er weg.
Es wurde mit "Fritz Michel" gezeichnet. Später druckte er es noch dreimal ab unter dem Titel "Der Führer". 133)

30.5 Zusammenfassung der Gedichtinterpretationen
Fritz Michel wuchs unter der liebevollen Obhut seiner Mutter auf, die er abgöttisch liebte.
Sein Vater spielte in seinem Leben überhaupt keine Rolle, weil dieser sich entweder nicht um ihn kümmerte oder weil die Mutter den Sohn vom Vater isolierte. 134)
Dies schlägt sich auch in einer Statistik nieder:
Das Wort "Mutter" mit all seinen Ableitungen kommt in seinen Gedichten 35-mal, das Wort "Vater" aber nur 12-mal vor, wobei der Bezug zum eigenen Vater immer fehlt.
In seinem Suchen nach einem männlichen Vorbild fand Dr.Michel Idole wie von Selchow, Dr.Eckener, Dr.Jarres und von Hindenburg.
Wie ein Mann in seinen Augen aussehen müßte, beschrieb er 1929 in dem Gedicht "Der Mann", der nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem realistischen "Mannsbild" hat.
Dieses Gedicht widmete er 1934 Hitler, den er bis 1945 als "die" männliche Identifikationsfigur schlechthin ansah.

31 Würdigung
Zwielicht fällt auf Dr.Fritz Michel.
Es wird aus mehreren Quellen gespeist:
Der fehlende Eintrag seiner Dissertation im Katalog der Universität Marburg, die lebenslange, wissentlich falsche öffentliche Behauptung, er habe 1920 das Staatsexamen absolviert 135) und drei weitere falsche Aussagen zum beruflichen Werdegang.136)
Seine journalistische Arbeit in Kassel 1921/22 war tadellos.
Das Urteil des parteilosen schleswig-holsteinischen Regierungspräsidenten Dr.Abegg 137) über Dr.Michels Arbeit in Schleswig von 1923 bis 1929 fiel hingegen sehr kritisch aus.
Mit seiner journalistischen Arbeit in den 20er und 30er Jahren fügte Dr.Michel der jungen Demokratie Schaden zu.
Seit Ende 1929 unterstützte er den Nationalsozialismus.
Seine erste Unterschrift unter einem antisemitischen Beitrag fand sich 1932.
Von 1933 bis 1944 schrieb er als ein politisch linientreuer Journalist.
Er setzte sich für Kollegen ein, die wirtschaftlich und politisch in Schwierigkeiten gekommen waren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verhielt er sich unauffällig.
Wie sah er rückblickend sein Verhältnis zum Nationalsozialismus? Im Gedicht "Passion 1945" schrieb er:

"Millionen, die ein reiner Glaube trog,
vergehen in dem unbarmherz´gen Sog
des Strudels von Verzweiflung,
Hunger, Frost und Regen." 138)

32 Bildernachweis
Abb.1: Dank an Frau Eva Nagel
Abb. 2, 6: BSSt, 12, 1967, S. 73
Abb. 3: Bunndesarchiv - Dr. Michel
Abb. 4: Dank an Frau Goda Flatterich, Schleswig
Abb. 5: Abegg, Waldemar: Eine Reise um die Welt im Jahre 1905. Westermann, Braunschweig 1988, S.35
Abb. 7: Dank an Frau Pia Hesse, schleswig, Tochter von Carl Schäfer
Abb. 8, 9: Nachlaß Hans Friedrich Bluck, Landesbibliothek in Kiel
Abb. 10: Siehe Anmerkung Nr. 128

33 Anmerkungen
1. SN, 23.6.1933
2. SN, 19.4.1934
3. "Sprechsaal" nannte man damals die Leserbriefecke einer Zeitung
4. "Pg."= Parteigenosse
5. SN, 1.2.1937
6. Brief an Dr. Hans Friedrich Blunck vom 5.11.1933, Nachlaß in Landesbibliothek Kiel
7. Dr. Michels Vorwort zu seinem 1960 erschienen Gedichtband "Stunden der Besinnung"
8. Schreiben der Georg-August-Universität Göttingen vom 26.5.1999 an den Verfasser
