300 Jahre Leben, Leiden und Sterben
in Schleswig-Friedrichsberg Teil 2 - 1667 bis 1966
 
von Falk Ritter

Veröffentlicht in: Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte 2023, S.39-52

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1. Vorwort
In den Beiträgen zur Schleswiger Stadtgeschichte 2016 veröffentlichte der Verfasser einen ähnlichen Aufsatz, der den Zeitraum 1667-1803 umfasste.
Der hier folgende 2. Teil sollte ursprünglich nur den Zeitraum von 1804-1966 beschreiben.
Doch stellte es sich bei der Analyse der Daten heraus, dass es besser wäre, beide Teile miteinander zu verschmelzen.
Insbesondere weil neue Erkenntnisse für das 17. und 18. Jahrhundert gewonnen wurden. 1)
Der Verfasser präsentiert hier nur einen Teil der errechneten Graphiken.
Interessierte können die anderen Grafiken im Schleswiger Kreis- und Stadtarchiv einsehen oder beim Verfasser unter falk.ritter@t-online.de erhalten. 2)  


 
Schaut man sich die Einwohnerzahlen von Schleswig auf der Grafik 1 an, so erkennt man, dass sie von 1720 (5.000) bis 1938 (23.000) fast kontinuierlich zunehmen, um 1945 wegen der vielen Flüchtlinge sprunghaft auf 44.000 anzusteigen.
Danach erfolgt ein kontinuierlicher Abstieg, der heute wieder das Vorkriegsniveau erreicht.
Diese Veränderungen müssen statistisch berücksichtigt werden.
Denn 100 Tote im Jahre 1720 stellen 2 % der Bevölkerung dar, während sie im Jahre 1938 nur 0,4 % repräsentieren.
Der Verfasser trug dem dadurch Rechnung, dass er bei der Auswertung die Bereiche 1667-1803 und 1804-1966 getrennt berechnete.
Als signifikant erachtet er nur die Ereignisse, deren Mittelwerte deutlich um die Standardabweichung über- oder unterschritten wird.
Beispiel: 100 Tote, Standardabweichung +/- 10.
Wichtig und diskussionswürdig sind dann nur die Werte, die deutlich über 110 oder deutlich unter 90 liegen.
Da z. B. die jährlichen Todeszahlen stark schwanken, wurden sie für die Graphiken statistisch geglättet, indem immer für 5 Jahre ein Mittelwert gebildet wurde.

Dazu zwei Beispiele:
1901-1902-1903-1904-1905    Mittelwert der Jahre 1901-1905 = 1903
1902-1903-1904-1905-1906    Mittelwert der Jahre 1902-1906 = 1904  

3. Gefallene Soldaten
Schleswig beherbergte auch Soldaten.
Laut Volkszählung im Jahre 1803 bestand z. B. die Infanterie aus 440 und die Kavallerie aus 158 Mann, somit eine Summe von 598 Kombattanten.
An gefallenen und verstorbenen Soldaten fanden sich in den Kirchenbüchern der Friedrichsberger Kirche:

1667-1847 nur vereinzelt verstorbene Veteranen        
1813      Schlacht in Sehestedt                  0
1848-1851 Schleswig-Holsteinische Erhebung     627
1864      Deutsch-Dänischer Krieg               0
1870-1871 Deutsch-Französischer Krieg            0
1914-1918 Erster Weltkrieg                     117
1939-1945 Zweiter Weltkrieg                   107  

4. Die Schlacht von Sehestedt 1813 und die verschwundenen Soldatengebeine
An der Schlacht in Sehestedt am 10. Dezember 1813 war auch das in Schleswig stationierte "Schleswigsche Infanterie-Regiment" beteiligt.
Dänemark kämpfte zu dieser Zeit auf Seiten Napoleons. 3)
Im Militärkirchenbuch Rendsburg Nr. 1.2 fanden sich 72 Musketiere des Schleswigschen Infanterie-Regiments, welche 1813/1814 in Hospitälern ihren Verwundungen erlegen waren.
Die Hospitäler lagen in RD (15), Oldesloe (3), HH (18), Lübeck (5), Altona (14), HH-Dammtor (13), Ahrensbök (1), Oldesloe (3) und Ratzeburg (2).
Die direkt in Sehestedt gefallenen Soldaten sind nicht im Militärkirchenbuch dokumentiert, auch existieren ihre Gräber nicht mehr.
Ursprünglich wurden die Gefallenen beidseits des "Langen Redders" (heute Bovenauer Straße) verscharrt, der von Sehestedt südlich nach Osterrade verlief. 4)
Wahrscheinlich wurden die Gebeine später einer wirtschaftlichen Verwendung zugeführt.
Diese Vermutung gründet auf den Ergebnissen einer im Jahre 2022 erschienen Untersuchung über die Schlacht bei Waterloo.
In dieser Schlacht am 18. Juni 1815 fielen ca. 20.000 Soldaten, jedoch finden sich dort weder Kriegsgräber noch Gebeine.
Die Skelette seien einige Jahre später ausgegraben und zu Düngemehl für die Landwirtschaft und zu Knochenkohle als Filter für die aufkommende Zuckerherstellung aus Rüben verwendet worden. 5)