9. Schreiben der Universitätsbibliothek Marburg vom 20.5.1999 an den Verfasser
10. Siehe die Bilder von Dr. Michel; Entnaz.-Akte von Dr. Michel; am 18.5.1999 bat der Verfasser in einem Schreiben die Burschenschaft Arminia um Bestätigung von Dr. Michels Mitgliedschaft, erhielt aber keine Antwort
11. Promotionsakte, Staatsarchiv Marburg, Bestand 307d, acc. 1932/ 51, Nr. 276
12. Persönliche Auskunft von Frau Prof. Dr. Schober, em. Romanistin in Berlin
13. Siehe Anmerkung "Promotionsakte"
14. SN, 6. 6.1978
15. Siehe Anmerkung "Universitätsbibliothek Marburg"
16. Staatsexamensakte, Staatsarchiv Marburg, Bestand 309 d, acc. 1954 /17, Nr. P.852
17. Ebenda
18. Seine bekanntesten Werke sind: Kobbe, Carl-Friedrich: Salamander soll glühen, Phantastische Erzählungen, München 1948; Kobbe, Carl-Friedrich: Zwischen den Zeiten: Hamburger Theater 1930, Hamburg 1930
19. SN, 13.10.1928
20. Wegen der Ähnlichkeit der Parteinamen hier zur groben Unterscheidung von DNVP und DVP zwei von vielen Punkten: Die DVP war staatstragend, die DNVP stand der demokratischen Staatsform ablehnend gegenüber. Die DNVP war antisemitisch, die DVP nicht. Bekanntester Vertreter der DVP war der Reichskanzler und Außenminister Dr. Gustav Stresemann, bei der DNVP war es der Zeitungsmogul Alfred Hugenberg
21. Bödewadt soll laut Vollertsen während des Kapp-Putsches eine Handgranate auf eine Gruppe von Arbeitern und Soldaten geworfen haben. Der Verfasser hält Vollertsens Quelle für unglaubwürdig. Grund: Hätte sich dieser spektakuläre Vorfall wirklich so zugetragen, so müßte es dafür Bestätigungen geben, was aber nicht der Fall ist. Vollertsen, Nils: Der Kapp-Putsch in Schleswig 13. - 20. März 1920. BSSt, 24, 1979, S. 152, 156 22. BSSt, 12, 1967, S. 71-72
23. Reimers, August: Das Husarenregiment Kaiser Franz Joseph von Österreich, König von Ungarn (SchleswigHolsteinisches) Nr. 16 sowie Reserve-Husaren-Regiment Nr. 7 und Reserve-Kavallerie-Abteilung Nr. 80, Berlin 1937
24. Institut für Deutsche Adelsforschung, Claus Bill, Owschlag. Listen aller adeligen deutschen Namen auf seiner website: http://www.edelleute.de 25. SN, 3.10.1929 bis 12.10.1929
26. Mündliche Information von Herrn Christian Loefke in Dortmund am 19.12.1999; Brief von Frau L. aus D. an den Verfasser vom 26.3.2000
27. Heller, Peter / Wernecke, Klaus: Der vergessene Führer, Alfred Hugenberg: Pressemacht u. Nationalsozialismus, Hamburg 1982; Basse, Dieter: Wolff's Telegraphisches Bureau 1849 bis 1933: Agenturpublizistik zwischen Politik und Wirtschaft, Reihe: Kommunikation und Politik 21, München 1991
28. Es existierten noch Blätter wie "Erfder Zeitung" (1926-1935), "Schleswig-Holsteinische Landpost" (1926) und "Süderbraruper Tageblatt" (1931) als Kopfblatt (S. Erkl.) der "Rendsburger Tagespost", die der Verfasser aber nicht gesehen hat. Abt.301 Nr. 5816, 5817, 5818
29. LAS Abt.309 Nr. 8534, Abt. 309 Nr. 12617, Abt.301 Nr. 5816
30. Auskunft der SN-Redaktion am 29.1.2001
31. SN, 9.9.1924
32. Hinrichsen war von Beruf Steuerberater
33. Nach dem Krieg zeigte der Installateur Wilhelm Zimmermann Dr. Michel wegen schwerer Geschäftsschädigung an. Dr. Michel schob die Verantwortung auf seinen Stellvertreter Franz Götke. Siehe dazu das Kapitel "Anprangerungen"!