Verbleib der Schädel und Gebeine: Filter für die Zuckerherstellung

Joachim Skierka schrieb bereits 1991 ähnlich darüber: "Ein einmaliges Beispiel dafür, wie Stadtarme ihre Not lindern wollten, bietet die Zeit um 1825.
England kaufte damals in großen Mengen Knochen auf dem Kontinent.
100 Pfd. wurden mit 12 ß bezahlt, später mit 32 ß und mehr.
Arme Leute sammelten also Knochen, um sie zu verkaufen, wühlten sogar in der Erde danach,  anscheinend mit besonderem Eifer und Erfolg ... Auf diese ausgefallene Weise erzielten die Armen eine für sie beträchtliche Einnahme.
Um 1830 sank zwar der Preis für Knochen, aber die Suche war immer noch lohnend." 6)

5. Schleswig-Holsteinische Erhebung 1848-1851
Das Schleswigsche Infanterie-Regiment wurde 1842 von Schleswig nach Hadersleben verlegt.
Als 13. Linien-Infanterie-Regiment kämpfte es seit 1848 auf dänischer Seite und erlitt 1850 in Oberstolk schwere Verluste. 7)
Die hohe Zahl von 627 gefallenen Soldaten 1848-1851 erstaunt zunächst.
In den offiziellen Listen von Heinrich Christoph Niese, dem Generalarzt der früheren Schleswig-Holsteinischen Armee, sind aber nur 17 Soldaten aus der Stadt Schleswig verzeichnet, die gegen die Dänen im Kampf direkt oder an den Folgen ihrer Verwundungen verstorben sind.
Weitere 24 Schleswiger Soldaten sind durch Krankheiten und Unglücksfälle ums Leben gekommen. 8)
Die Zahl 627 repräsentiert somit alle deutschen und dänischen Soldaten, die der Friedrichsberger Kirche als gefallen und verstorben gemeldet wurden.
Dänische Nachmeldungen gab es bis ins Jahr 1858.  
Niese dokumentierte sehr ausführlich die Verluste der schleswig-holsteinischen Armee.
Der Verfasser fasst sie statistisch so zusammen:
Zwischen 1848 und 1851 kamen 2347 schleswig-holsteinische Soldaten, die für Schleswig-Holstein kämpften, ums Leben.
Davon fielen 32% direkt im Gefecht, 26% verstarben später an ihren dort erlittenen Verwundungen und 42 % fielen inneren Krankheiten und Unglücksfällen zum Opfer.
Die Verletzungen der direkt im Gefecht Gefallenen sind nicht überliefert.
Hingegen erlitten 99 % der tödlich Verwundeten Schussverletzungen.
Nur fünf starben an Kolbenstößen und vier an Bajonettstichen.
Das lässt darauf schließen, dass vornehmlich auf Distanz gekämpft wurde und der Nahkampf die ganz große Ausnahme bildete.
Von den "an inneren Krankheiten und Unglücksfällen" Verstorbenen kamen 26 % durch Typhus, 24 % durch Cholera, 10 % durch Explosion des Munitions-Labors in Rendsburg ums Leben.
Als weitere Todesursachen zu nennen sind 7 % Nervenfieber (Typhus abdominalis), 6 % Lungenschwindsucht sowie 5 % Lungenentzündung.  

6. Die Kriege 1870/71, 1914-1918 und 1939-1945
Im deutsch-französischen Krieg 1870-1871 kämpften zwar auch Schleswiger Einwohner wie z. B. der Lederfabrikant Christian Firjahn, doch fanden sich im Friedrichsberger Kirchenbuch keine Gefallenen aus diesem Krieg.
Auf dem früheren Germania-Denkmal von 1874 erinnerte aber eine namentliche Inschrift an 12 gefallene Schleswiger. 9)
Die gefallenen Soldaten der Friedrichsberger Gemeinde der beiden Weltkriege 1914-1918 (117) und 1939-1945 (107) sind alle namentlich im Kirchenbuch dokumentiert.    

7. Sterbefälle, Krankheiten
Auffällige Sterbefälle in Friedrichsberg wurden in folgenden Jahren gefunden und in der folgenden Grafik erfasst:  

 

Als Ergebnis gilt es festzuhalten:
- 1681 waren mehr Kinder gestorben als geboren wurden
- 1688-1690 starben mehr Kinder als Erwachsene, Ursache unbekannt
- 1708-1714 Große Pest im Ostseeraum, aber nicht in Schleswig
- 1711 mehr Kinder gestorben als geboren
- 1712 Contagion, Grippe?
- 1731 viele Tote, Ursache unbekannt
- 1762/1763 viele Tote wg. strengem Winter
- 1771, 1778, 1783 und 1792 Blattern bei Kindern
- 1832-1834 sind mehr Kinder als Erwachsene gestorben, Ursache: 2. Cholera Pandemie 10)
- 1918-1920 Spanische Grippe
- 1945 viele Tote unter den Flüchtlingen  

8. Frauensterblichkeit versus Männersterblichkeit
Untersucht wurde die Altersgruppe 15 bis 45 (fruchtbare Jahre der Frau).
Von 1760 bis 1899 ist das Verhältnis gest. Frauen / gest. Männern gleich.
Von 1900 bis 1960 ist Männersterblichkeit signifikant erhöht.
Eine erhöhte Frauensterblichkeit hat also nicht stattgefunden.
Die erhöhte Männersterblichkeit muss man wohl im Zusammenhang mit den beiden Weltkriegen sehen, denn die überlebenden Soldaten waren gesundheitlich bestimmt sehr angeschlagen. 11)  

9. Kindersterblichkeit
Besonders drastisch waren die Jahre 1688-1690, wo mehr Kinder als Erwachsene verstarben (einschließlich Totgeburten). Die Ursache konnte bisher nicht aufgedeckt werden.
Auch im Jahr 1832 verstarben mehr Kinder als Erwachsene. Hierfür war wohl die 2. Cholera-Epidemie von 1826-1840 verantwortlich.  

10. Grippe, Contagion
Um 1708-1714 grassierte die "Große Pest" im Ostseeraum, der ca. 1 Million Menschen zum Opfer fielen.
Den Kirchenbüchern zufolge starben im Jahre 1711 mehr Kinder als geboren wurden. 
1712 wurden in Schleswig die Häuser, in der sich Erkrankte befanden, wegen der veranlassten Quarantäne vernagelt.
Ursache war eine Krankheit - Contagion genannt.
Ihre Symptome waren hohes Fieber.
Dennoch gab es laut der Eintragungen in den Friedrichsberger Kirchenbüchern keine vermehrten Todesfälle im Jahre.
Der Verfasser vermutet eine Grippe-Welle. 12)  

11. Blattern (Pocken)
Tödliche Pockenfälle wurden in den Kirchenbüchern der Jahre 1771, 1778, 1783 und 1792 dokumentiert, doch schlugen sie sich nicht signifikant in der Todes-Statistik nieder.
Der Hauslehrer Peter Plett aus Klein Rheide bei Schleswig führte als Erster weltweit 1791 die Kuhpockenimpfung durch. 13)
In Schleswig impfte seit 1810 Arzt Dr. Suadicani gegen Pocken. 14)
1824 waren keine Pocken zu verzeichnen. Das Blattern-Hospital befand sich zu dieser Zeit auf dem Hesterberg. 15)
Erst 1870/1871 traten wieder vermehrt Pockenfälle auf. 16)  