34. SN, 5.12. und 9.12.1935
35. SN 13.4.1931
36. LAS Abt. 309 Nr. 12617
37. LAS Abt. 309 Nr. 731 I, LAS Abt. 354 Nr. 392, LAS Abt. 309 Nr. 12618
38. Clausen, Hermann: Der Aufbau der Demokratie in der Stadt Schleswig nach den zwei Weltkriegen, Flensburg 1966,S.33 39. Ueck, Almut: Die politische Entwicklung in Schleswig 1929-1934. Wissenschaftliche Hausarbeit für das Lehramt an Gymnasien,1984, S. 7
40. Abt.309 Nr. 35276
41. Pedersen war seit 1.8.1933 Lehrer in Schleswig. Dank an Herrn Rene Rasmussen, Forskningsafdelingen ved Dansk Centralbibliotek for Sydslesvig i Flensborg. Daß Pedersen "Der Schleswiger"-Korrespondent war, liegt sehr nahe, ist aber nicht bewiesen
42. Der Schleswiger, 7.10.1933; SN, 6.10.1933
43. SN, 2.5.1931 bis 5.5.1931
44. Rene Rasmussen: "Man lernt zu denken und zu schweigen". "Flensborg Avis" - eine Quelle alternativer Information? In: Zwischen Konsens und Kritik. Flensburger Beiträge zur Zeitgeschichte Band. 4, 1999, S. 269-307
45. Ueck a.a.O. S. 6
46. Siehe das Kapitel "Konkurrenz durch die ,Flensburger NachrichtenÒ
47. Ueck a.a.O. S. 7
48. LAS Abt.309 N r. 8534
49. Sie hieß dann "Wegweiser für Gehörlose". Bibliothek der "Staatlichen Internatsschule für Hörgeschädigte" in Schleswig. Gedruckt wurde die Zeitung bei Heinrich Maas in Schleswig
50. SN, 13.6.1909, 13.2.1919, 1.9.1922, 5.1.1923
51. SN 10.3.1937
52. Für diese Erklärung dankt der Verfasser Herrn Bernd Philipsen von den SN.
53. Am 16.1.1926 nahm der Rundfunksender Kiel seinen Betrieb auf.
54. SN, 2.1.1929: Anzahl der Rundfunkteilnehmer in den Jahren 1924: 31, 1925: 102, 1926: 279, 1927: 527.
55. Zum Beispiel: "Fritz Michel / Für Robert Walter", SN, 27.10.1928
56. SN 19.3.1929, 23.3.1929
57. seit 23.6.1930 SN; diese Artikelserie war nicht namentlich gezeichnet, aber in einem Lebenslauf im Bundesarchiv bekannte sich Dr. Michel zu ihrer Urheberschaft
58. SN, 25.4.1931, 17.3.1932; NR, 24.9.1940; Buch: Westen ohne Schminke 1940, DZO, 19.2.1942, 8.8.1943, SN, 9.10.1955, 13.1.1961, 6.8.1961, 10.7.1962, 30.7.1963, 17.7.1964
59. SN, 8.3.1923, 29.6.1923, 22.11.1923
60. Christiansen, Theo.: Schleswig 1836-1945. Schleswig 1973, S. 69
61. Hierzu gehörte insbesondere Hermann Clausen. Aber auch der NS-Protagonist Dr. Adolph Herting besuchte nach dem Krieg dänische Sprachkurse. Herting, Dietrich: Dr. Adolph Herting - nicht nur ein Schleswiger Leben. BSSt, 42, 1997, S. 117
62. SN, 26.5.1955 "Vor der Wahl klang es anders"
63. SN, 31.7.1931; Jette D.Söllinge og Niels Thomsen: De Danske Aviser 1634-1989, Odense 1989, S. 655
64. Clausen a.a.O. S. 34
65. deutschsprachige Transskription von "bourgeois" = bürgerlich
66. Wortspiel mit "Tante" (S. Erkl.) und "Dantons Tod" von Georg Büchner (1835)
67. SN, 29.7.1932
68. Clausen a.a.O. S. 120
69. Ueck a.a.O. S. 4, 7
70. Kardel, Harboe: Mein Schleswiger Tagebuch. BSSt, 27, 1982
71. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 18, 1975, S. 256
72. SN, 3.7.1925; VZ, 4.7.1925
73. SN, 26.11.1924
74. LAS Abt. 301 Nr. 4503
75. Das Reichsbanner ging 1931 in der "Eisernen Front" auf
76. VZ, 29.8.1927
77. seit 21.11.1871, LAS 309 Abt. 731 II
78. "M." = Marie; Inhaberin war Wilhelmine Johannsen