12. Spanische Grippe
Untersucht wurde der Zeitraum 1900 bis 1948.
Von 1910 bis 1925 nahm die Sterblichkeit ab, vermutlich eine Folge der besseren Trinkwasserversorgung.
Dieser Abfall wurde unterbrochen durch das Jahr 1917, wo die Sterblichkeit anstieg.
Dies ist fast identisch mit den von Matthias Schartl ermittelten Zahlen, der einen Anstieg aller Sterbefälle in Schleswig von 1913 bis 1917 verzeichnet, dem ein Abfall bis 1919 folgte. 17)
Nach seiner Untersuchung ist der Anstieg von 1917 auf eine Pockenepidemie zurückzuführen.
Dagegen hatte die Spanische Grippe von 1918-1920 nur geringe Auswirkungen auf die Gesamtsterblichkeit.
Nur bei genauerer Aufschlüsselung der Daten werde diese sichtbar.
Sie befiel insbesondere Menschen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren.
Vergleicht man diese mit den anderen Altersgruppen, so ergibt sich folgendes Ergebnis:
In den Jahren 1900-1917 und 1921-1948 stellte die Altersgruppe 20 bis 40 Jahre nur 9 % der Verstorbenen.
In den Jahren 1918 bis 1920 stieg dieser Anteil auf 25 %, davon 60 % Männer und 40 % Frauen.
Fazit:
Todesfälle infolge der Spanischen Grippe sind zwar statistisch messbar, aber sie war zu schwach, um eine sichtbare Auswirkung auf die Gesamtsterblichkeit zu verursachen.
Dazu passt das Zitat von Schartl: "Zur Ausbreitung der Pandemie beigetragen hat wohl auch die Tatsache, dass die Bevölkerung die Grippe und ihre Symptome oft nicht ernst nahm." 18)  

 

13. Jahre mit geringer Sterblichkeit
Auch die Jahre mit wenigen Toten sollen erwähnt sein, nämlich 1721 und 1749.
1783-1784 herrschte ein strenger Winter, vermutlich aufgrund eines Vulkanausbruchs auf Island, der aber im Friedrichsberg wie auch die Russische Grippe 1889/90 keine Folgen hatte.
Von 1914 bis 1934 geht die Kindersterblichkeit deutlich zurück.
Ein wesentlicher Faktor für die Gesundheit der Bevölkerung ist die zentrale Versorgung mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser.
Dies wurde in Schleswig im Jahre 1910 erreicht.
Sehr wichtig in diesem Zusammenhang war auch die Aufklärung der Mütter über die Wichtigkeit, die Säuglinge mit Muttermilch zu ernähren. 19)
Auch 1925 gab es wenig Tote und die Asiatische Grippe 1957/58 fand in den Friedrichsberger Aufzeichnungen ebenso keinen Niederschlag in der Todes-Statistik.  

14. Hunger

 

Ein bisher allgemein wenig bekannter Indikator für Hunger in der Bevölkerung ist das Verhältnis von geborenen Jungen zu geborenen Mädchen, was Shige Song herausfand. 20)
Normalerweise kommen auf 100 geborene Mädchen 106 geborene Jungen.
Daraus resultiert ein Quotient von 1,06.
In Hungerzeiten, so wurde festgestellt, werden aber mehr Mädchen als Jungen geboren.
Wenn dann wie z. B. zwischen 1703 und 1707 nach den Eintragungen in den Friedrichsberger Kirchenbüchern auf 100 geborene Mädchen nur 86 Jungen kommen, dann beträgt der Quotient 0,86.
Ursache für den in Schleswig grassierenden Hunger waren Einquartierungen von Soldaten.

Weitere, sich in der Statistik deutliche zeigende Hungerphasen und deren Folgen mit dem erwähnten Überschuss an geborenen Mädchen für die Stadt Schleswig sind:  
1673-1676 Belagerung von Schloss Gottorf, hohe Contributionen

1772-1776 ausgelöst durch lange Winter und verregnete Sommer in den Jahren 1770-1772. Die Missernten und daraus resultierenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten führten wohl auch zur Entmachtung und Hinrichtung des faktischen Reform-Regenten von Dänemark Johann Friedrich Struensee im Jahre 1772. 21)  

1813-1814 Der Kosakenwinter brachte der Bevölkerung durch Einquartierung russischer Soldaten große Entbehrungen.

1846 Die Kartoffelfäule grassierte nicht nur in Irland, sondern auch hier.  

1865-1866: Besonders in Schweden und Finnland herrschte wegen schlechter Ernten eine große Hungersnot, die aber in Schleswig keine Spuren hinterließ.  

1881 Der sog. Gründerkrach war wohl verantwortlich für wirtschaftliche Schwierigkeiten. Ein Vergleich des Friedrichsbergs mit den Zahlen der Stadt Schleswig 1875-1889 zeigte aber, dass nur im Friedrichsberg ein Mädchenüberschuss bei den Geburten zu verzeichnen war.  

Der Steckrübenwinter 1916/1917 und der Hungerwinter 1946/1947 hatten in Schleswig überraschenderweise auf das Verhältnis Mädchen- zu Jungen-Geburten keine Auswirkungen. Die Folgen dieser Hungerperioden waren eher in den agrarfernen Städten zu spüren.  

Das "Amerikanische Kinderheim", angesiedelt im Schleswiger Plessenhof, diente von 1921 bis 1928 der Aufpäppelung von unterernährten Kindern aus Schleswig-Holstein. 22)  

1964 wurden im Friedrichsberg deutlich mehr Mädchen als Jungen geboren (Quotient 0,6), dessen Ursache aber nicht geklärt werden konnte. Hunger kam mit Sicherheit nicht mehr in Frage. Vermutlich war dies nur ein statistischer Ausreißer, denn in den Schleswiger Nachrichten des Jahres 1964 (Geburten, Heiraten, Todesfälle, veröffentlicht an jedem Dienstag) wurden 245 männliche und 221 weibliche Geburten aufgeführt.

Die beiden Beispiele vom Mädchenüberschuss bei den Geburten 1875-1889 und 1964 zeigen, dass die nur für den Stadtteil Friedrichsberg geltenden Zahlen nicht ohne zusätzliche Prüfung, etwa durch weitergehendes Datenmaterial aus anderen Untersuchungen verallgemeinert werden können.  

15. Copulationen (Hochzeiten)
Hermann Kellenbenz nannte in seiner die Jahre 1544 bis 1711 umfassenden Stadtgeschichte die Zeit von 1660-1674 als "die besten Jahre des Herzogtums". 23)
Um das Jahr 1674 herum bildete sich ein Maximum an Copulationen und auch Geburten.
Das folgende Auf und Ab der Copulationen ist statistisch nicht auffällig.
Gegen Ende der Schleswig-Holsteinischen Erhebung kam es 1850-1854 zu einem weiteren Maximum an Copulationen, dem ein Minimum bis 1860 folgte.
Während der beiden Weltkriege fanden wenige Hochzeiten statt, die aber hinterher in großer Zahl nachgeholt wurden.



16. Geburten, Taufen
Das Geburten-Maximum um 1674 hing mit den vielen Copulationen zusammen.
Erklärungsbedürftig ist, wieso es im 1. Weltkrieg zu einer starken Abnahme der Geburten kam, die aber im 2. Weltkrieg fehlte.

 

17. Konfirmanden
Konfirmanden wurden seit 1767 namentlich dokumentiert.
Das Verhältnis Jungen-Mädchen war ausgeglichen.
Für das Minimum im Jahre 1933 war wohl die Attraktivität des Nationalsozialismus verantwortlich.
Das Maximum im Jahre 1955 bietet Raum für Diskussionen. 24)  



18. Konfitenten
Konfitenten sind gläubige evangelische Christen, die vor ihrem Abendmahl eine Beichte ablegen, die aber im Gegensatz zum Katholizismus nicht individuell ist.
Es gingen mehr Frauen als Männer zur Beichte bzw. Abendmahl.
Die Kirchenbücher dokumentieren die Konfitenten von 1839 bis 1964.
Auffallend sind zwei Minima 1851 und 1941 und ein Maximum 1953.
Wie das zu interpretieren ist, möge das Werk zukünftiger Autoren sein.
Ein Beichtgeld wie in Bergstedt 1852-1862 wurde in Schleswig nicht erhoben. 25)  



19. Kirchenaustritte
Als Abschluss werden aus den ausgewerteten Friedrichsberger Kirchenbüchern die Kirchenaustritte seit 1879 dokumentiert.
Ihren vorläufigen Höhepunkt fanden sie während der NS-Zeit.
Wie sich die Zahlen weiterentwickelt haben, bleibt späteren Untersuchungen vorbehalten, denn hier konnten nur die Jahre bis 1960 erfasst werden, der Zeitraum bis in die unmittelbare Gegenwart hinein ist somit unberücksichtigt.



20. Abbildungen
Alle Abbildungen stammen vom Verfasser  

21. Anmerkungen

1) Eine vergleichbare Arbeit veröffentlichte Hans-Jürgen Dahl, Die evangelische Kirche in Schleswig und ihre Pastoren im 20. Jahrhundert", In: Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte , Teil 1: Band 45 (2001), S. 45 ff., Teil 2: Band 47 (2002), S. 105 ff.