79. LAS Abt. 301 Nr. 4504
80. "1920 zählte man in Schleswig-Holstein 75 Zeitungen, in 11 Orten gab es zwei und mehr Blätter. Mit Abstand am auflagenstärksten waren um 1925 die der rechtsextremen DNVP nahe stehenden "Kieler Neuesten Nachrichten" mit 65.000 Exemplaren." Danker, Uwe: Die schleswig-holsteinische Zeitungslandschaft im 20. Jahrhundert. SN, 30.10.1999
81. Flensburger Nachrichten, 3.6.1929, SN ab 6.6.1929
82. Im Jahre 1925 gab der damalige schleswig-holsteinische Regierungspräsident Dr. Adolf Johanssen folgende Beurteilung über den 48jährigen Dr. Waldemar Abegg ab: "Dr. A. ist ein besonders befähigter, kenntnisreicher Beamter. Er verbindet mit kluger Zurückhaltung die Fähigkeit wohldurchdachter und energischer Förderung der als wichtig erkannten Aufgaben, beherrscht mustergültig Wort und Schrift und versteht auch den schwierigen Verhältnissen, wie sie die vielköpfige Beamtenschaft mit sich bringt, durch sachliche Ruhe gerecht zu werden. Ich halte ihn durchaus geeignet zur Wahrnehmung der Geschäfte eines Regierungspräsidenten." Schleswig-Holsteinisches Biographisches Lexikon. Band 3, Neumünster 1974, S. 13-14: Artikel "Abegg" von Walter Alnor; Bild S. 208
83. Die jüdischen Gebrüder Barmat sollen Kriegsgewinnler in Lippe-Detmold gewesen sein
84. LAS Abt. 301 Nr. 4505; SN, 11.6.1960
85. SN, 21.12.1936
86. LAS Abt. 460 ung. Geschäftszeichen 312 /44085. Entnaz.-Akte von Wilhelmine Johannsen
87. Clausen a.a.O. S. 46
88. SN, 18.2.1932
89. SN, 14.11.1923
90. SN, 24.7.1929
91. SN, 17.9.1929
92. SN, 23.3.1932; Ritter, Falk: Adolph Herting (1896-1987), Schleswigs zweiter nationalsozialistischer Bürgermeister. BSSt, 44, 1999, S. 91, 92
93. Nur eines von vielen Beispielen: SN, 26.9.1933. Der ausführliche Erlebnisbericht des Schleswiger Zahnarztes Dr. Johannes Trahn vom Reichsstahlhelmführertag. Dr. Trahn war Kreisführer des Stahlhelms
94. s. Anm. 92
95. SN, 22.1.1925, 4.2.1925, 26.9.1925
96. Sein richtiger Name lautete: Franz Neugebauer. Er war Telegraphenoberinspektor, Stadt- und Kreistagabgeordneter der DVP und deren Vorsitzender. Clausen a.a.O. S. 87
97. SN, 24.8.1927 bis 29.8.1927; VZ, 30.8.1927
98. SN, 23.3.1932
99. SN, 1.4.1933
100. Langemarck-Bekenntnis: Langemarck ist ein deutscher Soldatenfriedhof bei Ypern (Belgien) aus dem Ersten Weltkrieg. Dort stürmten deutsche Soldaten mit dem Deutschlandlied auf den Lippen in den Tod
101. "Der Schleswiger", 26.6.1933
102. SN, 24.6.1933
103. Kirchenkreisamt Schleswig, Dom, Copulationen, Nr. 29, 12.8.1924
104. SN, 25.6.1934
105. VZ, 9.1.1929, SN, 27.6.1929, 12.9.1929
106. Reincke, Edith: Ein antijüdisches Plakat. In: Radtke, Christian, Gesprächskreis Erzählte Geschichte (Hrsg.), Schleswig im Nationalsozialismus, Zeitzeugenberichte 2, Schleswig 1998, S. 14
107. SN, 12.10.1927 Glossen; VZ, 27.10.1927; SN, 28.10.1927; VZ, 29.10.1927
108. VZ, 29.12.1932
109. Nachlaß von Dr. Hans FrieUrich Blunck in der Landesbibliothek Kiel
110. Persönliche Auskunft von seinem Sohn Herrn Joachim Meyer-Quade
111. Handrack, Hans-Dieter: Das Reichskommissariat Ostland. Die Kulturpolitik der deutschen Verwaltung zwischen Autonomie und Gleichschaltung 1941-1944, Hann. Münden 1981, S. 194-196