2) Grafiken zu den Themen: Alle Toten, Beerdigungen ohne Zeremonie, Confitenten, Copulationen, Geburten, Kindersterblichkeit, Kirchen-Austritte, Konfirmanden, Kopenhagen-Abmeldungen, Militär-Abmeldungen, Wanderschafts-Abmeldungen.

3) An dem Gefecht von Bornhöved gegen die schwedische Kavallerie vom 7.12.1813 waren keine Schleswiger Soldaten beteiligt, Arthur Stille, Striden vid Bornhöft i Holstein, Malmö 1913.

4) Jahrbuch der Heimatgemeinschaft Eckernförde 39, 1981 Seite 53 ff. Auf dänischer Seite gab es 548 und auf alliierter Seite 3.500 tote und verwundete Soldaten.

5) https://www.diemuehle.de/zweites-leben-die-knochenmuehle-1824-1868/.; https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/wissen/archaeologie/id_100117000/schlacht-von-waterloo-forscher-knacken-raetsel-um-knochen-der-gefallenen--10621019.html.

6) Joachim Skierka, Schleswig in der Statthalterzeit 1711-1836, Husum 1991, S. 276 f.

7) Falk Ritter, Einblicke in die Geschichte des Schleswigschen Infanterie-Regiments 1785-184, in: Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte 2022, S. 77 ff.; Johannes Thomsen, Schleswigs Entwicklung als Garnisonstadt. Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte 1956, S. 41.

8) Namentliches Verzeichnis der Todten und Invaliden der Schleswig-Holsteinischen Armee aus den Jahren 1848, 1849 und 1850/51 nebst mehreren numerischen Uebersichten. Ausgearbeitet von Heinrich Christoph Niese, Dr. med & chir., Generalarzt der früheren Schleswig-Holsteinischen Armee, Kiel 1852.

9) Ritter, Falk: Die Schleswiger Familie und Lederfabrik Gebr. Wiengreen & Firjahn 1681 - 2004. Schleswig 2007. Manuskripte im Kreis- und Stadtarchiv Schleswig sowie im Landesarchiv Schleswig-Holstein. Siehe auch: https://rudiritter.de/Firjahn-Ordner/firjahn.html;
Zum Denkmal: Thomas Köhler, Die verschwundenen Denkmäler des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71, in: Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte 2020, S.53. Thomas Köhler, Die verschwundenen Denkmäler des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71, in: Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte 2020, S.53.

10) https://de.wikipedia.org/wiki/Cholera#Cholera-Pandemien  

11) Erst ab 1760 wurde das Alter der Toten angegeben.

12) Falk Ritter, Leben, Leiden und Sterben in Schleswig-Friedrichsberg von 1667 bis 1803. Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte 2016, S. 17 ff.

13) SN, 23.12.1966.

14) Joachim Skierka, Carl Ferdinand Suadicani, in: Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte 1996, S. 25.

15) Königlich Privilegiertes Intelligenz- Blatt, 15.6.1824.

16) SN 29.12.1870.

17) Matthias Schartl, "Nerven behalten! Das hilft auch besser über die Tage des Unwohlseins hinweg!" Schleswig und die Grippepandemie 1918/19, in: Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte 2021, S.58, macht für das Maximum im Jahre 1917 die Pocken verantwortlich.  

18) Schartl S. 57.  

19) Ritter, Leben, ebd.

20) Shige Song: Does famine influence sex ratio at birth? Evidence from the 1959-1961 Great Leap Forward Famine in China. Proceedings Of The Royal Society B. Published 28 March 2012.DOI: 10.1098/rspb.2012.0320 http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/279/1739/2883.

21) Collet: Dominik: Die doppelte Katastrophe: Klima und Kultur in der europäischen Hungerkrise 1770-1772. Göttingen 2019, S. 113-114.

22) Falk Ritter, Amerikanisches Kinderheim .... Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte 2013, S. 23 ff.

23) Hermann Kellenbenz, Schleswig in der Gottorfer Zeit 1544-1711, Schleswig 1985, S. 33.

24) Für den Friedrichsberg sind die Jahre von 1827-1838 nicht dokumentiert. An einem fehlenden Kirchenbuch kann es nicht gelegen haben, denn es gibt hier nahtlose Übergänge im Kirchenbuch. Callisen war zu dieser Zeit Pastor im Friedrichsberg. Das Maximum im Jahre 1840 ist wegen der fehlenden zehn Vorjahre nicht interpretierbar.

25) LASH, Abt. 80, Nr. 452.