112. Rüdel, Holger: Einst pries er die Bücherverbrennung. SN, 26.6.1995
113. Maurina, Zenta: Die eisernen Riegel zerbrechen. Memmingen 1979, S. 200, 310, 311. Larix [lat.] = die Lärche
114. Der SSW wurde 1955 von der 5%-Klausel befreit
115. SN, 8.12.1962, 30.8.1963
116. Noch heute existierende Vereinigung deutscher, niederländischer und belgischer Dichter und Schriftsteller
117. Michel, Fritz: 75 Jahre Gebrüder Rasch AG, Flensburg 1958
118. SN, 21.12.1936
119. SN, 21.12.1936, 6.1.1937, 31.3.1965, 1.4.1965, 16.12.1965, 6.6.1978, 26.6.1995
120. Der Schleswig-Holsteiner, Grenzlanddeutsche Monatshefte für Politik und Kultur. 18.Jahr, Heft 4, April 1937, S. 1 121. Auskunft der Stadt Flensburg vom 15.3.2001; KKA Schleswig
122. SN, 1.4.1924, 23.4.1925, 24.4.1925
123. Schleswig-Holsteinisches Biographisches Lexikon. Band 3, Neumünster 1974, S. 90-92: Artikel "Hugo Eckener" von Gerhard Timmermann
124. SN, 27.5.2000
125. SN, 30.5.1927
126. Bogislav von Selchow: Hundert Tage aus meinem Leben. Leipzig 1936
127. "Westfälische Zeitung" Bielefeld, 11.12.1922; siehe auch SN, 12.12.1936 "Hundert Tage aus sechzig Jahren"
128. "Fluren und Gesichte" 1922, "All unser Leben" 1943, "Blühe Baum, blühe" 1943, "Stunden der Besinnung" 1960 129. LAS 422.11. Nr. B1; SN 5.7.1926; Beck, Hans und Sürig, Friedrich: Zur Geschichte der Schleswiger Singvereinigung von 1927. BSSt, 23, 1978, S. 153, 156
130. SN, 26.1.1958
131. SN, 4.5.1929
132. SN, 19.4.1934
133. NR, 11.4.1938; DZO, 30.1.1942; Gedichtband "All unser Leben" 1943
134. Eine Scheidung der Eltern könnte dies erklären. Da die Familie von Dr. Michel jegliche Auskunft verweigerte, bleibt die Antwort auf die Frage "Warum?" unbeantwortet.
135. SN, 6.1.1937; Lebenslauf vom 20.5.1940 - Bundesarchiv; Klappentext seines 1960 erschienen Gedichtbandes "Stunden der Besinnung"; SN, 12.7.1962 "Amburgo-Tremezzo 1197 km"
136. Studium von Italienisch und Spanisch in Kapitel 3; "zwanzig" Jahre Pressearbeit 1928 in Kapitel 4; "von Czernitzki" in Kapitel 5
137. LAS Abt. 301 Nr. 4505
138. Gedichtband "Stunden der Besinnung" 1960

34 Abkürzungen
BO) Akten des Bundesarchivs Berlin über Dr.Michel an den Verfasser am 22.9.1999 Gesch.-Z: R1b-99/D - aus dem ehemaligen Document Center - "Oberstes Parteigericht der NSDAP"
BP) Akten des Bundesarchivs Berlin über Dr.Michel an den Verfasser am 22.9.1999 Gesch.-Z: R1b-99/D - aus dem ehemaligen Document Center - "Parteikorrespondenz"
BR) Akten des Bundesarchivs Berlin über Dr.Michel an den Verfasser am 22.9.1999 Gesch.-Z: R1b-99/D - aus dem ehemaligen Document Center - "Reichsschrifttumskammer"
BSSt Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte DZO "Deutsche Zeitung im Ostland" in Riga
E) Entnazifizierungsakte von Dr.Fritz Michel, LAS Abt. 460.12 Nr. 196 LAS Landesarchiv von Schleswig-Holstein in Schleswig
NR "Nordische Rundschau" in Kiel
SN "Schleswiger Nachrichten"
VZ "Volkszeitung"

35 Erklärungen
Kopfblatt: So nannte man damals die Regionalausgabe einer Zeitung
Tante: Der Schleswiger Redakteur der Volkszeitung Hans Flatterich nannte die SN "Die Tante", nach dem Spitznamen "Tante Minchen", den die Verlegerin der SN Frl. Wilhelmine Johannsen trug.